MITTENDRIN. Persönliches Tagebuch der BERLINALE 2015 vom 5. bis 15. Februar, Tag 9
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - Kampfszenen und Liebesschmalz mit schönen chinesischen Menschen zu exotischer Musik. Ein visuelles Chaos zwischen Peking-Oper und Traumwelt. Trotz deutscher Untertitel verstehe ich - nichts. Ich traue mich nicht zu gehen, weil ich mitten in der Reihe sitze.
Nach zwanzig Minuten bringen mich die grellbunten Farben, der Rhythmus des Films, die exotische Sprache in eine Art Trancezustand: „Manchmal lohnt sich das Warten!“.
Dieser Wettbewerbsbeitrag wirkt, bei nüchterner Erinnerung, wie viele aneinandergereihte Kurzfilme. Auch die haben als „Shorts“ auf der Berlinale ihren eigenen Wettbewerb, obwohl sie als Vorfilme im Kino keine Rolle mehr spielen. Längst wurden sie durch Werbung für neue Filme („Trailer“) und sonstige Waren oder Musikclips ersetzt. Gestern machte ich mir einen Kurzfilmtag und sah einige interessante Clips – verträumte, realistische, ungewöhnliche. Andere waren eher langweilig, unansehnlich, wenig überzeugend. Doch zum Glück wusste ich jeweils, das ist in wenigen Minuten vorbei, danach kommt der nächste Clip:
Ein Vater trifft seinen Jungen, sie sind sich fremd, reden, schweigen, boxen, nähern sich an. Dann ist die Sprechstunde im Gefängnis vorbei.
Oder Hochhausbilder, Stadtlandschaften, unfertige Gebäude aus denen seltsame organische Gebilde quellen und wieder zerfließen.
Kurzfilme erzählen mit sehr unterschiedlichen Mitteln Geschichten oder sind rein formale Experimente. Meist liegt ihnen nur eine Idee zugrunde, die in kürzester Zeit realisiert wird, auf Seitenwege und Rückblenden wird verzichtet. Es wäre hilfreich für uns Zuschauer, wenn sich manche Filmemacher lieber mit diesem Format für ihre schlichten Ideen und blassen Bilder begnügen könnten.
Jedoch ist das kein Plädoyer für kurze Filme, <<<denn ich habe auf der Berlinale viele hervorragende „Langfilme“ gesehen – und noch das ganze Kinowochenende vor mir.>>>