ermiSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos seit Mittwoch 24. Juli 2024,  Teil 9

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) – Ich habe nie in meinem beruflichen Leben eine derart intensive und gemeinschaftlichere Auseinandersetzung mit Inhalt, allen Beteiligten und dem Sinn meines Berufes im Allgemeinen erlebt wie in dieser Arbeit an DIE ERMITTLUNG von Peter Weiss….
Und wenn in dieser Zeit Verneigung vor den Opfern der Nazityrannei und klare Haltung gegen das erneute Aufkommen faschistischer Denke und derer Strukturen dazu beitragen kann, Menschen zur Besinnung zu bringen……?!
Mehr kann politischer Film nicht erreichen. Nachtrag: ich gebe die Hoffnung einfach nicht auf.
Rainer Bock


Dieser Film ist eine Zumutung.
Warum soll ich mir sowas ansehen? Warum soll ich mir sowas anhören?
Die Antwort ist der Film selbst.
Weil es geschehen ist. Weil es der Fall war.
Weil es „unsere Leute“ waren – auf beiden Seiten der Öfen.
Dieser Film hat für das „Unsagbare“ und „Unzeigbare“ eine brutal simple Form
gefunden. Bernhard Schütz hat es damals in einer Drehpause auf den Punkt
gebracht: Was für eine Beschwörung der Toten!
Der fertige Film hat diese Beschwörung über den Moment hinaus verewigt.
Das einzig Mögliche, das uns noch geblieben ist – es ahnbar zu machen.
Mehr als eine Ahnung dessen, was wirklich geschehen ist, ist ohnehin nicht
machbar.
Diese Ahnung muss sich ins Bewusstsein aller brennen.
Dieser Film ist dafür da.
Soll niemand sagen, er habe nichts davon gewusst.
Karl Markovics


Als Nachfahre von Überlebenden der Shoa väterlicherseits und eines
Widerstandkämpfers, der im Konzentrationslager inhaftiert war mütterlicherseits,
hatten die Proben und Dreharbeiten für mich etwas von einer riesigen
Familienaufstellung. Hier saßen und standen wir als Vertreter der Opfer, dort die
große Gruppe an Vertretern der Täter. Vorne die Vertreter der Anklage, der
Verteidigung und einer fiktiven Gerechtigkeit, der Menschheit, eines kollektiven
Gewissens oder der eines vorgestellten Gottes in Form des Richters.
Ich konnte am eigenen Leib spüren, wie es gewesen sein muss, vielleicht zum
allerersten Mal wieder in das Land der Täter zu kommen, ohne jegliche finanzielle
oder organisatorische Unterstützung, um dann als einzelner einer Horde von
Henkern gegenüberzustehen, die grinsend, geifernd, gelangweilt oder scheinbar
gleichgültig auf die eigenen Aussagen reagieren. Nicht spielen, sondern Anwalt sein
für einen Teil der eigenen Familiengeschichte. Das war eine einzigartige Erfahrung
für mich.
Axel Sichrovsky


DIE ERMITTLUNG ist weitaus mehr als ein abgefilmtes Theaterstück.
Ganz bewusst hat sich der Regisseur für diese künstlich-strenge
Inszenierung entschieden. Nichts lenkt ab von der Ungeheuerlichkeit des
Grauens, manche Sätze erschüttern gerade durch ihre Schlichtheit.
                                                                                                                                                                       Foto:
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©Verleih

Info:

Mit
Rainer Bock, Clemens Schick, Bernhard Schütz, Arno Frisch, Thomas Dehler,
Sabine Timoteo, Christiane Paul, Nicolette Krebitz, Barbara Philipp,
Tom Wlaschiha, Karl Markovics, Wilfried Hochholdinger u.v.m.

Regie. RP Kahl
nach dem Theaterstück „Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen“ von Peter Weiss                                                                                                                                                                                               
Abdruck aus dem Presseheft