Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. November 2024, Teil 8
Redaktion
Berlin (Weltexpresso) - Wie sind Sie zu MARIANENGRABEN gekommen? Was hat Sie an dem Stoff, an der Figur des Helmut gereizt? Kannten Sie bereits den Roman?
Ich habe das Drehbuch von meiner Agentur erhalten, der Stoff und die Dialoge gefielen mir auf Anhieb, und nach einem offenen Gespräch mit der Regisseurin Eileen Byrne habe ich mich schnell entschieden, die Rolle von Helmut zu übernehmen. Dann erst habe ich den Roman von Jasmin Schreiber gelesen – mit großem Vergnügen übrigens, trotz der ernsten Thematik. Dieser Stoff, der sich auf zwei sehr unterschiedliche Personen und ihre zentralen Lebensfragen konzentriert, gibt den Schauspielern die Möglichkeit, während der Arbeit auch ihren eigenen Gedanken über den Umgang mit dem Verlust naher Menschen nachzugehen.
Worum geht es in MARIANENGRABEN? Welche Themen werden verhandelt? Was gefällt Ihnen daran?
Zum Beispiel geht es um die Frage, wie man nach dem Tod eines geliebten Menschen weiterleben kann, wie man mit seiner Trauer umgeht, besonders, wenn Schuldgefühle den Zugang zum erfahrenen Schmerz erschweren. Es ist ein sehr ungleiches Gespann, das da gemeinsam in einem alten Wohnmobil von Mönchengladbach nach Südtirol unterwegs ist. Der alte Mann und die junge Frau sind sich keineswegs von Anfang an sympathisch. Es sind praktische Gründe, die sie zusammengeführt haben. Sie wissen nicht voneinander, dass sie ähnliche Verluste erlitten haben und begreifen nur auf dem Umweg von Zerwürfnissen und Missverständnissen, wie tief sie in ihrer so unterschiedlichen Art zu trauern verbunden sind.
Wie würden Sie Helmut beschreiben? Was für ein Mensch ist er? Wie haben Sie als Schauspieler Zugang zu der Figur gefunden?
So eine Figur wie dieser Helmut wird schnell in der Schublade „harte Schale, weicher Kern“ abgelegt. Es geht aber um eine ganz natürliche Form von innerem Rückzug im Alter, die ihn kennzeichnet. Jedenfalls ist er mir nicht fremd. Er begreift es als Chance, seiner jungen Mitreisenden zuzuhören, er versteht, wie schwer es für einen jungen Menschen sein kann, in ein Erwachsenen-Leben hineinzufinden. Dabei entdecken beide auf der Reise ihre eigenen Widersprüche, und während sich jeder über den anderen amüsiert oder ärgert, wird beiden klar, dass sie in ihren Unglückserfahrungen ähnlich reagieren. So können sie der wachsenden Empathie zueinander nicht ausweichen, auch ihre Selbstliebe wächst und so gelingt es vor allem Paula, das Leben, das sie eben noch für nicht besonders lebenswert hielt, festzuhalten und wertzuschätzen.
Eileen Byrne gibt ihr Regiedebüt. Wie war die Arbeit mit ihr? Was zeichnet sie aus als Regisseurin? Ist es anders, wenn man mit einer Debütantin arbeitet?
Ein Debütant oder eine Debütantin in der Regie erweist sich nach meiner Erfahrung oft als ein Vorteil für den Schauspieler. Der erste Langfilm ist immer eine große Chance, ein zentrales Anliegen zu verwirklichen. Das setzt eine besondere Energie frei, die alle am Set spüren. Eileen Byrne hat übrigens etliche besonders schöne Kurzfilme gedreht, und sie erwies sich für mich als glänzende Beobachterin spielerischer Interaktion. Ich wünsche mir für Sie und für uns Zuschauer, dass sie noch viele Filme dreht.
Sie sind mehr oder minder in jeder Szene gemeinsam mit Luna Wedler zu sehen. Ist das eine besondere Herausforderung? Wie war die Arbeit mit ihr? Wie sah Ihre Zusammenarbeit aus?
Ich hatte vom ersten Moment der Leseprobe an ein starkes Vertrauen zu Luna Wedler und war über die Besetzung mehr als glücklich. Ich habe mich oft an ihrem intuitiven Erfassen von Situationen orientiert.
Was haben Sie beim Dreh als größte Herausforderung empfunden? Gibt es eine besondere, eine bleibende Erinnerung?
Die größte Herausforderung waren die Zeitsprünge, mit denen wir bei den Dreharbeiten fertig werden müssten. Es gab nur selten chronologische Abläufe, und das war sowohl in Bezug auf die Krankheitsgeschichte von Helmut kompliziert, als auch für die stark wechselnde Stimmungslage zwischen Paula und Helmut.
Was soll das Publikum mitnehmen aus MARIANENGRABEN? Worüber sollen die Menschen sprechen, die das Kino verlassen, wie sollen sie sich fühlen?
Es ist eine Geschichte, bei der man erleben kann, wie wichtig es ist, sich selbst verzeihen zu können. Zu sehen, wie ein alter Mann eine junge Frau aus dem Tunnel ihrer Lebensmüdigkeit herausholt, ist eine starke Erzählung über den Zusammenhalt zwischen den Generationen und Geschlechtern. Im Grunde ist das Ganze eine tiefe und einzigartige Liebesgeschichte jenseits von Sexualität und körperlichem Begehren. Es ist eine Entdeckungsreise von zwei Seelen, die gegenseitig Harmonie finden, und es ist bezeichnend, dass die Gegenwart der Toten und das langsame Sterben Helmuts die Annäherung der beiden erleichtern.
Übrigens hoffe ich, dass der Film zeigt, dass es auch in der Trauer urkomische Momente gibt, die einem ermöglichen, über sich selbst zu lachen.