MITTENDRIN. Persönliches Tagebuch der BERLINALE 2015 vom 5. bis 15. Februar, Tag 5

 

Hanswerner Kruse

 

Berlin (Weltexpresso) - Ein quietschender Eber wird von den zwei Maya-Frauen zur Sau gezerrt, dann wird die jüngere Frau zu Verhandlungen für ihre Hochzeit geschmückt. Sau und Braut wollen nicht so recht und bekommen ordentlich Schnaps aus der Flasche.

 

Eine Szene aus dem Wettbewerbsbeitrag „Ixcanul“, den der weiße Regisseur – auf der Pressekonferenz - zum „indigenen Film“ über die Nachfahren der Mayas in Guatemala erklärte.

 

Seit einigen Jahren werden indigene Werke, also Filme über die ursprünglichen Bewohner vieler Länder, sogar in einer eigenen Reihe auf der Berlinale gezeigt. Die Sparte „NATIVe“ will das Wissen, die Traditionen und die Kultur aussterbender Völker zeigen.

Natürlich werden den Eingeborenen keine Kameras zum Experimentieren in die Hand gedrückt, sondern indigene Filmemacher selbst versuchen die Lebensart ihrer Völker cineastisch zu bewahren.“

 

Auch in den anderen Bereichen der Berlinale laufen solche Filme, in denen nicht-indigene Regisseure sich des Themas annehmen. Ein anderer Wettbewerbsfilm des Wochenendes, der faszinierende Dokumentarfilm „Perlmuttknopf“ verdeutlichte das Leben der frühen Wasservölker in Patagonien (Chile), die von Siedlern fast vollständig ausgerottet wurden. „In ihren Augen waren wir Ungeheuer“, sagt ein Patagonier.

 

Ganz behutsam stellt der Film auch Zusammenhänge zwischen diesem Genozid und den vielen, im Militärputsch in Chile ermordeten Menschen her, die im Meer versenkt wurden: „Sie wurden Opfer einer Gewalt, die die Indianer schon erlebt hatten.“

 

Zum Schluss des Films heißt es: „Das Wasser hat nicht nur ein Gedächtnis, es hat auch eine Stimme. Wenn man ganz nahe herangeht, kann man die Stimmen der Indianer und der Verschwundenen hören.“