8. LICHTER Filmfest Frankfurt International vom 17. bis 22. März, Teil 20

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Von den Preisträgern gibt es so viele, daß wir sie nicht alle in die Überschrift bringen, denn es gibt ja neben dem Regionalen Wettbewerb und dem Hauptpreis mit dem weißen Bembel, auch die Kurzfilmpreise, den neuen Courage-Lichterpreis und den Publikumsliebling.

 

Der wird nämlich ermittelt, indem vor oder nach der Vorführung der regionalen Filme die Anwesenden einen Zettel in die Hand gedrückt bekommen, wo diese von 1 an, das ist die Bestnote, eine Nummer ankreuzen können. Diese Zettel, die unmittelbar nach jeder Vorführung eingesammelt werden, wurden nun ausgewertet und Siegerin wurde Elizabeth Ok mit ihrer Dokumentation über den Frankfurter Trompeter und Jazz-Lokalmatador Carlo Bohländer in CARLO, KEEP SWINGIN', einem wunderschönen Film, der nicht nur den Mann würdigt und ihn in seiner besonderen Persönlichkeit zeigt – oft irrsinnig komisch, verfolgen Sie unsere Besprechung unten im Link - , sondern der gleichzeitig allgemeingültig eine Kulturgeschichte des Jazz und eine über das Frankfurt der Nachkriegszeit liefert.

 

Daß der Publikumspreis Bindingpreis heißt, war an uns vorübergegangen, obwohl das schon das dritte Mal ist, daß die einst heimatliche Brauerei, die nun zur Radeberger Gruppe gehört, die 2000 Euro spendiert, die es für diesen Preis gibt. Die Zeit ist schnellebig, aber wir wollen doch noch mal an den vorjährigen, ja Binding Publikumspreis anknüpfen. Der ging nämlich an Daniel Herzog für seinen Film THE SCRAPBOX, an den wir nochmal erinnern wollen und unsere damalige Besprechung, die ja immer vor einer Preisvergabe erfolgt, ebenfalls als Link druntersetzen.

 

Der Hauptpreis gilt dem besten Langfilm mit Hessen- und Rhein-Main-Bezug. Das ist der eigentliche Weiße Bembel, den aber dieses Jahr jeder der Preisträger in die Hand gedrückt bekam. Und dieser Hauptpreis wurde dieses Jahr geteilt. Die Jury meinte, daß man Dokumentarfilme und Spielfilme nicht vergleichen könne und wählte aus jeder Sparte den ihrer Meinung nach besten aus. Das waren SIN & ILLY STILL ALIVE von Maria Hengge und der Dokumentarfilm CONDUCT! JEDE BEWEGUNG ZÄHLT von Götz Schauder. Nur letzteren hatten wir gesehen und besprochen, auch diesen Link finden Sie unten.

 

Tja, das tut einem weh, daß man nicht alle Filme des Festivals sehen kann und sich entscheiden muß. Wir waren mit unserer Auswahl sehr zufrieden und nehmen an, daß wir den Siegerspielfilm dann noch im Kino sehen können. Vergessen wir aber nicht die Prämierung des besten regionalen Kurzfilms,für den wir diesmal der totale Ausfall waren; erstmals keine Berichterstattung über die Kurzfilme. Das muß sich nächstes Jahr ändern, liebe Redaktion des Weltexpresso. Mal sehen wie wir unsere Anwesenheit und Berichterstattung vervielfachen können.

 

Denn um das nächste Mal, um 2016 geht es gleich beim Abschluß vom LICHTER FILMFEST 2015 ganz deutlich. Wie schon die Eröffnung sechs Tage zuvor die Finanzierung des Festivals ansprach, so blieb dies auch Thema des letzten Abends, der nicht nur die Preise verteilt, sondern anschließend die Filmvorführung des letzten vom verstorbenen Frankfurter Filmurgestein Karl Baumgartner produzierten israelischen Spielfilm THE FAREWELL PARTY zeigt. Nach diesem dann noch die Siegerfilme. Filmenthusiasten brauchen Sitzfleisch, das weiß man nach der Festivalwoche wieder einmal und hält durch, auch wenn draußen schon die Abschlußparty im Hof des Cantatesaals tobt.

 

Wenn man zum Abschluß alle ehrenamtlich Arbeitenden – wieder mal in der überwiegenden Mehrzahl Frauen – auf der Bühne betrachtet, auf deren Rücken es sich die Besucher bei zivilen Preisen im Kinosessel bequem machen und Filme sehen können, die oft nicht in die Kinos gelangen, aber ob ihrer Spezialität und vor allem ihres regionalen Bezugs für die Hiesigen einfach wichtig sind, dann weiß man, daß die großen Finanziers da noch zulegen müssen, denn was ja für die Region ein Plus ist, solch ein Festival, muß auch entsprechend finanziert werden. Und nicht nur durch die Begeisterung derer lebt, die als Studenten oder in ihrer Urlaubszeit, den sie extra für das LICHTER FILMFEST nehmen, dieses möglich machen. Die angesprochenen großen GEldgeber sind: Der Kulturfonds FrankfurtRheinMain, das Hessische Ministerium für Kunst und Wissenschaft und die Stadt Frankfurt, hier vertreten durch ihren Kulturdezernenten.Gut gemacht. Zulegen.

 

Wir sind noch den Preisträger der regionalen Kurzfilme schuldig: den gewannen die Regisseure Thomas Toth und Michael Schaff für EIN BISSCHEN NORMALITÄT. Da wir, wie erwähnt, diesen Film nicht gesehen haben, wollen wir die Begründungen der Festivalleitung, die wohl Ausfluß der jeweiligen Jurybegutachtung sind, unten anfügen.

 

Und noch einer muß erwähnt werden: der neue LICHTER Courage Preis, der auf eine Initiative des Schlageter-Instituts Wiesbadens zurückgeht, und dem Kurzfilm GEWOBENES PAPIER von Michel Klöfkorn zuging. Fortsetzung folgt.

 

 

INFO zu den Preisen:

 

Der weiße Bembel für den besten regionalen Langfilm wurde in diesem Jahr auf zwei Filme

aufgeteilt: Gewonnen haben Maria Hengges Debüt „Sin & Illy still alive“ und Götz Schauders

Künstlerporträt „CONDUCT! Jede Bewegung zählt“. Beide Filme haben bei LICHTER ihre

Weltpremiere gefeiert.

 

Der Film „CONDUCT! Jede Bewegung zählt“ beobachtet die fünf Finalisten des Sir Georg Solti Wettbewerbs in Frankfurt, dem anerkanntesten Dirigentenwettbewerb der Welt. „Durch die präzise Beobachtung seiner Protagonisten in dieser hermetisch abgeschlossenen Szenerie erzeugt der Film in seiner Vielschichtigkeit eine hohe Emotionalität und Spannung“, lautet die Begründung der

Jury, bestehend aus dem Produzenten Christoph Thoke, der Schauspielerin Anne Ratte-Polle und

der Filmemacherin Tatjana Turanskyj.

 

Bei Maria Hengges Film „Sin & Illy still alive“ handelt es sich um „eine Freundinnen- und Mutter-

Tochter-Geschichte aus dem Frankfurt Fixermilieu, die unsentimental mit hyperrealistischen

Elementen erzählt und toll gespielt ist“, heißt es in der Jurybegründung.

 

Den weißen Bembel für den besten regionalen Kurzfilm gewannen die Regisseure Michael Schaff

und Thomas Toth mit ihrem Werk „Ein bisschen Normalität“. Die Jury, bestehend aus der

Produzentin Martina Valentina Baumgartner, dem Autor Stefan Kreishaus und dem

Filmjournalisten Achim Forst, begründet ihr Urteil wie folgt: „Der Preis geht an einen Film, in dem

die drogenabhängige Protagonistin den Filmemachern einen schonungslosen und ungeschönten

Blick auf ihr Leben erlaubt. Umgekehrt gelingt es den beiden Regisseuren, aus der

vertrauensvollen Zusammenarbeit ein berührendes Porträt zu zeichnen, das besonders durch

seine gelungene Montage überzeugt.“

 

Die lobenden Erwähnungen für den regionalen Kurzfilm gingen an „Gezeitentümpel“ von Pablo

Zinser, der durch seine formal strenge Bildsprache und sein stilsicheres Gespür überzeugte, und

an „Warum ist der Tisch schräg!/Warum mag jeder Geld!“ von Stefan Vogt, die sich durch

einen leichten und witzigen Umgang mit gesellschaftlichen Themen auszeichnen.

Der Binding Publikumspreis

 

Auch die strengste Jury der Welt hat in diesem Jahr wieder ein Urteil bei LICHTER gefällt – die

Zuschauer: Der Binding Publikumspreis ging in diesem Jahr an „Carlo, Keep Swingin´“ von

Elizabeth Ok. Die einfühlsame Dokumentation über den Frankfurter Trompeter Carlo Bohländer,

der den Jazz in der jungen Bundesrepublik etablierte, lässt zahlreiche Legenden zu Wort kommen

und macht bislang unveröffentlichtes Archivmaterial zugänglich. Der mit 2.000 dotierte Preis wird

bereits im dritten Jahr von der Binding-Brauerei gestiftet.

 

Der LICHTER Courage-Preis

Der LICHTER Courage-Preis zeichnet in diesem Jahr erstmals einen Kurzfilm aus, der sich

besonders originell und überzeugend mit Mut, Zivilcourage und Toleranz auseinandersetzt und die

Wahrnehmung dieser Werte schärft. Gewonnen hat den mit 1.500 EURO dotierten Preis der Film

Gewobenes Papier“ von Michel Klöfkorn. Die Kurzfilmjury, die auch für den LICHTER Courage-

Preis verantwortlich zeichnet, begründet ihre Entscheidung:

 

Der Preis geht an einen Filmemacher, den wir für seinen Mut zur konstanten künstlerischen

Auseinandersetzung mit unseren Wahrnehmungsmustern und der Hinterfragung medialer

Strukturen auszeichnen. Diesen Mut zeigt Michel Klöfkorn auch in seinem neuen Film, in dem er

uns auf inhaltlicher und medialer Ebene die Verflechtung und Entflechtung von Bildern physisch

vorführt.

 

 

Im Text erwähnte Artikel in Weltexpresso:

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/4522-carlo-keep-swingin

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/2757-the-srapbox

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/4525-conduct-jede-bewegung-zaehlt

 

 

www.lichter-filmfest.de