Der Hessische Film- und Kinopreis 2014 in Frankfurts Alter Oper am 10. Oktober, Teil 7
Claudia Schulmerich und Robert Matta
Frankfurt(Weltexpresso) – Diese beiden Auszeichnungen waren schon im Vorhinein bekannt, die für den Filmliebling des Ministerpräsidenten Bouffier und für die Beste Literaturverfilmung, ausgesucht von Juergen Boos, Chef der Frankfurter Buchmesse. Seine Wahl fiel auf THE MOST WANTED MAN vom Niederlänger Anton Corbijn, nach John le Carrés MARIONETTEN.
Iris Berben war da, Anton Corbijn nicht. Das aber machte Herbert Grönemeyer wett, der das Schreiben des dankbaren Preisträgers gegen Ende des Abends vorlas. Daß er Corbijn vertrat, dafür gibt es vielerlei Gründe. Gemach. Davor aber war viel Holz, wie man so sagt, denn es gibt – was ja nicht schlecht ist – viele Preise zu vergeben, deren Sieger erst an diesem Abend bekannt gegeben wurden. Zu den verschiedenen Preiskategorien wurden im Vorfeld jeweils drei nominiert und es ist redlich, dem Publikum alle drei vorzustellen, in Wort und bewegtem Bild, aber es dauert halt. Der Reihe nach.
Es war ein kleines Vierteljahrhundertjubiläum, der Hessische Film- und Kinopreis in diesem Jahr, was zur Begrüßung der Hessische Minister für Wissenschaft und Kunst referieren durfte. Er stellte den Film sogar als das wesentliche Merkmal seiner Ministertätigkeit vor, sprich, daß er in dieses Medium auch als Landespolitiker Besonderes investiere, eben nicht nur Geld, sondern sein und des Hauses Engagement. Großer Beifall im vollgefüllten Saal der Alten Oper. Aber auch seine Aussage: „Doch wir wollen und können noch besser werden!“ wurde heftig beklatscht. Für die verschiedenen Filmförderungen, die bisher in Hessen vereinzelt sind, will der Minister bis Januar 2016 ein gemeinsames Dach in einer Film- und Medien GmbH geschaffen haben.
Eingeleitet wurde der Preissegen dann mit himmlischen Fanfaren. Die beiden Moderatoren des Abends, Carsten Strauch und Rainer Ewerrien, hatten im letzten Jahr den Hessischen Fernsehpreis erhalten und den Deutschen dazu, weil ihre himmlischen Göttinen, die sie verkörpern – und die selbstverständlich auf Hessisch, genauer auf Offenbächerisch durch Carsten Strauch, und auf Frankforterisch durch Rainer Ewerrien babbeln – das Geschehen auf der Erde kommentieren, was nett anzusehen und zu hören war, aber eben dazu führt, daß der Abend wieder an die drei Stunden Preisvergabe führte.
Angefangen hatte der Abend dann mit der Bekanntgabe der Besten Schauspielerin, hier bringen wir aber zuerst das Ende. Denn für das Publikum waren diese beiden Preise der Höhepunkt, was man den Fans vor den Flügeltüren der Alten Oper schon angemerkt hatte, die vor allem Iris Berben im roten Abendkleid mit einer freien Schulter begrüßen wollten und echt stundenlang in strömendem Regen darauf gewartet hatten, daß ihr Star auf dem Roten Teppich vor ihnen entlangschreite. Was die 64jährige Dame mit Grandezza tat und dabei hervorragend aussah.
Volker Bouffier überreicht Iris Berben den Ehrenpreis des Hessischen Ministers, der ein ehrender Ehrenpreis, also nicht mit einem Preisgeld verbunden ist. Beifall erhielt er für seine Charakterisierung des Landes Hessen: „Wir haben kein Meer und haben keine Alpen. Aber an Hessen kommt keiner vorbei.“, weil jeder an die vollgestopften hessischen Autobahnen zu Ferienzeiten denken mußte. Er hatte in seiner Ansprache auch erwähnt: „Iris Berben macht sich mit großem persönlichen Ensatz gegen Antisemitismus stark. Mit Lesungen, Filmen und Reisen kämpft sie gegen das Vergessen des Holocuast und setzt sich für ein besseres Verständnis zwischen Deutschland und Israel ein.“ Die eigentliche Laudatio hielt Schauspielerkollegin Anna Maria Mühe, die mit ihr in STERNSTUNDEN IHRES LEBENS zusammenspielt, einem Film über die Frau, die die Gleichberechtigung ins Grundgesetz brachte und im Film von Iris Berben verkörpert wird. In Hessen erinnert der alle zwei Jahre vergebene Elisabeth-Selbert-Preis an diese herausragende Juristin. Was die Laudatio durch die jüngere Kollegin angeht, sind halt solche Ansprachen immer ein wenig für sich selbst mitgesprochen.Gleichwohl der Geehrten hat es gefallen.
Witziger geriet die Preisvergabe an Anton Corbijn für seinen THE MOST WANTED MAN, einem wirklich hervorragenden politischen Thriller, der neben der spannenden Geschichte, die in Hamburg spielt – John le Carré lebte in Deutschland und spricht das Deutsche perfekt - auch durch die schauspielerischen Leistungen überzeugt. Daruner auch Nina Hoss und weitere Deutsche, eben auch Herbert Grönemeyer, der zudem die Filmmusik komponierte und als Freund des auch als Fotografen berühmten Holländers dessen Zeilen verlas, da dieser bei der Hochzeit seiner Schwester nicht fehlen wollte. Von allen wurde im Zusammenhang mit diesem Film darauf verwiesen, daß es der letzte sei, in dem Philip Seymour Hoffman mitgespielt hatte. Er hat auf anrührende Weise die Rolle des deutschen Geheimdienstlers gegeben, der das Gute und Richtige im Sinn hat, vom amerikanischen Geheimdienst aber genauso gelinkt wird wie von den deutschen Diensten.
Herbert Grönemeyer nahm zwar den Preis für den Regisseur entgegen, aber zuvor hatte Dieter Kosslick, Berlinale Chef, das Sagen. Und der neigt zum Witzigsein, ohne daß dies auf Kosten des Niveaus geht. Mit Hamburg hatte er auch schon zu tun, denn einst brachte er deren Filmförderung auf Vordermann. Zeit zu erwähnen, daß Teile des Films auch in Berlin spielen, nur leider nicht in Frankfurt, wo das Thema vom Schläfer, besser dem potentiellen Schläfer auch gut angesiedelt wäre, vor allem, was die Banken angeht, denn eine gewisse Privatbank spielt durchaus auch eine Rolle. Fortsetzung folgt.
INFO:
III EHRENPREIS DES HESSISCHEN MINISTERPRÄSIDENTEN
Preisträgerin: Iris Berben
Preisgeld: undotiert
Laudatio: Anna Maria Mühe
Ministerpräsident Volker Bouffier zu seiner Entscheidung:
„Sie hat über Jahrzehnte hinweg ihr Publikum mit ihrem Talent und ihrer Schauspielkunst in unzähligen Rollen begeistert. Ihr Name ist verbunden mit glanzvollen Stunden großer Film- und Fernsehunterhaltung, mit der sie Generationen beeindruckt, erfreut, erheitert, mitgerissen und unterhalten hat. Dabei denke ich an ihr großes Comedy-Talent an der Seite des unvergessenen Diether Krebs in der Serie ‚Sketchup‘, ich erinnere mich an die große Familien-Saga ‚Die Guldenburgs‘, und ich denke natürlich sozusagen an Iris Berbens ‚Zweites Ich‘, die Rolle der Kommissarin ‚Rosa Roth‘, die sie seit vielen Jahren eindrucksvoll und einfühlsam verkörpert. Große Anerkennung und meinen Respekt zolle ich Iris Berben aber auch für ihr gesellschaftliches Engagement gegen Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und rechte Gewalt sowie für ihr Engagement für die Hebräische Universität Jerusalem und auch für ihren Fonds für Gehirnforschung.“
IV BESTE INTERNATIONALE LITERATURVERFILMUNG
Preisträger: Anton Corbijn für A MOST WANTED MAN
Preisgeld: 10.000 Euro
Laudatio: Dieter Kosslick
Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, zu seiner Entscheidung:
„In ‚A Most Wanted Man‘ erzählt Anton Corbijn die Geschichte einer Verschwörung internationaler Antiterrorspezialisten. Er wagt damit eine dezidierte Interpretation des weltweiten ‚Geschäfts‘ der Terrorbekämpfung, das John le Carré so fulminant zeichnet. Anton Corbijn hat für den in seiner Narration anspruchsvollen und komplex strukturierten Roman eine bemerkenswerte Bildsprache gefunden. Licht und Schatten liegen in ‚A Most Wanted Man‘ nah beieinander: Luxus, Elend und die Brutalität Hamburgs, das intrigante, gefährliche Spiel der Agenten sind sorgfältig in Szene gesetzt. Die Schauspielertruppe verleiht der Erzählung eine geradezu gespenstische Authentizität, insbesondere der herausragende Philip Seymour Hoffman brilliert in einer seiner letzten Rollen. ‚A Most Wanted Man‘ ist ein fesselnder und nachdenklich stimmender Film, der lange nachklingt.“
Regie: Anton Corbijn, Drehbuch: Andrew Bovell, nach dem Roman „Marionetten“ von John le Carré, Ullstein Buchverlage, Berlin
Darsteller: Philip Seymour Hoffman, Rachel McAdams, Grigoriy Dobrygin, Willem Dafoe, Robin Wright, Nina Hoss, Daniel Brühl, Franz Hartwig, Kostja Ullmann, Martin Wuttke, Herbert Grönemeyer