Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 31. Oktober 2024, Teil 8
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - „Schwarzarbeit klingt rassistisch“! Achtung Trigger Warnung: Sensible post-kolonialistische, transfreundliche, anti-mikrorassistische oder andere woke Gutmenschen könnten sich durch die folgenden Zeilen, die Filmbesprechung „Alter weißer Mann“ und den Streifen selbst beleidigt fühlen. Kleine Kostprobe: Recht früh fordert der Vater Hellmichs, wenn alle Menschen selber bestimmen können was sie sein wollen - Männer, Frauen oder Katzen – dann müssten in den öffentlichen Toiletten auch Katzenklos aufgestellt werden.
Heinz Hellmich (Jan Josef Liefers) arbeitet in einer beschaulichen bayrischen Kleinstadt für die Firma Fernfunk AG, die einst das Telefax erfand und nun nach einer „strategischen Neuausrichtung“ sucht. Für eine Kampagne „mit Familientarif“, entwarfen seine Mitarbeiter ein Plakat mit einer weißen deutschen Familie, wie aus dem Bilderbuch der Margarinewerbung, die von einem schwarzen Kellner bedient werden. „Voll Rassismus“ sei das, hieß es im Internet, in dem sogleich ein Shitstorm losbrach.
Hellmich will alles richtig machen und überlegt mit seinem Team, was denn für Menschen auf dem Plakat präsent sein müssten: Insgesamt kommen sie auf 33 Leute mit diversen Behinderungen in allen möglichen Hautfarben, Größen und geschlechtlichen Identitäten. Aber das besänftigt seinen Chef noch lange nicht. Darum sollen für ein Familienessen bei ihm zuhause die asiatische Unternehmensberaterin und Diversitäts-Beauftragte Lian Bell (Yun Huang) und der Technologie-Junkie Älex (Elyas Mbarek) mit zwanghafter digital gesteuerter Selbstoptimierung, eingeladen werden.
Während der Film bis dahin etwas bieder dahintröpfelt, kommt Stimmung auf, als Hellmich mal eben nach Berlin düst um seine älteste Tochter zu besuchen und vergnügt durch die Club-Szene stolpert und jede Menge schräger Menschen kennenlernt (Foto links). Verspätet kehrt er nach Hause zum Dinner - dem wichtigen Geschäftsessen - zurück.
Nun werden alle Klischees der Weltverbesserer, zu denen natürlich auch die Kinder Hellmichs gehören, mächtig humoristisch abgearbeitet. Mit von der Partie sind außerdem die schwarze Familientherapeutin der Familie, ein begnadeter asiatischer Pianist, der Essen ausfährt um sein Studium zu finanzieren, der Großvater und manch andere „diverse Menschen“.
Nach einigen überraschenden Wendungen, in denen es viel zu lachen gibt, kann man dann mit dem Film Frieden schließen…
Denn ein mächtiger Hauch von behäbigem deutschem Lustspiel schwebt über die Leinwand. Liefers überzeugt nicht besonders als trotteliger Loser, der plötzlich seine Stärken erkennt und um die Freiheit kämpft. Seine Frau Carla (Nadja Uhl) ist ihm eigentlich – buchstäblich als Joggerin – davongelaufen und kehrt überraschend in die Küche zurück, um doch für die Gäste zu kochen. Insgesamt wirkt der Film etwas fragmentarisch und chaotisch, als sei er nicht rechtzeitig fertig geworden. Anerzählte Geschichten werden nicht wieder aufgegriffen, etwa die Bewerbung von Hellmichs Vater als Bürgermeister. Überraschungen wie die Berlinreise oder die Teilnahme der Kinder am Essen erfolgen völlig unvermittelt.
Dennoch, den Film kann man ansehen und im zweiten Teil viel lachen, man sollte aber weder ein cineastisches Meisterwerk noch eine woke Analyse des Themas erwarten. Freundlicherweise wird konsequent kein Fettnäpfchen ausgelassen.
Fotos:
©LEONINE Studios / Wiedemann & Berg Film
Info:
„Alter Weißer Mann“, Deutschland 2024.
114 Minuten.
FSK ab 6,
Filmstart 31. Oktober 2024
Regie: Simon Verhoeven.
Mit Jan Josef Liefers, Nadja Uhl und Elyas M’Barek.