Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos seit Mittwoch 24. Juli 2024, Teil 10
Redaktion
Berlin (Weltexpresso) – Die Zeugenfiguren 1, 2, 12, 13, 19, 20, 25, 29, 36, 37, 39 sind Zeugen der Lagerverwaltung, die restlichen sind Häftlings-Zeugen In allen 11 Gesängen treten auf:
Richter: Rainer Bock
Ankläger: Clemens Schick
Verteidiger: Bernhard Schütz
Angeklagte: Wilfried Hochholdinger, Thomas Dehler, Michael Rotschopf, Niels Bruno Schmidt, Christian Hockenbrink, Christian Pfeil, Tristan Seith, Torsten Ranft, Ronald Kukulies, Michael Schenk, Frank Röth, Nico Ehrenteit, Adam Venhaus, Till Wonka, Arndt Schwering-Sohnrey, Timo Jacobs, Lasse Myr, Matthias Salamon
Gesang 1 „Gesang von der Rampe“
Zeuginnen und Zeugen 1 bis 8 (Christian Kaiser, Dirk Ossig, Arno Frisch, Elisabeth Duda, Nicolette Krebitz, Attila Georg Borlan, Robert Mika, Marcel Hensema)
Der Richter befragt als Zeugen einen Vorstand des Bahnhofs, in dem die Transporte
einliefen sowie einen Verantwortlichen für die Güterabfertigung, zudem Zeuginnen
und Zeugen, die mit den Zügen ankamen sowie mehrere Angeklagte über das
Prozedere der Aussonderung, die Aufteilung der persönlichen Gegenstände und
Wertsachen von Häftlingen. Der Verteidiger stellt erstmals die Glaubwürdigkeit von
Zeugen infrage.
Gesang 2 „Gesang vom Lager“
Zeuginnen und Zeugen 3, 4, 6, 7, 9 bis 13 (Arno Frisch, Elisabeth Duda, Attila Georg Borlan, Robert Mika, Christiane Paul, Barbara Philipp, Klaudiusz Kaufmann, Marc Fischer, Andreas Anke)
Zeuginnen und Zeugen berichten ausführlich von Familientrennungen, Schlägen,
den Geschehnissen in Waschbaracken, von ihrer Ernährung und dem Umgang mit
Krankheiten, von Tätowierungen sowie von Zuständen in den Belegräumen. Sie
erzählen von Leichen, die in Gräben kamen. Kaduk als einer der Hauptangeklagten
des Prozesses, wird durch einen Zeugen identifiziert. Kaduks Repressalien kommen
ans Licht, er leugnet und betont besonders seine Tätigkeit als Pfleger im
Nachkriegsdeutschland.
Gesang 3 „Gesang von der Schaukel“
Zeugin und Zeugen 14 bis 16 (Dorka Gryllus, Marek Harloff, André Szymanski)
Befragt wird eine Zeugin, die unter dem Angeklagten Boger in der Politischen
Abteilung als Stenotypistin und Dolmetscherin gearbeitet hat. Es geht ausführlich um
Sterbebücher, fiktive Todesursachen für Häftlinge und eine spezielle Foltermaschine,
die von Boger „Sprechmaschine“ genannt wurde. Ein Zeuge berichtet im Detail von
der Funktionsweise dieser „Schaukel“. Boger spricht von „verschärften
Vernehmungen ...im Interesse der Sicherheit des Lagers“.
Gesang 4 „Gesang von der Möglichkeit des Überlebens“
Zeugin und Zeugen 3, 6, 7, 17 (Arno Frisch, Attila Georg Borlan, Robert Mika, Sabine Timoteo)
Ein inhaftierter Mediziner, der nur knapp der Vergasung entgangen war, berichtet
über SS-Ärzte im Lager und die persönlichen Gewaltanwendungen von Boger und
Kaduk, ein anderer Zeuge spricht von öffentlichen Hinrichtungen und in diesem
Zusammenhang vom Angeklagten Mulka, Adjutant des Lagerkommandanten. Zentral
ist die Aussage einer Zeugin über „medizinische“ Experimente im Frauenblock.
Zeugin 17 sagt, sie wurde nur durch „die Räumung des Lagers“ vor einer
„Erkrankung mit tödlichem Ausgang“ bewahrt.
Gesang 5 „Gesang vom Ende der Lili Tofler“
Zeugin und Zeugen 15, 18 bis 21 (Marek Harloff, Eva Maria Jost, Peter Lohmeyer, Thomas Meinhardt, Marco Hofschneider)
Es geht konkret um das Schicksal einer jungen Frau, deren persönlicher Brief an
einen Häftling gefunden wurde. Lili Tofler verschwieg konsequent, den Namen des
Adressaten zu nennen, kam zunächst in Bunkerarrest und wurde danach
erschossen. Der Angeklagte Boger, dem auch dieser Mord zugerechnet wird,
bestätigt den Fall, leugnet jedoch eine Beteiligung. Befragt wird zudem jener junge
Mann, an den Lilis Brief gerichtet war. Zur Sprache kommt auch die Vernetzung des
Industrieunternehmens I.G. Farben mit dem Konzentrationslager Auschwitz sowie die
Stellung eines Zeugen aus der Lagerverwaltung in der bundesdeutschen
Nachkriegsgesellschaft.
Gesang 6 „Gesang vom Unterscharführer Stark“
Zeugen 22 und 23 (Matthias Zera, Rony Herman)
Es kommt zu einem heftig geführten Schlagabtausch zwischen dem Richter und
einem Angeklagten. Stark war als Blockführer im Aufnahmekommando der
Politischen Abteilung tätig und für „Verlegungen“ sowie „Überstellungen“ eingeteilt,
wird vor allem aber für Misshandlungen und Morde verantwortlich gemacht. Stark
leugnet eigenhändige Erschießungen nicht und sagt zur Anzahl: „4 bis 5 werden es
schon gewesen sein.“ Er war auch an Vergasungen beteiligt. In seiner Aussage
beruft er sich auf den Befehlsnotstand und gesellschaftlich gültige Kriterien in der
Erziehung: „Herr Vorsitzender, uns wurde das Denken abgenommen.“
Gesang 7 „Gesang von der schwarzen Wand“
Zeugen 24 bis 26 (Axel Moustache, André Hennicke, Karl Markovics)
Es geht um einen der berüchtigtsten Erschießungs-Orte innerhalb des
Konzentrationslagers, vor allem, wo sich die „Schwarze Wand“ befunden hat und von
wo aus sie zu sehen und wer an den Taten beteiligt war. Zeugen sagen aus, dass
neben dem Lagerkommandanten, seinem Adjutanten und dem Chef der Politischen
Abteilung auch die Angeklagten Broad, Stark, Boger, Kaduk und Schlage zugegen
waren. Ein Zeuge sah die Letztgenannten eigenhändig schießen – auf explizite
Nachfrage des Richters leugnen alle fünf.
Gesang 8 „Gesang vom Phenol“
Zeugen 27 bis 32 (Filipp Avdeev, Mark Zak, Ralph Schicha, Andreas Schröders, René Ifrah, Axel Sichrovsky)
Eine weitere Tötungsmethode kommt zur Sprache, beschuldigt ist Sanitätsrat Klehr,
Häftlingen Phenolinjektionen ins Herz verabreicht zu haben. Klehr bezeichnet es
eingangs als „Verleumdung“, er hätte die „Abspritzungen“ nur „mit größtem
Widerwillen“ und „in einigen Fällen zu überwachen“ gehabt. Im Verlauf der Befragung
gibt er „200 bis 300“ Tötungen zu – man hätte es ihm befohlen. Die ihm zur Last
gelegte Zahl von 16 000 weist er höhnisch zurück. Auch der angeklagte Dr. Capesius
leugnet jede Mitwisser oder -täterschaft in Bezug auf Phenolinjektionen.
Gesang 9 „Gesang vom Bunkerblock“
Zeugen 11, 24, 33, 34 (Klaudiusz Kaufmann, Axel Moustache, Peter Schneider, Jiři Mádl)
„Ihr Umfang war 90 mal 90 Zentimeter, die Höhe etwa 2 Meter“ – so beschreibt ein
Häftlings-Zeuge die Größe der sogenannten „Stehzelle“ in einem Arrestbunker des
Konzentrationslagers. „Es gab nur ein Luftloch oben in der Ecke, das war 4 mal 4
Zentimeter groß. Man musste durch eine etwa 50 Zentimeter hohe Luke am Boden
kriechen.“ Manchmal seien sie zu viert dort eingesperrt gewesen. Im September
1941, so ein Zeuge, sei es dann zu ersten Massentötungen im Bunkerblock
gekommen. Eingesetzter Wirkstoff: Zyklon B.
Gesang 10 „Gesang vom Zyklon B“
Zeugen 30, 35, 36 (Andreas Schröders, Andreas Lechner, Axel Pape)
Block Elf rückt in den Mittelpunkt und damit der Angeklagte Breitwieser, seines
Zeichens Desinfektor. Er weist zunächst darauf hin, er sei „zur
Ungezieferbekämpfung“ bei Kleidungsstücken abkommandiert worden. Der
Angeklagte Dr. Capesius bestreitet, in der Apotheke Aufsicht über Zyklon B und
Phenol gehabt zu haben. Lageradjutant Mulka gerät, nach seinem Wissen um
Massentötungen befragt, durch den Richter in Bedrängnis, bekennt jedoch: „Alle
meine Einlassungen entsprechen der Wahrheit.“
Gesang 11 „Gesang von den Feueröfen“
Zeugin und Zeugen 3, 9, 37 bis 39 (Arno Frisch, Christiane Paul, Andreas Pietschmann, Tom Wlaschiha, Robert Hunger-Bühler)
Ein Zeuge berichten im Detail von Einlieferungen in Auskleideräume und
Vergasungskammern, vom langsamen Gang der Frauen, Männer, Kinder in
Fünferreihen, von Ventilklappen, vom Dröhnen aus geöffneten Luken, gestapelten
Leichen, Lastfahrstühlen, Krematorien, Schornsteinen. Dann geht es noch einmal um
das Innenleben der Lagerverwaltung, um einen Untersuchungsrichter, der als Zeuge
wenigstens den Raub von Wertgegenständen der Häftlinge zur Anklage bringt, dem
Großen aber – der Mordanklage in vieltausenden Fällen – mit eigener Ohnmacht
begegnet: „Vor welchem Gerichtshof hätte ich Anklage erheben können … Ich
wusste, dass niemand mir geglaubt hätte. Ich wäre hingerichtet oder im besten Fall
als geistesgestört eingesperrt worden … So blieb ich.“
Foto:
©Verleih
Info:
Mit
Rainer Bock, Clemens Schick, Bernhard Schütz, Arno Frisch, Thomas Dehler,
Sabine Timoteo, Christiane Paul, Nicolette Krebitz, Barbara Philipp,
Tom Wlaschiha, Karl Markovics, Wilfried Hochholdinger u.v.m.
Regie. RP Kahl
nach dem Theaterstück „Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen“ von Peter Weiss
Abdruck aus dem Presseheft