Filmreihe mit Dokumentationen der in diesem Jahr verstorbenen Regisseure Michael Glawogger ...bis Samstag, 22. November im Deutschen Filmmuseum Frankfurt
Helga Faber
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Der Österreicher Michael Glawogger, der Schweizer Peter Liechti und der Deutsche Harun Farocki – drei (Dokumentar-)Filmemacher, die vieles gemeinsam hatten: einen sehr persönlichen Blick auf die Welt, die Suche nach immer neuen Ausdrucksformen, die Freude am filmischen Experiment sowie am Ausprobieren verschiedener filmischer Formen und Genres, einen unabhängigen Geist und die grenzenlose Lust am Filmemachen.
Alle drei sind in diesem Jahr viel zu früh gestorben – und hinterlassen eine große Lücke in der Filmlandschaft. Zur Erinnerung an diese filmischen Grenzgänger zeigt das Kino des Deutschen Filmmuseums im November eine Auswahl ihrer Werke. Eine schnelle und überaus angemessene Reaktion des Deutschen Filmmuseums, das damit wieder einmal seine cineastische Bedeutung beweist.
MICHAEL GLAWOGGER
Der 1959 im österreichischen Graz geborene Michael Glawogger war ein reisender Filmemacher: Für seine Projekte war er in der ganzen Welt unterwegs und pendelte zwischen verschiedenen filmischen Formen und Genres, zwischen Fotografieren, Filmen und Schreiben hin und her.
Nach einem Studium am San Francisco Art Institute und an der Wiener Filmakademie arbeitete er als Regisseur, Autor und Kameramann, drehte eigene Filme, war aber auch in unterschiedlicher Funktion an Filmen befreundeter Regisseure beteiligt. Seine Arbeiten – von Literaturverfilmungen über skurrile Komödien bis hin zu Experimental-, Essay- und Dokumentarfilmen – zeichnen sich durch ein breites Themenspektrum aus, wurden auf vielen Festivals weltweit gezeigt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
Michael Glawogger brach Ende 2013 zu einer weltumspannenden Reise auf, um – ohne Drehbuch – an seinem nächsten Projekt UNTITLED – FILM OHNE NAMEN zu arbeiten und von seinen Erlebnissen in einem täglichen Blog zu berichten. Er starb im April 2014 während dieser Reise. Schon gelaufen sind:
Samstag, 1. November, 20:30 Uhr; Dienstag, 4. November, 18 Uhr
WHORES’ GLORY
Österreich/Deutschland 2011. R: Michael Glawogger
Dokumentarfilm. 118 Min. Blu-ray. OmU
Mit WHORES’ GLORY drehte Michael Glawogger ein filmisches Triptychon über die Prostitution: In Thailand warten Frauen hinter Glasscheiben auf Männer und sehen dabei sich selbst. In Bangladesch gehen Männer in ein Ghetto der Liebe, um ihre unerfüllten Sehnsüchte an gefangenen Mädchen zu stillen. In Mexiko beten Frauen zu einem weiblichen „Tod“, um die Wirklichkeit nicht sehen und spüren zu müssen.
Vorfilm: HAIKU. Österreich 1987. R: Michael Glawogger. 3 Min. 35mm
Sonntag, 2. November, 17:30 Uhr
WORKINGMAN’S DEATH
Österreich/Deutschland 2005. R: Michael Glawogger
Dokumentarfilm. 122 Min. DCP. OmU
In fünf Kapiteln entfaltet sich ein Panorama der körperlichen Schwerstarbeit im 21. Jahrhundert: Michael Glawogger zeigt Arbeiter in illegalen Kohleminen in der Ukraine, in einer Stahlfabrik in China und Schwefelarbeiter in Indonesien. Die imposanten Bilder, die Szenen aus einer im Westen nicht gekannten Arbeitswelt zeigen, kann man so schnell nicht mehr vergessen.
Mittwoch, 5. November, 20:30 Uhr; Donnerstag, 6. November, 17:45 Uhr
MEGACITIES
Österreich/Schweiz 1998. R: Michael Glawogger
Dokumentarfilm. 94 Min. DCP. OmU
Metropolen sind zugleich Faszinosum und Moloch. Mit diesem Widerspruch müssen sich die Bewohner von Bombay, New York, Mexiko-Stadt und Moskau auseinandersetzen. In einer experimentell-poetischen Reise zeigt MEGACITIES Menschen, die den täglichen Kampf ums Überleben mit Einfallsreichtum, Witz und Würde führen und von einem besseren Leben träumen.
Vorfilm: STREET NOISE. US 1982. R: Michael Glawogger. 9 Min. 16mm. OF
Freitag, 7. November, 18 Uhr
KINO IM KOPF
Österreich 1996. R: Michael Glawogger. Dokumentarfilm. 87 Min. BetaSP
ZUR LAGE (Episode „Eine Reise“)
Österreich 2002. R: Michael Glawogger. Dokumentarfilm. 20 Min. 35mm
In KINO IM KOPF erzählen Regisseure wie Hans Weingartner, Hans Herman Fink, Susanne Strobl, Richard Blue Lormand und Boris Schafgans, was für einen Film sie gerne einmal drehen würden. In einer wilden und äußerst amüsanten Collage ist so ein „kriminal-erotischlyrisches- experimentalvampir-fantasy-horror-soap-splatter-trash-roadmovie-Melodrama, getarnt als Dokumentarfilm“ entstanden. Der Kompilationsfilm ZUR LAGE, eine Gemeinschaftsarbeit von Barbara Albert, Michael Glawogger, Ulrich Seidl und Michael Sturminger, ist der Versuch einer filmischen Landvermessung Österreichs nach der Regierungswende 2002. In der Episode „Eine Reise“ umrundet Michael Glawogger sein Heimatland per Anhalter in 23 Tagen.
Sonntag, 9. November, 20:30 Uhr
KATHEDRALEN DER KULTUR
Deutschland/USA/Norwegen/Russland/Frankreich 2014. R: Wim Wenders, Michael Glawogger, Michael Madsen, Robert Redford, Margreth Olin, Karim Aïnouz. Dokumentarfilm. 156 Min. DCP. 3D. DF
In KATHEDRALEN DER KULTUR porträtieren die Regisseure Karim Aïnouz, Michael Glawogger, Michael Madsen, Margreth Olin, Robert Redford und Wim Wenders sechs für sie ganz besondere architektonische Bauwerke und erzählen von den Architekten, den Baumeistern und den Menschen, die in den Gebäuden leben und arbeiten. In seinem Beitrag widmet sich Michael Glawogger der Russischen Nationalbibliothek in St. Petersburg, die 1814 eingeweiht wurde.
INFO:
WHORES´ GLORY
Samstag, 1. November, 20:30 Uhr
Dienstag, 4. November, 18 Uhr
WORKINGMAN´S DEATH
Sonntag, 2. November, 17:30 Uhr
MEGACITIES
Mittwoch, 5. November, 20:30 Uhr
Donnerstag, 6. November, 17:45 Uhr
KINO IM KOPF
Freitag, 7. November, 18 Uhr
KATHEDRALEN DER KULTUR
Sonntag, 9. November, 20:30 Uhr