Die Witwe Clicquot

Margarete Ohly-Wüst

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – 1805 stirbt in Reims, einer Stadt in der Champagne im Nordosten Frankreichs, der jungen François Clicquot (Tom Sturridge). Er hinterlässt seine 27jährige Witwe Barbe-Nicole (Haley Bennett), die etwa 6jährige Tochter Clémentine (Cecily Cleeve) und ein kleines von seinem Vater Phillipe Cliquot (Ben Miles) 1772 gegründetes Champagnerhaus.

Philippe Clicquot verlangt, dass die junge Witwe die Ländereinen, die Weinberge, die Champagner-Produktion und den Weinhandel ihres verstorbenen Mannes sofort an einen Nachbarn verkauft, um die Kellerei vor dem Untergang zu bewahren. Doch Barbe-Nicole weigert sich und bittet darum, die Geschäfte erst einmal weiterführen zu dürfen. Auch wenn ihr Schwiegervater an ihren Fähigkeiten zweifelt und er es viel lieber sehen würde, wenn sie sich um ihre Tochter Clémentine kümmert würde, gibt er ihr eine Chance.

Doch die Herstellung von Champagner ist noch nicht ausgereift, so dass immer wieder ganze Ladungen auf dem Weg zum Käufer verderben. Mit großer Entschlossenheit und Leidenschaft schafft es die Witwe Clicquot, das Unternehmen durch turbulente Zeiten zu manövrieren. Dabei versucht sie ein neues innovatives Herstellungsverfahren zu entwickeln, dass den Grundstein für die moderne Champagnerherstellung bedeutet hat. Denn dadurch wurde der Champagner nicht nur deutlich länger haltbar gemacht, sondern ihm wurde außerdem sein verführerisches Prickeln geschenkt.

Allerdings hat die junge Frau Unterstützung durch den deutschen Weinhändler Louis Bohne (Sam Riley), der ein alter Freund ihres Mannes ist und der gute Verbindungen in einige große europäische Ländern hat. Er versucht als der Handelsvertreter des Hauses Clicquot mit Tricks das Handelsembargo Napoleons zu umgehen, das den Verkauf von Champagner in einige Länder wie England, Preußen, Österreich und Russland untersagt. Beide hoffen, dass die Flaschen ohne Schaden sowohl England als auch in Russland ankommen.

Aus der geschäftlichen Beziehung zu Bohne entwickelt sich mit der Zeit auch eine private. Sie ist allerdings nicht ganz unkompliziert, da die beiden doch regelmäßig aneinandergeraten. Bohne mag zwar Barbe-Nicoles Geliebter sein, doch sie denkt immer wieder an ihren exzentrischen Ehemann, der ihr während ihrer Ehe viel Freiraum gelassen hat, um bei der Champagner-Herstellung etwas zu verändern. Denn letztendlich war sie es, die schon zu seinen Lebzeiten die besseren Entscheidungen getroffen hat.

Doch auch Barbe-Nicole kann sich nicht einfach über die gesellschaftlichen Konventionen ihrer Zeit hinweg setzen, denn auch nachdem sich bei ihrem Unternehmen der Erfolg eingestellt hat, weht ihr der scharfe Wind der neidischen Konkurrenten entgegen.

Das bedeutet, dass sie nur als Witwe ihr Unternehmen unter ihrem Namen ″Veuve Clicquot″ weiter führen kann. Letztendlich avanciert sie mit dem exklusiven Schaumwein ihres Hauses nicht nur zur ″Grande Dame des Champagner″, sondern auch zu einer der ersten großen Geschäftsfrauen der Welt und damit zu einer der reichsten Frauen ihrer Zeit…


Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin (1777 – 1866), die Tochter des Reimser Bürgermeisters Nicolas Ponsardin (1747–1820) heiratete im Jahr 1798 François Clicquot. 1799 wurde ihr einziges Kind, Clémentine Clicquot, geboren. Als ihr Ehemann im Oktober 1805 starb, übernahm die gerade einmal 27 Jahre alte Witwe die Leitung des Champagnerhauses, das zu jener Zeit jährlich rund 100.000 Flaschen vermarktete (bei ihrem Tod 1866 waren es übrigens 750.000 Flaschen).

Mit Hilfe ihres engen Mitarbeiters Louis Bohne, der Jahre zuvor bereits François Clicquot in Basel kennengelernt hatte, konnte sie Napoleons Handelsembargo umgehen und durch einen kleinen Trick, den Champagner vor allem bei der russischen Oberschicht bekannt machen. Da Bohne bereits 1821 starb, übernahm der in Wetzlar geborene Eduard Werle (1801 – 1884) dessen Aufgaben und wurde einige Jahre später auch Barbe-Nicole Clicquots Geschäftspartner und später ihr Erbe.

Bei dem hier besprochenen Film "Die Witwe Clicquot" führt Thomas Napper Regie. Das Drehbuch stammt von Erin Dignam und Christopher Monger. Es beruht auf dem New York Times Bestseller The Widow Clicquot - The Story of a Champagne Empire and the Woman Who Ruled It (2009) der Kulturhistorikerin Tilar J. Mazzeo. Die Dreharbeiten unter Kamerafrau Caroline Champetier fanden im Herbst 2022 im Château de Beru im Weinanbaugebiet Chablis und in La Carrière d'Aubigny in der Region Burgund und in Reims in der Champagne statt. Die Filmmusik komponierte der US-amerikanische Komponist und Gitarrist Bryce Dessner.

In dem Historienfilm wird allerdings nicht die gesamte Lebensgeschichte der Barbe-Nicole Clicquot erzählt, sondern er beschränkt sich auf die Zeit von 1805 bis etwa 1812, nachdem die junge Frau es geschafft hat, ihr Champagnerhaus auf eine wirtschaftlich gesicherte Basis zu stellen. Deshalb geht es im Film auch weniger um den Aufbau eines Champagner-Imperiums, sondern es geht vielmehr darum, wie sich eine sehr kluge Frau in einem männlich dominierten Geschäftszweig behaupten konnte und auch welche Opfer sie dafür bringen musste.


Die Titelrolle der Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin, die nach dem Tod ihres Gatten die Geschicke des Hauses Clicquot lenken muss, wird von der amerikanischen Darstellerin Haley Bennett, die auch selbst eine der Produzenten des Films war, überzeugend gespielt. Sie ist zuerst eine verliebte junge Frau, die aber im Laufe ihrer Ehe schon recht bald immer häufiger mit dem Ernst des Lebens konfrontiert wird. Später in ihrem Leben ist sie eine würdevolle Witwe voll äußerer Ruhe und Sicherheit, die lernt, sich gegen alle Konventionen und auch gegen die Männer – auch aus ihrer eigenen Familie – durchzusetzen und für die es wichtig ist, die Qualität ihres Champagners zu verbessern und haltbarer zu machen. Dass dabei letztendlich ihre Tochter zu kurz kommt, wird nur in einer kleinen Szene gezeigt, wenn Clémentine recht bald wieder in ein Internat geschickt wird. Auch wird die Hilfe durch ihren Kellermeister Anton von Müller (Chris Larkin) heruntergespielt, der das mechanische Rüttelverfahren erfand, das erst die den Flascheninhalt trübende Hefe beseitigte.

Tom Sturridge spielt überzeugend in den Rückblenden François Clicquot als hypersensiblen und depressiven jungen Mann, der langsam auf den Wahnsinn zutreibt und der in seinem sich steigernden selbstzerstörerischen Zorn immer dominanter wirkt. Letztendlich scheitert François nicht an den Umständen oder an seinen Idealen, sondern nur an sich selbst.

Ein weiterer wichtiger Charakter ist der von Sam Riley gespielte charmante Weinhändler Louis Bohne, der durch seine langjährigen und europaweiten Kontakte Barbe-Nicole helfen kann, neue Absatzmärkte aufzutun und durch Tricks Napoleons Handelsembargo und die Export- und Importverbote einiger Länder zu umgehen. Außerdem ist er es, der Clicquots Champagner durch wenige gerettete Flaschen bei der russischen Oberschicht bekannt macht.

Weitere erwähnenswerte Darstellerinnen und Darsteller sind der von Ben Miles gespielte strenge Schwiegervater Phillipe Cliquot, der seiner Schwiegertochter eigentlich nicht allzu viel zutraut, sie aber erst einmal machen lässt, sowie Cecily Cleeve als Barbe-Nicoles Tochter Clémentine Clicquot, Cara Seymour und Christopher Villers als Barbe-Nicoles Eltern Jeanne-Marie und Nicolas Ponsardin, Phoebe Nicholls (die Mutter von Tom Sturridge) als Marie-Catherine Clicquot, Nicholas Farrell als Jean-Rémy Moët, der die Clicquotschen Weingüter aufkaufen will, sowie Anson Boon als Eduard Werle, der später auch Teilhaber der Witwe Clicquot werden wird.

Insgesamt ist ″Die Witwe Clicquot″ dank dem hervorragenden Cast und der tollen Regie von Thomas Napper ein eindrucksvolles Frauenporträt, aber auch ein sehenswerter Film um die Liebe und ein wenig auch um Romantik. Daneben zeigt er durch die gelungene Kameraarbeit von Caroline Champetier wunderschöne Bilder aus der Champagne und dem Chablis und vermittelt noch interessante – historische - Informationen über den Weinanbau und die Herstellung des Champagners dieser Regionen. Es lohnt, sich den Film zu Hause auf DVD oder Blu-ray anzusehen.

Foto 1: Cover Blu-ray © Capelight Pictures / Alive
Foto 2: Cecily Cleeve als Clémentine Clicquot und Haley Bennett als Barbe-Nicole Clicquot © Capelight Pictures
Foto 3: v.l.n.r.: Cecily Cleeve als Clémentine Clicquot, Tom Sturridge als François Clicquot und Haley Bennett als Barbe-Nicole Clicquot © Capelight Pictures
Foto 4: Haley Bennett als Barbe-Nicole Clicquot und Sam Riley als Louis Bohne © Capelight Pictures

Info:
"Die Witwe Clicquot" kommt ab Do. 13.02.2025 als DVD und Blu-ray in den Handel und ist bereits ab dem 06.02.2025 digital erhältlich. Die DVD enthält Sprachfassungen in Deutsch und Englisch in Dolby Digital 5.1, die Blu-ray in Deutsch und Englisch in DTS-HD Master Audio 5.1. Die Untertitel sind bei beiden Formaten in Deutsch. Das Bildformat ist der DVD ist 2,39:1 (16:9) und der Blu-ray 2,39:1 (1080p).
Als Bonusmaterial haben DVD und Blu-ray nur den Kinotrailer (2:16 Min.)

Die Witwe Clicquot (Frankreich, Großbritannien 2023)
Originaltitel: Widow Clicquot
Genre: Historienfilm, Drama, Champagnerherstellung
Filmlänge: ca. 90 Min.
Regie: Thomas Napper
Drehbuch: Erin Dignam, Christopher Monger
nach dem New York Times Bestseller: The Widow Clicquot - The Story of a Champagne Empire and the Woman Who Ruled It (2009) der Kulturhistorikerin Tilar J. Mazzeo
Darsteller: Haley Bennett, Tom Sturridge, Sam Riley, Anson Boon, Ben Miles, Cecily Cleeve, Leo Suter, Natasha O’Keeffe, Paul Rhys, Ian Conningham, Cara Seymour, Christopher Villers, Phoebe Nicholls, Nicholas Farrell, Chris Larkin u.a.
Verleih: Capelight Pictures
Vertrieb: Alive, EuroVideo
FSK: ab 12 Jahren