EzraSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. September 2024, Teil 3

Redaktion

(Weltexpresso) - Als Max und Ezra, gefolgt von Jenna und Stan, sich auf den Weg machen, wechselt der Film fließend zwischen der chaotischen Freiheit eines Roadmovies und dem intimen Porträt dreier Generationen von Männern, die darum kämpfen, sich gegenseitig zu erreichen. Um diese verzwickten Linien einer verpassten Verständigung zu verdeutlichen, mussten die Filmemacher zunächst eine lebensnahe Familie erschaffen.
Zwei ausgezeichnete Schauspieler und eine Neuentdeckung sollten das Trio mit all seinen Gefühlen, Ängsten und der Zuneigung einer Vater-Sohn-Beziehung darstellen.

Die Hauptfigur dieses Trios ist Max. Er kämpft darum, das Richtige für seinen Sohn zu tun, der sich seinem ohnehin schwachen Gefühl elterlicher Kontrolle entzieht. Max ist gesprächig und lustig, aber auch sehr impulsiv. Er neigt zu überstürzten Entscheidungen, was überhaupt erst zu dem gemeinsamen Roadtrip führt. Max ist aber auch an einem Punkt angelangt, an dem er bereit ist, alles zu tun, um der Vater zu sein, der er immer sein wollte. Die Tatsache, dass er dies mit seiner Ex-Frau, seinem exzentrischen Vater und dem FBI auf den Fersen tun muss, macht die Sache nur noch dringlicher.

„Max ist voller falschgeleiteter Vorstellungen“, sinniert Spiridakis. „Er muss als Vater, Partner und allgemein in seinem Leben vieles verarbeiten, aber vor allem muss er aufhören, sich gegen alles zu wehren, was ihm passiert. Er kann nicht immer parieren. Es geht ihm zu Beginn des Films nicht gut. Er lebt wieder bei seinem Vater, bekommt 50 Dollar pro Stand-up-Auftritt im Comedy Cellar, und alles hängt irgendwie am seidenen Faden. Erst auf dieser Reise mit Ezra beginnt er sich damit auseinanderzusetzen, wo und wer er ist. Manchmal muss man einen Schritt zurücktreten und die Dinge mit mehr Liebe und Freundlichkeit angehen, auch sich selbst gegenüber, was für Väter nicht einfach ist. Das ist ein großer Teil von Max‘ Geschichte.“

Bobby Cannavale spielt diese Rolle mit einer gekonnten Mischung aus Zärtlichkeit und Schmerz. Bekannt wurde der Schauspieler durch seine unvergessliche Darstellung in Tom McCarthys STATION AGENT (2003). Danach folgten viele beachtenswerte Rollen, darunter u.a. Martin Scorseses THE IRISHMAN (2019) und Craig Gillespies I, TONYA (2017). Mit zwei Tony Award-Nominierungen ist Cannavale gleichermaßen für seine Bühnenarbeit wie auch für seine Arbeit im Fernsehen bekannt, wo er zwei Emmys für die Serien WILL & GRACE und BOARDWALK EMPIRE erhielt.

Doch in EZRA – EINE FAMILIENGESCHICHTE liefert Cannavale eine seiner emotionalsten Darbietungen. „Ich habe das Gefühl, die Leute wissen immer noch nicht alles, was Bobby kann, und das fand ich super aufregend“, sagt Goldwyn. „Seine Arbeit war schon immer von einer unberechenbaren Qualität geprägt, wenn man ihn aber persönlich kennt, weiß man, dass er auch eine tiefe Sensibilität, ein großes Herz und einen klugen Verstand besitzt. All das lässt er in hohem Maße in seine Figur Max einfließen. Eine große Rolle spielt auch, dass er selbst ein hingebungsvoller Vater von drei Söhnen ist und es genießt, Vater zu sein, was für die Rolle des Max entscheidend war.“

Cannavale war außerdem schon lange fasziniert von der Kunst der Stand-up-Comedy und davon, wie Comedians es schaffen, ihr Publikum so in ihren Bann zu ziehen. Als Vorbereitung auf seine Rolle tauchte er voll und ganz in dieses Gebiet ein. „Bobby kannte sich im Bereich Comedy bereits gut aus. Er freute sich auf die Herausforderung, einen Stand-up-Auftritt zu 14

haben. Ihm war klar, dass es nicht einfach sein würde, aber er war mit vollem Einsatz dabei“, fügt Goldwyn hinzu.

Es war auch Cannavale, der den typischen Comedy-Stil für seine Figur Max entwickelte: eine düstere, bekennerhafte Erzählweise, die eine explosive Atmosphäre aufbaut und auf Messers Schneide zwischen Spannung und Peinlichkeit wandelt und dann eher in komische Erleichterung mündet als in eine Reihe schneller, feister Pointen. Er verstand, dass der Humor von Max direkt aus der selbstkritischen Betrachtung seines eigenen Lebens heraus entsteht. Es ist sowohl sein Zufluchtsort, wenn er nicht mehr weiterweiß, als auch sein Ventil, um herauszufinden, warum seine Ehe und sein Vater-Sein auf der Kippe stehen. Selbst als er die Chance bekommt, bei Jimmy Kimmel Live! aufzutreten, kann Max nicht verhindern, dass er aus der Routine heraus mit der Gefahr spielt.

„Ursprünglich dachten wir, wir würden einen Stand-up-Comedian Witze für Max schreiben lassen“, erinnert sich Spiridakis, „aber nachdem wir mit verschiedenen Comedians sprachen, sagte Bobby: ‚Das fühlt sich falsch an‘. Es passte nicht zu der Figur oder zu der Situation, in der er sich befindet. Bobby sprach davon, dass Max auf der Bühne seine eigene Art der Selbstanalyse betreibt, was zwar aufregend sein kann und für Lacher sorgt, aber auch leicht aus dem Ruder geraten kann. Also ließen wir die professionellen Witze beiseite und Bobby bat mich stattdessen, einige Monologe für ihn zu schreiben. Dann arbeiteten wir gemeinsam intensiv daran. Erst als Bobby anfing, diese Geschichten zu erzählen, wurden sie wirklich lebendig. Sie waren sowohl quälend schön als auch sehr lustig.“

Cannavale ließ sich von seinem befreundeten Stand-up-Comedian Bill Burr in Sachen komödiantischer Bühnenkunst beraten. „Nachdem er mit Bill gearbeitet hatte, wurden seine Monologe noch freier und authentischer“, erinnert sich Spiridakis.

„Die Leute im Comedy Cellar waren ihm gegenüber auch unglaublich großherzig“, fügt Goldwyn hinzu. „Das Wichtigste, was Bobby erkannte, ist, dass ein großartiger Stand-Up nicht jede Sekunde lustig sein muss. Sie müssen einfach nur sie selbst sein, und das hat er geschafft.“

Zur Frage, wie Cannavale es schaffte, diese Komödie über einen bebenden Zustand fast gebrochener Verletzlichkeit zu legen, bemerkt Spiridakis: „Ich denke, das bedeutet Vaterschaft. Man versucht, darüber zu lachen, während man sich zu Tode ängstigt. Und diese Mischung aus Humor und Angst zu erreichen, zeichnet Bobby aus. Es war auch großartig, wie Bobby und William sich verstanden, wie natürlich lustig und stark die Verbindung zwischen ihnen war.“

Die Besetzung von Ezra war von Anfang an entscheidend. Der gesamte Erfolg des Films hing davon ab, den einen jungen Schauspieler zu finden, der in der Lage war, die erforderlichen Gefühle auf seinen Schultern zu tragen. Es musste jemand sein, der genau verstand, was es bedeutet, Ezra zu sein – lieber nicht berührt zu werden, Augenkontakt zu vermeiden, ohne gesellschaftliche Filter zu sprechen und die Dinge, die er liebt, intensiv zu lieben. Es bestand kein Zweifel, dass nur eine neurodiverse Person die reine Wahrheit des Autismus wirklich erfassen kann. Aber die Filmemacher suchten ebenso nach jemandem mit Charisma, Konzentration und emotionaler Intelligenz, um der Rolle etwas Besonderes zu verleihen.

Bei einer landesweiten Suche wurden viele junge Talente gefunden, doch die Zeit lief ab und die Filmemacher waren noch immer nicht zufrieden. Sie hatten noch nicht den Darsteller gefunden, den sie suchten. Im allerletzten Moment sprach William A. Fitzgerald vor, ein völliger Neuling aus Maplewood, New Jersey. Noch bevor er ein Wort vorlas, lag Aufregung in der Luft. Den Filmemachern fiel auf, dass er auf den ersten Blick Spiridakis‘ Sohn ähnelte. Als William gemeinsam mit Cannavale vorlas, bestand für niemanden mehr Zweifel, dass sie Ezra gefunden hatten. Ihm dabei zuzusehen, wie er die Rolle mit seinem ganzen Wesen 

verkörperte, war eine Offenbarung. „William zu finden, war eine schicksalhafte Fügung“, bemerkt Kilik.

Goldwyn sah einen jungen Mann mit einer einnehmenden Mischung aus Entschlossenheit, Selbstvertrauen und ausgeprägtem Sinn für Humor, der an Ezra erinnerte. „Die Tatsache, dass William noch nie zuvor als Schauspieler gearbeitet hatte, beunruhigte uns nicht, denn er hatte so viel Charisma und vor allem verstand er wirklich, was wir taten. Er verstand Ezra. Er begriff unglaublich schnell, was es bedeutet, vor der Kamera zu stehen, und konnte sogar gut improvisieren. Die beste Art, ihn zu leiten, war, ihm aus dem Weg zu gehen und ihm zu erlauben, seinen eigenen Weg zu gehen“, merkt der Regisseur an.

Goldwyn konzentrierte sich darauf, Vertrauen aufzubauen und eine optimale Atmosphäre zu schaffen. „Zuerst verbrachte ich viel Zeit mit William, weil ich nicht sicher war, was er brauchen würde“, erklärt Goldwyn. „Was er wirklich wollte, war, mir seine Bücher zeigen, gemeinsam YouTube-Videos anzuschauen und spazieren zu gehen. So kam ich mit ihm ins Gespräch und baute eine Beziehung auf, anstatt viel über die Figuren zu reden oder zu proben. Wir probten ein paar Tage lang nur mit William und Bobby, um den Ton ihrer Beziehung festzulegen. William hat wundervolle Eltern und einer von ihnen war jeden Tag am Set – das war eine große Hilfe. Wir lernten, dass William cool war, solange er genau wusste, was ihn erwartete. In den schwierigsten Szenen, etwa als Max im Wald gegenüber Ezra die Fassung verliert und beide erschrecken, war Fitzgerald tapfer und hochkonzentriert. „William ist ein sehr sensibler Junge, daher waren die düsteren Szenen zwischen Ezra und Max eine Herausforderung für ihn. Aber wir machten es uns zur Aufgabe, dass er sich immer unterstützt und sicher fühlt. Und ich glaube, das hat er, denn er hat sich darauf eingelassen“, sagt Goldwyn.

Fitzgerald hatte auch einen guten Draht zu Cannavale und De Niro. „Bobby und Robert kannten sich bereits, aber als sie mit William zusammen waren, fühlte es sich an, als wären sie schon immer eine Familie gewesen. Die Bindung war sofort da“, sagt Goldwyn.

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Robert De Niro in der Rolle von Ezras Großvater Stan zu besetzen war eine Art Wunschtraum während des Drehbuchschreibens. Als De Niro dann zusagte, änderte sich nicht nur die Rolle, sondern die ganze Geschichte. Denn er inspirierte Spiridakis dazu, immer wieder offenzulegen, was hinter Stans abgeschotteter Psyche liegt, und auch die menschlichsten Schwächen und Sehnsüchte der Figur herauszuarbeiten.

„Zusammen mit Robert schuf Tony eine viel tiefere Beziehung zwischen den drei Männern, denn egal, wie sehr sie sich lieben, über Gefühle sprechen fällt ihnen schwer“, bemerkt Goldwyn. „Robert drängte uns immer weiter an den dunkleren Rand. Und dann baute er seine Figur Stan so vollständig auf, dass man ihn trotz weniger Kommunikation spürt. Man spürt einfach die klaffende Lücke, die zwischen ihm und Max geheilt werden muss.“

Stan hatte schon immer Kommunikationsprobleme, eine Eigenschaft, die bei Max Spuren hinterlassen hat, der nie wirklich in der Lage war, Teile seiner Kindheit zu verarbeiten. Als Großvater ist Stan nachsichtig und liebevoll mit Ezra, möchte aber auch den Eindruck vermeiden, dass Ezra anders ist.

„Stan hat eine Menge Fehler gemacht und befürchtet nun, dass sein Sohn diese Fehler wiederholen wird“, erklärt Spiridakis. „Er hat auch ziemlich veraltete Vorstellungen über Autismus und denkt: ‚Warum sollte man jemals jemandem sagen wollen, dass das eigene Kind autistisch ist?‘ Das ist eine Mischung aus Scham und Unwissenheit. Er ist auch ein Mann, der nie über irgendetwas gesprochen hat, schon gar nicht über Autismus. Robert gab sich wirklich große Mühe, Stan mit einer Transparenz darzustellen, die seine Reue als Vater erkennen lässt. Er machte Stan zu einem Mann, der versucht, ein besserer Mensch zu werden und den bewegenden Drang nach Wiedergutmachung verspürt.“

Der Anker der Familie ist Max Ex-Frau Jenna, die mitten in ihrer Scheidung Ezras Bedürfnisse, Max unberechenbares Verhalten und ihre eigene neue Beziehung mit einem Mann, den Max natürlich verachtet, unter einen Hut bringen muss. Diese Rolle übernimmt Rose Byrne, die für ihr gefeiertes Spiel in der Erfolgsserie DAMAGES: IM NETZ DER MACHT zweifach Emmy- nominiert wurde.

Byrne ist auch im echten Leben Cannavales Lebensgefährtin (die beiden standen zuvor schon gemeinsam auf der Bühne und hatten großen Erfolg in einer zeitgenössischen Produktion von Medea), was bedeutete, dass die Verbindung zwischen ihnen auf eine Art innig war, wie sie nur aus langjährigem Vertrauen und Zuneigung entstehen kann.

„Roses Darstellung war vielleicht die schwierigste im Film“, meint Goldwyn. „Sie hätte Jenna ganz einfach zu einem zweidimensionalen Gegenstück zu Max machen können, aber stattdessen schuf sie eine Frau, die kontrastreich und echt ist. Sie hat so viel Herz und Sensibilität, dass man großes Mitgefühl für das empfindet, was Jenna als jemand durchmacht, der Ezra so liebt und immer noch das Beste für Max will, auch wenn er sie in den Wahnsinn treibt.“


Foto:
©Verleih

Info:
BESETZUNG                                            

Max.          BOBBY CANNAVALE     
Ezra.          WILLIAM A. FITZGERAL  
Jenna         ROSE BYRNE
Jayne.        WHOOPI GOLDBERG              
Nick            RAINN WILSON
Bruce.         TONY GOLDWYN
Grace.          ERA FARMIGA 

 Stan            ROBERT DE NIRO                                                                                              
sowie.          JIMMY KIMMEL

 STAB

Regie.       TONY GOLDWYN  
Drehbuch. TONY SPIRIDAKIS   

 Abdruck aus dem Presseheft

 Film: EZRA. Eine Familiengeschichte