Neu auf DVD und BluRay ab 27. März
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Paul (Jacques Gamblin) ist Anfang 50, Wartungsingenieur für Skilifte und hat gerade seine Arbeit verloren. Als er nach Hause kommt, beachtet er seinen Sohn Julien (Fabien Héraud) gar nicht. Julien ist 17 Jahre alt und sitzt mit einer spastischen Lähmung im Rollstuhl.
Paul ist immer noch sehr sportlich und kann seinen körperbehinderten Sohn nicht ansehen oder mit ihm sprechen. Juliens Mutter Claire (Alexandra Lamy) hat sich seit Jahren allein um ihn gekümmert. Er hat auch ein gutes Verhältnis zu seiner älteren Schwester Sophie (Sophie de Fürst), die aber nicht mehr zu Hause lebt. Er geht in die örtliche Schule für Behinderte, in der er viele Freunde hat, sein bester Freund ist Yohann (Pablo Pauly).
Eines Tages entdeckt Julien Zeitungsausschnitte seines Vaters, der Teilnehmer des Ironman France in Nizza war; zu selben Zeit findet er ein Bild im Internet von einem amerikanischen Vater, der mit seinem behinderten Sohn im Rollstuhl (Dick und Ricky Hoyt) einen Triathlon absolviert hat.
Julien möchte mit seinem Vater zusammen für den nächsten Ironman in Nizza trainieren, der traditionell im Juni stattfindet. Paul weigert sich und hält das ganze für eine Schnapsidee. Julien gibt nicht auf und nimmt sogar seine Klassenkameraden zu Hilfe, um Paul umzustimmen. Da alles nichts hilft, haut er eines Abends mit seinem Rollstuhl ab und wird später als sein Akku im Rollstuhl leer ist, von Paul und dessen Freund Sergio (Xavier Mathieu) an einer Autobahnraststätte aufgelesen. Julien will sich nicht von seinem Vater helfen lassen, sondern bittet Sergio, ihn in den Bus zu tragen.
Ein paar Tage später bastelt Paul ein Fahrrad mit einem Rollstuhl davor und beginnt mit Julien zu trainieren. Langsam nähern sich Vater und Sohn an. Jetzt beginnt allerdings Claire den beiden, Steine in den Weg zu legen, da sie das ganze Unternehmen für viel zu gefährlich hält. Als aber nach einem Fahrradunfall Vater und Sohn im Krankenhaus landen und Julien darauf besteht, dass sie weiter trainieren, gibt sie nach und wird später sogar das Training unterstützen.
Eines Abends entschließt sich Paul, beide zum Triathlon anzumelden, dort werden sie aber mit der Begründung abgelehnt, dass alle Behindertenplätze schon vergeben seien. Julien lässt die Absage aber nicht auf sich beruhen, sondern fährt mit seinem Freund Yohann nach Nizza und verlangt von den Organisatoren doch zugelassen zu werden. Er erhält einen "normalen" Startplatz.
Vater und Sohn trainieren den ganzen Winter durch, dabei hat Paul für Julien ein Schlauchboot fürs Schwimmen, ein Spezialrad fürs Radfahren und einen leichten Rollstuhl für den Marathon gebaut.
Als sie dann endlich in Nizza am Start stehen, ist ihnen klar, dass sie den Triathlon in weniger als 16 Stunden beenden müssen, da sie sonst disqualifiziert werden. Auch dürfen sie keine Hilfe von außen während des Wettkampfes annehmen.
Am Ende des Filmes haben die Vater und Sohn den Triathlon France trotz einiger Probleme (Julien scheuert sich die Hüfte an der Fahrradschale wund; Paul bricht kurz vor dem Ziel zusammen) gerade noch in der Mindestzeit geschafft und werden von ihrer Familie und Freunden begeistert begrüßt.
Filme über Behinderte sind nicht selten, seltener ist allerdings, dass Behinderte die Rolle übernehmen. Ausnahmen sind z.B. Marlee Matin, die gehörlos ist, und für ihre Rolle in "Gottes vergessene Kinder" (1986) mit einem Oscar ausgezeichnet wurde oder Gabrielle Marion-Rivard im franko-kanadischen Film "Gabrielle - (K)eine ganz normale Liebe" (2013), die selbst wie ihre Rolle das Williams-Beuren-Syndrom hat.
Fabien Héraud, der Darsteller des Julien sitzt im Rollstuhl, es gelingt ihm hervorragend, die Lebensfreunde, Sturheit und auch Selbstsicherheit der Filmrolle darzustellen. Auch Juliens Freunde werden von Körperbehinderten gespielt. Dies gibt dem Film einen authentischen Touch.
Dem Regisseur des Filmes, Nils Tavernier, gelingt ein weitestgehend klischeefreier Film, der nur gegen Ende etwas zu rührselig wird, wenn er zeigt, wie sich Paul aber auch Claire verändern, Julien sich abnabelt und deshalb die Familie wieder zusammen findet. Natürlich ist der Erfolg - also das Erreichen des Zieles - in einem solchen Sportfilm vorprogrammiert. Tavernier konnte beim Ironman in Nizza filmen, dies bringt eine große Authentizität in die Szenen, die während des Wettkampfes spielen. Der Zuschauer hat immer das Gefühl, dass Paul und Julien wirklich am Triathlon France teilnehmen.
Natürlich dürfen schöne Landschaftsaufnahmen von Dörfern aus der Haute-Savoie, einsamen Bergseen oder der Promenade von Nizza nicht fehlen, wenn Paul und Julien trainieren oder den Wettbewerb mitmachen. Trotzdem wirken die Szenen nie kitschig oder aufgesetzt. Besonders hervorzuheben ist, dass Jacques Gamblin einen großen Teil seiner Stunts selbst durchführte und dabei auch noch mit Fabien Héraud auf dem Tandemfahrrad kurvige Bergstraßen schnell herunterfahren musste.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Nils Tavernier mit seinem Film "Mit ganzer Kraft" ein sehenswertes Vater-Sohn-Drama geschaffen hat, das sowohl mit einigen Vorurteilen Behinderten gegenüber aufräumt als auch für Toleranz wirbt und so zu einem zwar recht vorhersehbaren, aber dennoch wunderschönen Film geworden ist.
Foto:
Paul (Jacques Gamblin) und Julien (Fabien Héraud) auf der Radstrecke beim Triathlon Franc, © Polyband Medien GmbH
Info:
Verkaufsstart von DVD und BluRay ist am 27. März 2015. Der Film kommt als deutsche Fassung und Originalfassung in den Handel, außerdem hat er eine Audiodeskription für Sehbeeinträchtigte. Untertitel sind in Deutsch und Deutsch für Hörgeschädigte. Tonformat auf DVD und BluRay ist Dolby Digital 5.1; das Bildformat ist 16x9 anamorph (1,85:1).
Extras sind ein Making-of (ca. 23 Min.) und der deutsche Kinotrailer.
Mit ganzer Kraft - Hürden gibt es nur im Kopf
Originaltitel: De toutes nos forces (Frankreich 2013)
Genre: Drama
Filmlänge: 90 Minuten
Regie und Drehbuch: Nils Tavernier
Darsteller: Jacques Gamblin, Fabien Héraud, Alexandra Lamy u.a.
Verleih: Polyband
FSK: ab 0 Jahren