Bildschirmfoto 2024 09 22 um 07.42.42Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 19. September 2024, Teil 9

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) - Wie ist die Welt von DAS GEHEIMNIS DER PERLIMPS entstanden?


Alê Abreu: Ich sammle Notizen, Dialoge, Figurendesigns und Entwürfe für die Schauplätze − alle möglichen Elemente, die mir in den Sinn kommen, wenn ich über ein mögliches neues Projekt nachdenke. Es sind immer Dinge, die mich emotional berührt haben. Diese Vorbereitungen können zwei oder drei Jahre dauern; meistens bin ich in dieser Zeit noch mit einem andren Projekt beschäftigt. Auf diese Weise erwacht nach und nach ein neues Universum zum Leben, auch wenn mir an diesem Punkt noch gar nicht klar ist, was die Geschichte des Films ist. Als ich mit der Arbeit an DAS GEHEIMNIS DER PERLIMPS begann, habe ich alle meine Notizen auf dem Fußboden ausgebreitet und stundenlang draufgeschaut. Ich habe die Elemente immer wieder neu angeordnet, und irgendwann ergaben sich daraus die Grundzüge der Geschichte, und die Bilder zeigten mir den Weg für PERLIMPS auf.

Woher stammt der Name PERLIMPS?

Alê Abreu: Ursprünglich sollte der Film „Voyagers of the Enchanted Forest“ („Die Reisenden des Zauberwaldes“) heißen, aber im Laufe der Produktion merkten wir, dass der Film einen anderen Titel brauchte. Das Wort „Perlimps“ für die magischen Wesen, die unsere beiden Hauptfiguren suchen, brachte der Produzent Luiz Bolognesi auf, inspiriert von „pirilampos“, dem portugiesischen Wort für Glühwürmchen. Es klang gut, war kurz und innovativ, und ich fand, dass es auch der Titel für den ganzen Film sein sollte.

Gehen das Aussehen und die Stimmung des Waldes in DAS GEHEIMNIS DER PERLIMPS auch auf Ihre eigenen Erinnerungen zurück?

Alê Abreu: Ich bin in São Paulo geboren, aber habe einen Teil meiner Kindheit in einem Vorort gelebt – damals war es dort noch sehr ländlich mit Bauernhöfen, Bächen und Wegen. Der Wald in PERLIMPS ist aber auch ein symbolischer Ort, der für die Kindheit steht. Ein Ort, den wir verlassen, wenn wir nach und nach ins Erwachsenenalter übergeben und die Unschuld der Kindheit verlieren.

Wie kamen Sie auf die ganz besondere Verwendung von Farben und Licht, die sich auch deutlich von Ihren früheren Filmen unterscheidet?

Alê Abreu: Für mich ist die Farbpalette eines Films ein ganz fundamentales Element. Die „Perlimps“ zeigen sich im Wald als Lichtstrahlen. Ich wollte diese Idee ins Bild setzen, indem ich den Film in ein buntes Farbspektrum tauchte und den gesamten Farbkreis in derselben Szene verwendete. Diese Idee versetzt mich in die Welt der Kindheit zurück, die voller Licht und voller Freiheit war.

Sie haben bei DAS GEHEIMNIS DES PERLIMPS zum ersten Mal mit anderen Animatoren zusammengearbeitet – wie funktionierte es, sie anzuleiten?

Alê Abreu: Es war eine großartige Erfahrung. Zunächst habe ich mit Viviane Guimarães, der Regieassistentin des Films, die beiden Hauptfiguren entwickelt. Im zweiten Schritt kam dann Sandro Cleuzo dazu, der die Figur Hans von Lehm animiert hat. Cleuzo ist einer der besten Animatoren in der ganzen Branche. Wir sind sehr gut miteinander ausgekommen und es war ganz mühelos, die Spielweise zu finden, die zu den Figuren passt.

Ist das legendäre japanische Animationsstudio Ghibli ein Einfluss auf Ihre Arbeit?

Alê Abreu: Ghibli als persönlichen Einfluss zu nennen, ist ja schon zum Gemeinplatz geworden, denn es ist unmöglich, diese Meister nicht zu bewundern. Ich lerne so unglaublich viel aus ihren Filmen. Ich habe das Glück, dass mein kleiner Sohn ein großer Fan von „Mein Nachbar Totoro“, „Ponyo – Das große Abenteuer am Meer“ und „Das wandelnde Schloss“ ist. Ich habe diese Filme in letzter Zeit unglaublich oft gesehen. Aber letzten Endes ziehe ich die künstlerische Inspiration auch aus vielen Bereichen außerhalb der Animation.

Wie kamen Sie auf André Hosoi als Komponisten für DAS GEHEIMNIS DER PERLIMPS?

Alê Abreu: Mit André bin ich schon zusammen zur Schule gegangen. Er gehört zur Musikgruppe Barbatuques, die vor allem mit Body Percussion arbeiten, und sie waren auch schon auf den Soundtrack zu meinem Film „Boy and the World“ vertreten.
Eines Tages hörte ich auf Andrés Social-Media-Kanal einen Song, den er gerade gepostet hatte, und ich dachte, das würde perfekt zu PERLIMPS passen. Und es hat funktioniert! Neben André Hosois Arbeit muss ich auf jeden Fall auch die Arbeit des Duos O Grivo erwähnen, die das Sounddesign gemacht und ein ganz eigenes Klanguniversum geschaffen haben. In PERLIMPS sind Musik und Ton nicht voneinander abgegrenzt.

Dabei sind diese Entscheidungen nicht so rational, wie es vielleicht klingt. Manchmal habe ich das Gefühl, dass der Film entscheidet, wohin es gehen soll, und dass es meine Aufgabe als Regisseur nur ist, dem zuzuhören.

Ein Großteil des Films entstand in einem kleinen Ort 150 Kilometer von São Paulo entfernt – was brachte sie auf diese Idee?

Alê Abreu: Ich dachte, dass die Abgeschiedenheit der Berge und der Einfluss der Natur ganz entscheidend für diesen Film sein würden, und so war es auch. Andererseits war es eine große Herausforderung, eine ganze Studio-Struktur neu aufzubauen und Leute zu überzeugen, dorthin zu kommen. Als wir uns eingerichtet hatten und mitten in der Produktion waren, kam uns die Pandemie dazwischen, und wir sahen uns gezwungen, den Standort aufzugeben. Wir haben dann die Studio-Struktur völlig neu aufgebaut, komplett online, und waren zu unserer eigenen Überraschung schon nach zwei Monaten wieder im Rhythmus. Ich denke, so werde ich jetzt immer arbeiten.



Alê Abreu (Regie, Drehbuch, Animation, Schnitt, Ko-Produktion)

Der brasilianische Regisseur, Animator und Drehbuchautor Alê Abreu wurde 1971 in São Paulo geboren. 2013 brachte er mit „The Boy and the World”, seinem zweiten Film, einen Animationsfilm heraus, der schnell zum Festival-Hit wurde, auf dem Annecy Festival den Cristal als Bester Film sowie den Publikumspreis gewann und 2016 für einen Oscar® als Bester Animationsfilm nominiert war.

Abreu ist Schöpfer und Produktionsleiter der Animationsserie für das Vorschulalter „Vivi Viravento“ (2017), die in Brasilien und Lateinamerika vom Discovery Channel gezeigt wurde. DAS GEHEIMNIS DER PERLIMPS, Abreus dritter Film, hatte 2022 beim Internationalen Animationsfilmfestival in Annecy Premiere.

Filmographie

2024 DAS GEHEIMNIS DER PERLIMPS
2017 „Vivi Viravento” (TV-Serie)
2013 THE BOY AND THE WORLD („O menino e o mundo”) 2007 COSMIC BOY („Garoto cósmico”)

„Passo” (Kurzfilm) 1998 „Espantalho” (Kurzfilm) 1993 „Sírius” (Kurzfilm)

Foto:
©Verleih

Besetzung & Stab

Bruô
Claé
Hans von Lehm Mutter
Vater

Regie.  Alê Abreu
Drehbuch  Alê Abreu

Produziert von Animationsfilm I
Brasilien 2022 I 80 Min

Abdruck aus dem Presseheft