Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 19. Dezember 2024, Teil 15
Redaktion
London (Weltexpresso) - Sigmund Freud, der einst aufschlussreiche, später auch umstrittene Konzepte für die Grundsteine der Psychoanalyse legte, wird von Sir Anthony Hopkins gespielt, der seiner
Rolle Würde, Verspieltheit und Gelehrsamkeit verleiht – Eigenschaften, die der walisische Schauspieler schon seit Jahrzehnten in seinen Film- und Fernsehrollen einbringt. Zu seinen vielen herausragenden Darstellungen gehört ironischerweise auch die Rolle des älteren C. S. Lewis in dem Drama SHADOWLANDS (1993) von Richard Attenborough. Für diesen Film wurde Hopkins als ‚Bester Schauspieler‘ für den BAFTA sowie vom New York Film Critics Circle nominiert. Auszeichnungen erhielt er für seine Rolle von der Los Angeles Film Critics Association und vom National Board of Review.
Seiner über 50 Jahre umfassenden Galerie denkwürdiger Darstellungen fügt Hopkins mit der Rolle des Sigmund Freud nun eine weitere hinzu. Unvergessen bleiben nicht nur seine Auftritte in Klassikern wie WIEDERSEHEN IN HOWARDS END und WAS VOM TAGE ÜBRIG BLIEB oder als Hannibal Lecter, Richard Nixon und Thors Vater Odin, sondern auch seine Darstellungen als junger Richard Löwenherz in DER LÖWE IM WINTER, als sympathischer Dr. Treves in DER ELEFANTENMENSCH, als Captain Bligh in DIE BOUNTY, als John Quincy Adams in AMISTAD, als Shakespeares TITUS, als Papst Benedikt XVI. in DIE ZWEI PÄPSTE und als Mann mit Demenz in THE FATHER. 30 Jahre nach seinem ersten Oscar® als ‚Bester Hauptdarsteller‘ für DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER bekam Hopkins für THE FATHER in der gleichen Kategorie seinen zweiten Oscar®.
„Tony brachte seine ganze Lebenserfahrung in FREUD – JENSEITS DES GLAUBENS ein“, erzählt Brown. „Der Zweite Weltkrieg ist ihm in Erinnerung geblieben. In den frühen Vierzigerjahren war er ein Kind, und in einem wunderbaren künstlerischen Prozess ist er damit tief in unsere Geschichte eingetaucht.“
Die Neugier, die Wildheit, der Humor und die Gelehrsamkeit, die in Hopkins’ Darstellung von Freud zu sehen sind, sind das Ergebnis einer intensiven Vorbereitung. Brown erklärt: „Tony hatte Spaß an all dem, denn als Freud ist er mal manisch, mal depressiv, manchmal wütend. Tony konnte all diese verschiedenen Emotionen, die in seiner Figur brodeln, bedienen. Er konnte mit der gesamten Palette spielen – was er dann auch tat.“
Brown weiter: „Tony bereitet sich immer ganz genau vor, bevor er ans Set kommt. Er ist unglaublich und auch in seiner Kreativität der großzügigste Mensch, den ich in meinem Leben je kennengelernt habe.“
Hopkins meint: „In gewisser Weise ist diese Geschichte ein ‚Traumstück‘, denn Freud und Lewis haben sich ja anscheinend nie getroffen, obwohl sie sicherlich voneinander wussten. Obwohl der Großteil des Films in Freuds Haus und Büro spielt, haben wir es trotzdem geschafft, viel Bewegung und auch Humor einfließen zu lassen. Wir haben viel hinzugefügt – dank eines hervorragenden Regisseurs, eines außergewöhnlichen Produktionsdesigns, einer beachtlichen Kameraarbeit und dem Einsatz einer wundervollen Crew. Sie alle waren einfach nur brillant.“
Der Schauspieler fügt hinzu: „Im Film führen Freud und Lewis eine respektvolle Debatte. Freud verliert dann die Geduld mit Lewis und sagt etwas Wesentliches: ‚Wie können wir jemandem wie Hitler, einem Monster, auch noch die andere Wange hinhalten, wie es in der Bibel steht?‘ Gewissheit über eine Sache zu haben, ist der Todesstoß. Hitler war sich seiner Sache sicher, Stalin ebenso. Alle großen Diktatoren waren sich ihrer Sache sicher – und eine solche Gewissheit ist das, was Zerstörung hervorruft. Wer sich aber seiner Sache nicht sicher ist, sucht Kompromisse, anstatt zu streiten und zu kämpfen. In der Welt, in der wir heute leben, geht niemand mehr Kompromisse ein – das kann eine Gesellschaft vernichten.“
Hopkins weiter: „Im Film erleben wir Freud kurz vor seinem Tod. Er denkt: „Wir wissen eigentlich gar nichts‘ – und das ist genau der Punkt. Dieses ‚Nichtwissen‘ fasziniert mich. Ich bin jetzt 85, und das Leben selbst kommt mir mehr denn je wie ein Traum vor. Ich bin fasziniert davon, unsere Existenz von dieser Seite aus zu betrachten. Freud war. an den gleichen Dingen interessiert wie Lewis. Ich weiß nicht, auf wessen Seite der beiden ich stehe, aber es war sehr spannend, es im Film auf diese Weise zu spielen.“ Brown verrät, dass einige der wunderschönen Klavierstücke, die man im Film hört, darunter auch die Schlussmomente, von Hopkins selbst geschrieben wurden. „Tony ist auch noch ein wunderbarer Konzertpianist. Wir hören seine Kompositionen in Szenen, die im Garten spielen oder wenn Musik von draußen in Freuds Büro dringt“, sagt Brown.
„Als wir die letzte Szene drehten, in der Anna und Dorothy das Büro von Freud aufsuchen, schlug jemand vor, währenddessen Musik einzuspielen. Tony sagte darauf nur: ‚Oh, da habe ich was.‘ Er zeigte mir auf YouTube diesen wunderschönen Wiener Walzer, den er geschrieben hatte. Wir spielten ihn in der Szene, was wirklich zu wundervollen Emotionen zwischen Liv, Jodi und Tony führte. Als mir mein Editor später die Szenen zeigte, die mit Tonys gesamtem Walzer vertont waren, fügte es sich alles so schön und perfekt mit der Dramatik der Szene. Es fühlte sich an, als würde Tony den Film warmherzig umarmen.“
Matthew Goode übernahm in FREUD – JENSEITS DES GLAUBEN die Rolle des C. S. Lewis. Der britische Schauspieler war bereits für den Emmy („The Crown“) und für den Critics Choice Award („The Offer“) nominiert und zeigte sein Können außerdem in Kinofilmen wie MATCH POINT, A SINGLE MAN, THE IMITATION GAME – EIN STRENG GEHEIMES LEBEN, DOWNTON ABBEY und THE KING‘S MAN: THE
BEGINNING. Für die Figur des C. S. Lewis, einem Literaten und Veteranen des Ersten Weltkriegs, der 1931 zum Glauben fand, während er ein komplexes Privatleben führte, brachte er eine intellektuelle und doch zugleich spirituelle Herangehensweise mit.
„Eine der schwierigsten Aufgaben beim Schauspielern ist das Zuhören. Doch Matthew hat das jede einzelne Minute so gut gemacht, dass es zu einer wunderschönen und kraftvollen Zusammenarbeit wurde“, erinnert sich Brown. „Das war sicherlich nicht immer einfach. Denn Lewis musste sozusagen immer im Moment sein, und Matthew sollte diesen Teil von Lewis in seine Performance einbringen. Also wirklich nur präsent zu sein und alles zu offenbaren, was in Lewis‘ Kopf vorging. Er gibt uns das Gefühl, als würden wir einem ganz anderen, inneren Dialog zuhören, der nicht laut ausgesprochen wird. Matthew gelingt das, obwohl das wirklich schwer zu spielen ist.“
Brown weiter: „Matthew hat viel über Lewis‘ Werk und Leben recherchiert und entdeckte auch etliche dunkle Aspekte, die aber in unserer Geschichte nicht vorkommen. Ich denke aber, dass Matthew dieses Wissen irgendwie nutzte. Er wusste von diesen Dingen und behielt sie im Hinterkopf, als er sich in seine Figur vertiefte.“ Goode sagt: „Dies ist weder eine Biografie über Freud noch über Lewis. Das bedeutet
aber nicht, dass man seine Hausaufgaben nicht machen muss. Wir sprechen hier über zwei der größten Denker des 20. Jahrhunderts. Um diesen Figuren also Leben einzuhauchen, braucht man den historischen Kontext. Wo wurden sie ausgebildet, wann haben sie ihre großen Werke geschrieben? Mit solchen Dingen beschäftigte ich mich, aber vor allem beschäftigte ich mich mit Lewis‘ Menschlichkeit. Dass diese beiden Männer nicht einfach nur als unfassbar streitlustig dargestellt wurden, gefiel mir am Drehbuch am meisten. Denn das waren sie einfach nicht. Dadurch ist dieser Film auch sehr subtil geworden.“
Goode sagt, er hätte zwar Fakten und Eigenheiten von Lewis in petto gehabt, aber er wollte sie nicht zum Bestandteil seiner Darstellung machen. „Einige Informationen, die ich über C. S. Lewis zusammentragen konnte, schienen nutzlos. So soll er bei seinen Vorlesungen in Oxford manchmal Asche auf den Boden geschnippt haben. Er war wohl nicht der ordentlichste Mensch! Einige seiner Eigenheiten waren bezeichnend für sein Innenleben. Etwa dass er es liebte, lange und laut zu lachen. Ich fand es auch faszinierend, dass Lewis einmal sagte, der Missbrauch, den er in einem englischen
Internat erlebte, sei traumatischer gewesen als der Erste Weltkrieg. Es sind solche Lebensausschnitte, die einen zu der Person führen, die man spielt.“
Hopkins und Goodes Darstellungen zweier Männer, die um Ideen und Respekt ringen, basierte darauf, dass sich die Schauspieler auf dem Höhepunkt ihres jeweiligen Könnens begegneten. „Die Chemie zwischen den beiden war großartig. So etwas kann man nicht lenken, man kann nur beten, dass die Chemie stimmt“, sagt Brown, „und so war es dann auch.“
Goode fügt hinzu: „Die Chemie zwischen uns war wirklich großartig. Ich hatte einfach das Gefühl, dass da etwas ganz Besonderes zwischen Tony und mir vor sich ging. Drei Wochen lang waren wir zu zweit in einem Raum, und zum Glück hatte ich meine Hausaufgaben gemacht. Mir war es wichtig, das ganze Drehbuch zu kennen, bevor ich ans Set ging. Es war entscheidend für mich, so gut zuzuhören wie nie zuvor. Ich glaube fest daran, dass man beim Schauspielern auch das sieht, was man denkt.“
Für die Rolle der Anna Freud kam für Brown nur eine Schauspielerin in Frage: Liv Lisa Fries. „Ich war besessen von „Babylon Berlin“ und fand Liv darin großartig. Ich wusste auch, dass sie als Anna Freud einfach fantastisch sein würde.“ Brown weiter: „Ich war richtig aufgeregt, mitzuerleben, wie sie Anna zum Leben erwecken würde, und es hat mich wirklich erfüllt, dass Liv die Chance bekam, mit Anthony Hopkins und Matthew Goode vor der Kamera zu stehen.“
Durch ausdrucksstarke Darstellungen in TV-Produktionen wie „Ted Lasso“, „For all Mankind“, „The Crown“ und Kinofilmen wie THE REST OF US und AMONG US ist Jodi Balfour bekannt geworden. In der Rolle der Dorothy Buringham bringt Jodi Balfour ein Gefühl der Liebe und Zuneigung für Anna Freud mit. Beide gründeten gemeinsam mehrere Kinderpsychiatriezentren und führten zudem eine jahrzehntelange Beziehung. „Dorothy Burlingham war als Erbin des Nachlasses von Tiffany’s & Co. eine sehr unabhängige Frau, und ich denke, sie hatte mehr Erfahrung als Anna. Im Film setzt sie alles aufs Spiel, um ein Leben mit Anna führen zu können“, sagt Brown, „Jodi und Liv verband eine natürliche und glaubwürdige Chemie. Es war eine Freude, die Beziehung zwischen Anna und Dorothy zu erkunden. Das war etwas, was im Laufe des Films wirklich wachsen durfte.“
Die Szenen mit Anna und Dorothy haben eine gewisse Dringlichkeit, die laut Brown mit dem historischen Umstand zu tun hat, in dem sich beide befanden. Denn Burlinghams Umzug nach London, um in Annas Nähe zu sein, bedeutete auch, dass sich beide der Bedrohung für Anna, die kurz vor der Flucht mit ihrem Vater von den Nazis verhört wurde, bewusst waren. „Ich habe mit Liv und Jodi über den 3. September 1939 gesprochen, und darüber, wie wichtig es für Anna und Dorothy war, zusammen sein zu können. Genauso wichtig war es für Anna, Dorothy in London an ihrer Seite zu haben, um über ihre Beziehung mit Sigmund Freud zu sprechen“, erläutert Brown. „Sie können keinen Monat mehr warten. Denn es herrscht das Gefühl, dass es zu spät sein könnte, wenn sie ihm jetzt nicht sagen würden: ‚So sieht es aus‘. Für die beiden Frauen, wie wir sie zeigen, war das wichtig.“
Orla Brady, bekannt aus Fernsehserien wie „Star Trek: Picard“ und „American Horror Story“, spielt Janie Moore. Sie war die Mutter eines gefallenen Kameraden von C. S. Lewis und wurde anschließend seine langjährige Geliebte. Orla Brady reagiert in ihrer Rolle mit Verwirrung und Empörung, als Lewis verkündet, dass er sich vom Atheisten zu einem christlichen Apologeten gewandelt hat. Moore war eine Frau, deren Leben vor ihrer Begegnung mit Lewis im Irland des frühen 20. Jahrhunderts durch den Einfluss der Ehe und der Kontrolle der katholischen Kirche geprägt wurde. Lewis‘ Glaubenswandel war daher für sie nur schwer zu akzeptieren. „Die Beziehung zwischen Lewis und Moore endete, als Lewis Christ wurde. Ich wollte unbedingt zeigen, wie schwer das für Janie Moore gewesen sein muss“, so Brown. „Es ist unvorstellbar, wie es ist, eine Missbrauchsbeziehung in einem Land zu beenden, in dem Religion alles ist, um sich dann jemandem hinzugeben, der sich plötzlich zur Religiosität bekennt?“
Brown sagt weiter: „Bei der Vorbereitung zum Film sprachen Orla und ich viel über Religion, aber auch darüber, was Janie Moore als Irin in der damaligen Zeit überstehen musste, und über die Historie und den Kontext all dessen, und was das für Janie und Lewis bedeutete. Orla hatte schnell verstanden, wie sie Janie porträtieren würde.“
Matthew Goode meint dazu: „Das war eine unglaublich wichtige Beziehung für Lewis, und Orla hat das absolut professionell gespielt. Sie hat ihre Hausaufgaben gemacht und war in ihrer Rolle einfach brillant. Diese Verbindung war ein wichtiger Bestandteil in der Seelenkunde von Lewis.“
Brown fügt hinzu: „Es ist schwierig, eine Figur über den Zeitraum von 30 Jahren zu spielen. Das ist nie einfach, aber Orla Brady hat es mit viel Anmut geschafft. Obwohl ich anfangs dachte, wir würden viel mehr mit Haarteilen und Make-up arbeiten, zählte am Ende nur die Performance von Orla.“ Brown hat das alles zusammengebracht und gewann so das Vertrauen von Crew und Cast. „Was mich bei jedem Projekt immer etwas nervös macht, ist der Gedanke, dass der Regisseur nicht unbedingt die intelligenteste Person im Raum sein könnte. Aber bei Matthew Brown musste ich mir darüber überhaupt keine Sorgen machen“, sagt Goode. „Er ist extrem schlau und hat großartige Instinkte. Er hört wirklich zu und möchte jedem den Freiraum geben, um die beste Arbeit abliefern zu können. Für unsere Geschichte
war er in jeglicher Hinsicht perfekt, nicht nur weil er der Sohn eines Psychologen ist. Er hat den Stoff einfach verstanden. Bei manchen Jobs hat man das Gefühl, dass die Liebe zur Geschichte fehlt und nur Routinearbeit geleistet wird. Aber bei Matthew mit seiner Art, diesen Film zu drehen, war es genau das Gegenteil.“
Foto:
©Verleih
Info:
B E S E T Z U N G
DR. SIGMUND FREUD ANTHONY HOPKINS
C.S. LEWIS MATTHEW GOODE
ANNA FREUD LIV LISA FRIES
DOROTHY BURLINGHAM JODI BALFOUR
DR. ERNEST JONES JEREMY NORTHAM
JANIE MOORE ORLA BRADY
J.R.R. TOLKIEN STEPHEN CAMPBELL
S T A B
REGIE MATTHEW BROWN
DREHBUCH MARK ST. GERMAIN & MATTHEW BROWN
NACH DEM BÜHNENSTÜCK „FREUD’S LAST SESSION“ VON MARK ST. GERMAIN
Großbritannien/Irland/USA, 2023
Länge: 108 Minuten
Bildformat: 1:2,39
Tonformat: 5.1
Abdruck aus dem Presseheft