Der Hessische Film- und Kinopreis 2014 in Frankfurts Alter Oper am 10. Oktober, Teil 5
Anna von Stillmark
Frankfurt(Weltexpresso) - Das lag uns beim Verweis auf die Preiswürdigkeit des Spielfilms, der die junge Bundesrepublik als nachfaschistische Gesellschaft zeigt, noch auf der Zunge, daß Fritz Bauer als Generalstaatsanwalt von Hessen hier in Figur des Gert Voss die Rolle spielt, die in ihrem Dokumentarfilm FRITZ BAUER-TOD AUF RATEN Ilona Ziok detailliert und original nachweist. Bis heute unverständlich, daß damals dieser Film in Hessen keinen Preis bekam.
Arteholic
Deutschland 2014, 82 Minuten
Regie: Hermann Vaske
Jurybegründung:
Für Alkoholiker gibt es die „Anonymen Alkoholiker“, für Drogenabhängige Entzugskliniken, für Raucher Nikotinpflaster, aber was macht man nur, wenn man süchtig nach Kunst ist? Dieser Frage gehen der Filmemacher Hermann Vaske und sein kongenialer und gewohnt charismatischer Protagonist Udo Kier mit Witz, Ironie und vielen bekannten Gesichtern der modernen Kunstszene nach.
„Arteholic“ ist ein entgrenztes Roadmovie, das uns in zentrale ikonographische Stätten der Gegenwartskunst entführt und dabei wie zufällig selbst zum Kunstwerk wird.
Carlo, Keep Swingin‘
Deutschland 2014, 83 Minuten
Regie: Elizabeth Ok
Jurybegründung:
Durch Zufall entdeckte Elisabeth Ok den Nachlass des einflussreichen Jazzers und Musiktheoretikers Carlo Bohländer. Im Gespräch mit Freunden und Zeitzeugen wie Paul Kuhn, Fritz Rau und Emil Mangelsdorff rekonstruiert ihr Dokumentarfilm die Lebensgeschichte dieses liebenswürdigen Querdenkers. Schon 1941 spielte der passionierte Trompeter Jazz, als dieser von den Nazis noch als „entartete Musik“ verpönt wurde.
Neben der Frankfurter Musikhistorie rekonstruiert der Dokumentarfilm die politische Dimension der Jazzmusik. Die für den Jazz spezifische Freiheit der Improvisation, die mit der amerikanischen Besatzungsmacht ab 1945 nach Deutschland kam, wird als musikalischer Beitrag zur Entnazifizierung und Demokratisierung lesbar gemacht. Diese Lektion erteilt Elisabeth Ok nicht akademisch nüchtern. Quirlige Anekdoten bringen ihren Film zum swingen. Das liegt nicht zuletzt an Carlo Bohländer selbst. Der Begründer des legendären Frankfurter Veranstaltungsortes „Jazzkeller“ kommt in unbekannten Filmdokumenten zu Wort. Getragen wird der informative und vielstimmige Dokumentarfilm von seiner hinreißenden Witwe, der Sängerin Anita Honis-Bohländer, die auch die abseitigen Gedanken dieses vergessenen Pioniers der deutschen Jazz-Szene beleuchtet.
The Green Prince
Deutschland 2014, 99 Minuten
Regie: Nadav Schirman
Jurybegründung:
Nadav Schirmans letzter Film seiner Spionage-Trilogie basiert auf der Autobiografie „Son of Hamas“ von Mosab Hassan Yousef. Als Sohn des Hamas-Mitgründers Scheich Hassan Yousef wurde er zu einem der wichtigsten Agenten des israelischen Geheimdienstes Shin Beth. Unter dem Decknamen „The Green Prince“ spionierte Mosab seine Familie und eigenen Leute über ein Jahrzehnt lang aus. Schirmans spannender Dokumentarfilm bricht die Ausweglosigkeit im Nahost-Konflikt auf die Person von Mosab herunter und fängt dabei gekonnt die Atmosphäre von Verrat und ständigem Misstrauen ein, die an den Zuschauer weitergegeben wird: Wer sagt hier die Wahrheit?
„The Green Prince“ hält dazu an, sich mit einem der politisch brisantesten Themen unserer Zeit auseinanderzusetzen.