
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - Der Film „Heldin“ ist unglaublich! Viele Kolleginnen und Kollegen konnten sich vor seiner Weltpremiere auf der Berlinale kaum vorstellen, dass dieser Spielfilm in dokumentarischer Form, eine derartige Spannung beim Publikum erzeugen kann - und ohne Pathos und Wehklagen so berührt.
Natürlich geht es um den „Pflegenotstand“, die Überlastung des Personals in den Kliniken und die Vielfalt der Bedürfnisse der zu Pflegenden. Jedoch der Hintergrund ist ein ganz normaler Stationsalltag, es wird keine durchgehende Geschichte erzählt. Wir erleben die stationären Abläufe allein aus der Perspektive der Pflegefachkraft Flora (Leonie Benesch), die mit großer Leidenschaft und Professionalität in der Chirurgie eines Schweizer Krankenhauses arbeitet. Sie ist in (fast) allen Szenen durchgehend präsent, aber immer authentisch und glaubwürdig. Es wird nicht über sie berichtet, wir arbeiten mit ihr.
Dadurch wird der Film auch nicht larmoyant.
Bei Flora sitzt jeder Handgriff, sie hat selbst in stressigen Situationen immer ein offenes Ohr für ihre Patientinnen und Patienten. In Notfällen oder prekären Momenten handelt sie sofort, muss dann aber andere notwendige Aufgaben hintenanstellen. Dafür hat ihre Klientel selten Verständnis. Als die Pflegefachkraft im Film ihre Spätschicht antritt, fällt auf der voll belegten, unterbesetzten Station eine Kollegin aus.
Trotz aller Hektik umsorgt Floria eine schwer kranke Mutter und einen alten Mann, der dringend auf seine Diagnose wartet, ebenso fürsorglich und routiniert wie den Privatpatienten mit all seinen schrulligen Extrawünschen.
Auch den Angehörigen begegnet sie einfühlsam und kümmert sich um deren große oder kleine Probleme. Doch dann unterläuft ihr ein verhängnisvoller Fehler und die Schicht droht, völlig aus dem Ruder zu laufen. Ein nervenzerfetzender Wettlauf gegen die Zeit beginnt, auch wenn eine Ärztin sie tröstet: „Fehler passieren uns alle mal.“
Der Film ist mit zwei, drei besonderen Situationen dramatisch verdichtet, nicht jeden Tag geschehen einige dieser „filmreifen“ Ereignisse. Filmmusik, Kamera und Schnitt sorgen zusätzlich für die cineastische Spannung des Alltäglichen. Die Vielzahl unterschiedlicher Anforderungen, die Hektik und Überbelastung der Pflegenden sind auch die alltäglichen Merkmale der stationären Arbeit. Doch nicht alles ist schrecklich, immer wieder können wir einfühlsame Begegnungen zwischen der Klientel und den Pflegenden oder der Pflegenden untereinander miterleben. Wir spüren intensiv, dass die im Krankenhaus Arbeitenden ihren Job (eigentlich) gerne machen und nicht in Routinen oder Verzweiflung versacken.
Leonie Benesch spielt sensationell die stille Heldin, eine von vielen!
Fotos:
© Zodiac Pictures 2025
Info:
Heldin“, Schweiz / Deutschland 2025, 92 Minuten, Altersfreigabe FSK 6, ab 27. Februar im Kino.
Regie, Buch Petra Volpe mit, Sonja Riesen, Urs Bihler, Margherita Schoch, Jürg Plüss