Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. März 2015, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das alles spielt in naher Zukunft, und obwohl es vor Technikkitsch nur so schmalzt, haben wir uns richtig gut unterhalten, wenn man mal die vielen Gewaltszenen vergißt. Denn, wenn ein Film darstellen will, daß Roboter Gefühle haben können, verirrt er sich, wenn er diese Maschinen dauernd durch Gewalt krepieren läßt.

 

CHAPPIE

 

Wir vergessen erst einmal die Vorgeschichte des Regisseurs Neill Blomkamp mit seinen Filmen DISTRICT 9 und ELYSIUM, in dem schon sehr viele Roboter vorkamen, aber nein, das geht nicht, denn er schreibt, daß er während des Drehens ständig die Musik von DIE ANTWOORD hörte und deren Video zu INTO THE NINJA angeschaut hat und „mir gedacht: Was im Namen Gottes ist das?' Aus dem Nichts kam mir dann die Idee, daß ich einen Film machen wollte, in dem die beiden Rapper einen Roboter-Säugling aufziehen. Es war total verrückt und ich bin echt überrascht, daß ich das Geld bekommen habe, um diesen Film zu drehen.“

 

Der Film wird sehr viel mehr als sein Geld einspielen, denn es wird sich herumsprechen, daß man sich amüsiert über die vielen klugen und auch komischen Ideen, mit denen die Menschen in dieser nahen Zukunft nicht nur die Tiere beseelen, sondern auch die Dingwelt und vor allem die Dinge, die sie technisch selber produzieren. Und jetzt sind wir schon mitten in der Geschichte, die in einem gewalttätigen Südafrika spielt, konkret in der Verbrecherstadt Johannesburg. Es ist einer Roboterfirma gelungen, gegen die lokalen Gewalttäter Polizeiroboter, die Scouts genannt werden, herzustellen und einzusetzen, die in gewaltiger Größe über die Menschen hinwegtrampeln, wenn diese sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen und das heißt, auf ihre Gewaltabsichten zu verzichten.

 

Den bisherigen Polizisten und auch dem in der Firma beschäftigten Soldaten Vincent Moore (Hugh Jackman) paßt das nicht, daß seelenlose Maschinen ihnen die Arbeitsplätze und das Leben wegnehmen. Er wird im Film der böse Mitarbeiter sein, während der Erfinder Deon Wilson (Dev Patel) der gute ist, denn ihm gelingt es nicht nur, die verletzten, beschädigten und aussortieren Polizei-Roboter zu heilen, sondern er wird erfolgreich sein, einem Roboter auch Gefühle und Wissen zu vermitteln. Dazu stiehlt er einen der ausgemusterten Roboter, dessen Akku leider nicht mehr all zulange hält, den aber der Erfinder sozusagen beseelt. Und nun kommen die oben erwähnten rappenden White-Trash-Kunstfiguren Ninja und Yo-Landi Visser von Die Antwoord ins Spiel.

 

Auf der Flucht vor der eigenen Firma – hier erscheint Sigourney Weaver als gewinnsüchtige und gewissenlose Chefin – bringt der Erfinder den von ihm programmierten Roboter zu den beiden, die erst lernen müssen, daß der Roboter noch ein Baby ist und man ihn viele Dinge lehren muß, bis er ein cleverer Kumpan wird, was natürlich die Frau wieder einmal viel besser kann als der herrschsüchtige und gewalttätige Mann, in Zukunft vom von ihnen Chappie (Sharlto Copley) getauften Roboter Mama und Papa genannt. Das führt wirklich zu irrsinnigen Szenen, stellen Sie sich die Gangsta-Rapper beim Erziehen vor, die ja selbst nicht erzogen agieren, aber als Eltern nun sich selbst anders verhalten müssen, Szenen, die so absurd wie genial sind, schräg einfach.

 

Genau, der ganze Film hat etwas Schräges, weil er Humor hat, was uns jetzt beim Schreiben auffällt, beim Schauen ist man ja viel zu konzentriert auf die Vorgänge. Was uns beim Zuschauen auch weniger auffiel als in der Nachbetrachtung, das ist, daß der eigentliche Konkurrenzkampf zwischen dem Erfinder, der also technisch den Roboter zu einem Wesen aufbaut, das ein Gewissen hat, Gefühle und Moralvorstellungen, und dem bösen Mann, der auch Chappie ans Leben will, längst nicht so interessant sind, wie all die Szenen, die in der Art Fabrikhalle spielen, wo der Konflikt für Chappie darin besteht, daß er emotional an den Eltern hängt, die sich von ihm die größten Vorteile beim Ausrauben von Banken und anderen Verbrechen versprechen, während ihm sein Erfinder als erstes eingebläut hatte, niemals mit seinen Robotermöglichkeiten etwas Böses zu tun.

 

Diese Auseinandersetzungen und die Tricks, die sich die 'Eltern' ausdenken, um 'ihren Jungen' dennoch zum Agieren im Bösen zu verführen, mag ja in die Rubrik „leicht zu unterhalten“ gehören, aber wir haben uns eben richtig gut unterhalten. Bleibt noch etwas dazu zu sagen, was wir mit Technikkitsch meinten. Das eben ist die andere Seite davon, wenn man Maschinen beseelt. Wenn dann ein Roboterbaby Mami und Papi braucht, wenn es traurig ist, wenn Familienidylle herrscht, wenn Tränen fließen, dann beinhaltet das eben auch ein Kitschpotential, das in jedem Familienfilm steckt, wenn es um Babys geht erst recht.

 

 

INFO:

 

Chappie

 

Neill Blomkamp, Regie

mit Sharlto Copley, Dev Patel, Yo-Landi Visser, Sigourney Weaver

Genre Sci-Fi , Action

Nationalität USA , Mexiko

1 Stunde 54 Minuten