Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 22. Januar 2015, Teil 2
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - Der neue Film des Regisseurs Sinan Akku? erzählt die Geschichte von drei deutsch-türkischen Brüdern in Frankfurt, die nicht erwachsen werden wollen und zeigt „3 Türken und ein Baby“ ohne Türken. Kein großes Kino, aber lustig.
3 TÜRKEN UND EIN BABY
Nach seiner Erfolgskomödie „Evet – ich will“ machte der türkischstämmige Filmemacher Akkuş eine Pause, weil er eine Tochter bekam. Als seine Produzenten anfragten, welches Thema ihn interessieren könnte, meinte er: „Na ja, so was wie drei Türken und ein Baby.“ Daraus entstand der gleichnamige Film.
Die drei Yildiz-Brüder leben in der Wohnung ihrer gestorbenen Eltern in Frankfurt am Main und schlagen sich mühselig mit dem geerbten Brautmodeladen „Istanbul“ durch. Der dicke Sami (Kida Ramadan) findet keine Frau, flippt bei jeder Kleinigkeit aus und macht einen Anti-Gewaltkurs. Mesut (Eko Fresh) spielt in einer Hillbilly-Kapelle in der Frankfurter B-Ebene und versucht ein guter Muslim zu werden. Celal (Kostja Üllmann) begegnet zufällig seiner alten Liebe Anna (Jytte-Merle Böhmsen), die jetzt ein Kind hat und nichts mehr von ihm wissen will.
Während des Treffens wird sie von einem Auto angefahren, fällt ins Koma und Celal hat plötzlich die einjährige Nala (Clara) im Arm. Es gelingt ihm nicht, das hinreißende kleine Mädchen loszuwerden, „Sie haben Ihr Kind vergessen!“, rufen ihm überall die Leute hinterher. Eine anatolische Krankenschwester ermuntert ihn auf der Unfallstation: „Wir Türken können doch gut mit Babys umgehen.“ Celal hat gerade den Schmuck der Mutter versetzt, um die Mietschulden für den Laden zu bezahlen. Doch das Geld reicht nicht, gemeinsam mit dem Baby verzockt er alles im Spielcasino.
Weil Annas Angehörige nicht zu erreichen sind, nimmt er Nala mit in die Chaos-WG. Wie zu erwarten, verändert die Kleine das Leben aller Brüder. Doch die Geldnot bleibt, Celal versucht es im Escort-Service für ältere Damen, mit Nackttanz in einer Bank...
Nach unerwarteten Wendungen geht die Geschichte gut aus. Der Film ist wahrlich kein „großes Kino“, aber es gibt viel zu lachen. Mal sind die Jokes intelligent, beispielsweise wie Celal alte Damen becirct oder der fromme Mesul dem Baby ein Kopftuch verpasst. Manchmal sind sie eher flach: „Ihr könnt ruhig im Stehen pinkeln“, sagt der Anti-Gewalt-Trainer, nachdem er die obdachlos gewordenen Brüder plus Baby aufnimmt. „Wie soll man denn sonst pinkeln?“, fragt Sami. Oder Celal bestellt einen Café Latte. „Den gibt’s jetzt auch vegan“, meint die Bedienung. „Hä? War da sonst Fleisch drin?“, fragt Celal verwundert.
„3 Türken und ein Baby“ spielt im hippen Frankfurt-Sachsenhausen ohne dass Türken vorkommen. Der Film trägt das Türkische nur im Titel und ist eine, im besten Sinne, „post-migrantische“ Komödie. Denn als Filmfiguren (und im wirklichen Leben) sind die Yildiz-Brüder Deutsche: Ramadan und Fresh sind, ebenso wie der Regisseur, Migrantenkinder (Ullmann hat sich während der Dreharbeiten zum türkischen Üllmann gemacht). Sie alle müssen sich hier nicht „integrieren“, doch sie sind ebenfalls mit der Kultur ihrer Eltern verwoben. Durch solche Menschen, die in mehreren Kulturen zu Hause sind, hat sich die Bundesrepublik in den letzten Jahrzehnten stark verändert: Deutsche, deren Vorfahren keine Deutsche waren, gestalten auch unser Land. In diesem, weiter andauernden Prozess, knallen immer noch recht unterschiedliche Lebensstile und Werte aufeinander - davon lebt diese schräge Culture-Clash-Komödie.
„3 Türken und ein Baby“, D 2014, Filmstart 22. Januar 2015
Regie: Sinan Akkuș mit Kostja Üllmann, Kida Ramadan, Ekrem Bora a.k.a. Eko Fresh, Jytte-Merle Böhmsen und anderen, Kinostart: 22.01.2015
Foto:
Celal (Kostja Ullmann) kann in der Unfallstation das Baby Nala (Clara) nicht loswerden
(C) 2014 Egoli Tossell Film, Wild Bunch Germany, Foto: Vanessa Fuentes