Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 20. November 2014. Teil 2 

 

Corinne Elsesser 

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Aus der Ferne betrachtet könnte man sich die Schweiz durchaus als ein Traumland vorstellen. Für die junge Mia (Luna Zimi? Mijovi?) mag das verlockend gewesen sein. Sie kam aus dem fernen Bulgarien nach Zürich - und strandete bitterlich.

 

TRAUMLAND

 

Als eine von vielen verführten und schließlich verkauften jungen Osteuropäerinnen muß sie unter Zwangsbedingungen am Zürcher Hauptbahnhof anschaffen gehen. Der Film von Petra Volpe mutet auf den ersten Blick wie eine Dokumentation über das Rotlichtmilieu in Zürich an, so lebensnah werden die Personen in ihrer unmittelbaren Umgebung geschildert. Alle haben ihre Sehnsüchte und Träume und alle kommen auf die eine oder andere Weise in Kontakt mit der Prostituierten Mia. Und hier beginnt der Spielfilm. Er schildert das Traumland von seiner Kehrseite.

 

In ihrem Apartment in einem anonymen Hochhaus versucht Mia mit bunten Tüchern und romantischer Beleuchtung ein wenig heimatliche Gemütlichkeit herzustellen. Doch die Wohnung ist auch ihr Arbeitsplatz, an dem sie Freier empfängt und streng überwacht wird von ihren Zuhältern.

 

 

 

Im Laufe eines Weihnachtsabends trifft sie auf verschiedene Menschen. Rolf (André Jung) ist geschieden und sucht sie als Freier auf. Er wünscht sich nichts sehnlicher, als Heiligabend mit seiner Tochter zu verbringen, die sich seit seiner Scheidung von ihm abgewendet hat. Die Witwe Maria (Marisa Paredes) wohnt im gleichen Haus wie Mia und äußert sich nur abfällig über die vielen Ausländer, wobei sie doch selbst einst aus Spanien eingewandert war. Auch sie hat ihre Träume und faßt an diesem Abend den Mut, ihren Bekannten zu einem romantischen Abendessen einzuladen.

 

 

 

Und Lena (Ursina Lardi), die gutsituiert mit ihrer Familie am Stadtrand lebt, trifft letzte Vorbereitungen für das Weihnachtsfest. Doch die Fassade bröckelt, als ihr kleiner Sohn auf dem Rücksitz des Autos ein Päckchen Gleitmittel findet. Ihr Ehemann bleibt eine Antwort schuldig und so macht sie sich auf ins Milieu, um herauszufinden, was ihn dort antreibt. Gleitmittel erhalten die Straßenmädchen in der Sozialstation am Hauptbahnhof, wo sie sich immer wieder einmal aufwärmen können. Die Sozialarbeiterin Judith (Bettina Stucky) kümmert sich um die Gestrandeten. Auch sie hat ihre Träume. Heimlich empfängt sie Freier in einem Hotelzimmer.

 

 

 

Als Mia schließlich wegzulaufen versucht, lässt sie der lange Arm ihrer Zuhälter nicht weit kommen. Selbst Rolf, der ihr als Freier doch nahe war, weist sie im realen Leben schroff ab.

 

 

 

Für ihre Charaktere konnte die Regisseurin, die an der HFF Konrad Wolf in Berlin-Babelsberg studierte, tatsächlich auf reale Vorbilder zurückgreifen. Sie lebte lange im Züricher Rotlichtviertel und recherchierte dort über Jahre. Ihre Erfahrungen bilden den Hintergrund des Films, der nicht zuletzt durch die Kameraführung von Judith Kaufmann (Zwischen Welten, Zwei Leben) beeindruckend an Authentizität gewinnt. Die Geschichte kontrastiert das Dasein der Prostituierten mit den gesicherten Lebensverhältnissen gutsituierter Bürger. Doch das Leben hat auf beiden Seiten seine Härten und von einem Traumland ist jeder gleich weit entfernt.

 

 

 

Info:

 

Traumland

 

Regie: Petra Volpe

 

Schweiz, 2014