8. LICHTER Filmfest Frankfurt International vom 17. bis 22. März, Teil 17
Klaus Hagert
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Inzwischen ist dieser Film, der seit seiner Premiere bei der Berlinale 2010 durch die Welt tourt, auch in Frankfurt angekommen, könnte man spöttisch sagen. Das ist nicht ganz richtig, denn es hat mehrere Aufführungen gegeben, doch der große Hype, der dieser Film andernorts ist, ist ihm in Frankfurt verwehrt.
Bisher verwehrt, muß man sagen, denn wir sind sicher, daß sich dieser Film trotz negativer Resonanz aus dem Fritz-Bauer-Institut auf Dauer auch in Frankfurt als der Film zeigen wird, der den Heutigen die Bedingungen aufzeigt, unter denen Demokraten in der Nachkriegszeit versuchten, die Schandtaten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die die Nationalsozialisten in deutschem Namen unternahmen, den Deutschen bewußt zu machen, Erklärungen dafür zu suchen und von Grund auf einen anderen Weg staatlicher Organisation und gesellschaftlichem Miteinanders zu wählen. Ein ideales Beispiel dafür ist einfach Fritz Bauer, den die Erfahrungen aus Verfolgung, Emigration und Rückkehr zu einem beispielhaften und leidenschaftlichen Einsatz für ein von Grund auf verändertes Deutschland in seiner Person brachte.
Lassen wir das Lichter Filmfest, in dessen Rahmen morgen, am Samstag um 13 Uhr der Dokumentarfilm FRITZ BAUER – TOD AUF RATEN im Cantatesaal unter Anwesenheit der Regisseurin Ilona Ziok und des Produzenten Manuel Göttsching läuft, sprechen:
„Fritz Bauer, hessischer Generalstaatsanwalt, Initiator der Frankfurter Auschwitzprozesse, Symbol der Auseinandersetzung mit unserer eigenen Vergangenheit – doch für seine Zeitgenossen pure Provokation. Als Kämpfer gegen Schweigen und Vergessen im Deutschland der Nachkriegsjahre war er für die damalige Bevölkerung ein rotes Tuch. „Wir haben verdrängt, um aus unseren Trümmern herauszukommen“, schreibt der Frankfurter Dichter Horst Bingel und bezeichnet damit das heute unvorstellbare Unwissen über Auschwitz. Zeit seines Lebens legte Bauer den Finger in diese Wunde und kämpfte gegen die Windmühlen des vorwärtsgewandten Optimismus der Wirtschaftswunderzeit, die vor dem Offensichtlichen die Augen verschloss und vom Holocaust nichts wissen wollte. Ilona Zioks beeindruckende Dokumentation, unterstützt von der Hessischen Filmförderung, ist für die Auseinandersetzung mit Bauer und der bundesdeutschen Vergangenheit ein absolutes Muss.“
Wir sind sicher, daß sich die Erinnerung an Fritz Bauer, die Ilona Zioks Film angestoßen und erreicht hat, fortsetzen wird. Denn dies ist bereits in vollem Gange. Der erste Spielfilm war dann im vorigen Jahr IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS, von Giulio Ricciarelli, der die Auschwitzprozesse zum Thema hat, der am selben Tag um 15.30 Uhr gezeigt wird. Der zweite Film von Lars Kraume ist längst abgedreht. DIE HEIMATLOSEN zeigt Burghart Klaußner als Fritz Bauer im Zusammenhang mit dem NS-Massenmörder Adolf Eichmann, dessen Gefangenennahme durch den israelischen Geheimdienst Fritz Bauer in Gang setzte. Ein dritter Film über Fritz Bauer entsteht in Berlin durch Nico Hofmann.
Das Thema und auch der Film werden uns begleiten.