Filmreihe mit Dokumentationen der in diesem Jahr verstorbenen Regisseure...Harun Farocki ... bis Samstag, 22. November im Deutschen Filmmuseum Frankfurt
Hans Weißhaar
Berlin (Weltexpresso) – Diesen Regisseur kannten wir besser als die beiden anderen, die in dieser Filmreihe geehrt werden, was auch daran liegt, daß sich Harun Farocki hierzulande direkt ins Geschehen einmischte und – ungefragt – seinen Kommentar abgab zu Vorgängen, zu denen er die richtigen Bilder und Worte fand.
HARUN FAROCKI
Harun Farocki, geboren am 9. Januar 1944 im heutigen Tschechien, war Autor, Regisseur, Kameramann und Produzent von Dokumentar-, Essay-, Video- und Spielfilmen, Medientheoretiker und -künstler, Redakteur und Dozent – und einer der einflussreichsten Filmemacher seiner Generation. Seine Arbeiten finden international große Beachtung und Wertschätzung. 1966 begann Farocki sein Studium im ersten Jahrgang der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin und drehte erste politische Kurzfilme.
Von 1972 an war er Autor und von 1974 an Redakteur der “Filmkritik”. Kontinuierlich arbeitete Farocki hinter sowie vor der Kamera und war von 1995 an in unterschiedlichen Funktionen an allen Spielfilmen von Christian Petzold beteiligt. Harun Farockis Filme oszillieren immer wieder zwischen Experimental-, Dokumentar- und Essayfilm, wobei Gegenwart und Haltung des Filmemachers stets spürbar bleiben. Die von ihm und seiner Frau Antje Ehmann konzipierte Ausstellung „Eine Einstellung zur Arbeit“ war in diesem Jahr bei der Ruhrtriennale zu sehen. Harun Farocki starb am 30. Juli 2014 im Alter von 70 Jahren.
Mittwoch, 12. November, 20:30 Uhr
DIE WORTE DES VORSITZENDEN
Deutschland 1967. R: Harun Farocki. Dokumentarfilm. 2 Min. 16mm
NICHT LÖSCHBARES FEUER
Deutschland 1969. R: Harun Farocki. Dokumentarfilm. 23 Min. 16mm. OmeU
LEBEN – BRD
Deutschland 1990. R: Harun Farocki. Dokumentarfilm. 83 Min. 16mm. OmeU
Das Programm zeigt zwei frühe Agitprop-Filme Harun Farockis und einen Essayfilm. In DIE WORTE DES VORSITZENDEN wird aus einer Seite der „Mao-Bibel“ ein Pfeil gefaltet und geworfen. NICHT LÖSCHBARES FEUER ist laut Medienwissenschaftler Klaus Kreimeier der „wichtigste Agitprop-Film der Vietnam-Bewegung“. Anhand einer Vielzahl von Schulungs-, Übungs- und Simulationsszenarien dokumentiert LEBEN – BRD das gesellschaftliche Bedürfnis, den Alltag planbar und mögliche Risiken durch deren Simulation kontrollierbar zu machen.
Freitag, 14. November, 18 Uhr
ERKENNEN UND VERFOLGEN
Deutschland 2003. R: Harun Farocki. Dokumentarfilm. 58 Min. Video. OmeU
ERNSTE SPIELE
Deutschland 2011. R: H. Farocki. Dokumentarfilm. 45 Min. Video. Engl. OmeU
Im Zentrum von ERKENNEN UND VERFOLGEN stehen die Fernsehbilder des Golfkriegs von 1991, in denen Aufnahmen von Kameras zu sehen sind, die an Projektilen befestigt waren. „Solche Bilder werden militärisch erzeugt und ebenso kontrolliert. Man baut den Projektilen Kameras ein, um sie aus der Distanz steuern zu können. [...] Der heutige, hochtechnische Krieg rechnet nicht auf den Menschen, nimmt die menschlichen Opfer höchstens billigend, sogar missbilligend, in Kauf.” (Harun Farocki). In ERNSTE SPIELE setzt sich Harun Farocki mit der Verwendung von Computerspiel-Technologien zur Ausbildung amerikanischer Soldaten auseinander.
Samstag, 15. November, 20:30 Uhr
EIN BILD
Deutschland 1983. R: Harun Farocki. Dokumentarfilm. 25 Min. 16mm. OmeU
DIE SCHÖPFER DER EINKAUFSWELTEN
Deutschland 2001. R: Harun Farocki. Dokumentarfilm. 72 Min. Video. OmeU
EIN BILD dokumentiert die Herstellung eines aufklappbaren Pin-Up-Fotos für das Magazin „Playboy”. DIE SCHÖPFER DER EINKAUFSWELTEN zeigt nüchtern die Entstehung einer Shopping-Mall und beleuchtet so die zugrunde liegenden Marketingstrategien. Während jeder Phase der Planung zielen die Entscheidungsprozesse von Architekten, Analytikern, Konsumdesignern und Beratern darauf ab, ein möglichst lukratives Konsumentenklima zu schaffen. Selbst die Warenanordnung in den Regalen wird streng nach wissenschaftlichen Kriterien organisiert. Durch kundenfreundliche Erlebniswelten soll das Einkaufen zum selbstverständlichen und alltagskulturellen Akt werden.
Sonntag, 16. November, 18 Uhr
AUFSCHUB
DE 2007. R: H. Farocki. Dokumentarfilm. 40 Min. Video. OF mit engl. ZT
ZWISCHEN ZWEI KRIEGEN
Deutschland 1978. R: Harun Farocki. D: Peter Fitz, Hildegard Schmahl, Jeff Layton, Michael Klier, Hartmut Bitomsky. 83 Min. 16mm. OmeU
AUFSCHUB zeigt historische Aufnahmen des Durchgangslagers Westerbork, das die Nazis 1938 in den Niederlanden eingerichtet hatten und das als Übergangsstation für die Deportation niederländischer Juden in andere Konzentrations- und Vernichtungslager diente. In dieses Lager wurden 1944 auch Anne Frank und ihre Familie gebracht, ehe sie nach Auschwitz deportiert wurden. Harun Farockis erster Langspielfilm ZWISCHEN ZWEI
KRIEGEN widmet sich der Zeit der Hochöfen von 1917 bis 1933, der Entwicklung der Schwerindustrie und ihren Zusammenhängen mit dem Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg.
Sonntag, 23. November, 18 Uhr
NICHT OHNE RISIKO
Deutschland 2004. R: Harun Farocki. Dokumentarfilm. 50 Min. Video. OmeU
ZUM VERGLEICH
DE/AT 2009. R: Harun Farocki. Dokumentarfilm. 61 Min. DigiBeta
In NICHT OHNE RISIKO werden die Mechanismen des Risikokapitals (engl. Venture Capital, kurz VC) erklärt: „Banken geben Geld nur gegen Sicherheiten. Wer die nicht hat, muss sich an VC-Gesellschaften wenden, und zahlt dafür 40 Prozent Zinsen. Mindestens. Wir hatten bei den verschiedensten Firmen Aufnahmen gemacht [...]. Dann aber beschränkten wir uns auf eine einzige Verhandlung an nur zwei Tagen“ (Harun Farocki).
ZUM VERGLEICH zeigt die Arbeitsabläufe bei der Ziegelsteinproduktion in Burkina Faso, Indien, Frankreich und Deutschland – von der Handarbeit bis zur maschinellen Herstellung, von der kleinsten Baueinheit bis zum fertigen Bauwerk.
Foto: Bild: © Festival del film Locarno 1998
INFO:
LEBEN – BRD
Mittwoch, 12. November, 20:30 Uhr
ERKENNEN UND VERFOLGEN
Freitag, 14. November, 18 Uhr
Sonntag, 16. November, 18 Uhr
AUFSCHUB
ZWISCHEN ZWEI KRIEGEN
Deutschland 1978. R: Harun Farocki.
DIE SCHÖPFER DER
EINKAUFSWELTEN
Samstag, 15. November, 20:30 Uhr
THÉATRE DE L´ESPÉRANCE
Mittwoch, 19. November, 18 Uhr
ZUM VERGLEICH
Sonntag, 23. November, 18 Uhr