Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. April 2015, Teil 1
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) – Heute kommt der sehenswerte Film „Elser – Er hätte die Welt verändert“ über den Hitler-Attentäter Georg Elser in die Kinos. Um es gleich vorwegzunehmen, dieser Spielfilm ist berührender Liebesfilm, hervorragender Heimatfilm und engagierter Nazi-Politthriller zugleich.
Hätte Hitler im November 1939 nicht 13 Minuten früher als geplant den Münchner Bürgerbräukeller verlassen, wären er und fast die gesamte NS-Führung getötet worden. Die Zeitgeschichte wäre anders verlaufen, Millionen Menschen nicht im II. Weltkrieg umgekommen. Die Historiker haben sich mächtig an dem nur seinem Gewissen verpflichteten Einzeltäter Elser abgearbeitet. Es war ja eine ungeheure Provokation, dass einem allein handelnden Attentäter - in einer Zeit, wo angeblich niemand etwas wusste und keiner etwas tun konnte - ein beinahe erfolgreicher Tyrannenmord gelang. Die kommunistischen, christlichen und bürgerlichen Widerstandskämpfer denunzierten ihn jahrzehntelang als Werkzeug Hitlers. Zu Unrecht, wie Forschungen seit den späten 1960er-Jahren belegen.
Der Film erzählt auf zwei Ebenen - er beginnt mit der Verhaftung Elsers (Christian Friedel), Rückblenden nach Verhören verdeutlichen mit sinnenfrohen Bildern sein Leben im Heimatdorf auf der Schwäbischen Alp: Erste Liebe. Schwimmen im See. Musizieren auf der Kirchweih. Doch immer wieder kehrt der Film ins düstere Gefängnis zurück, zeigt die rüden Vernehmungen, die grausamen Folterungen und später die halbwegs „milde“ Behandlung des Staatsfeindes, der erst mal am Leben gelassen wurde. Denn die Nazis wollen ihm nach dem „Endsieg“ einen großen Schauprozess machen und glaubten nicht, dass das Attentat das Werk eines Einzelnen war. Erst in den letzten Kriegstagen wird er auf ausdrücklichen Wunsch Hitlers ermordet.
Elser war ein Musikant und Frauenheld, ein rechter „Taugenichts“, aber dennoch als Uhrmacher und Tüftler recht geschickt. Nach 1933 verwandelt sich schleichend das fröhliche Dorfleben: Hasserfüllte Feindschaften brechen auf, mickrige Nazis gerieren sich als Herrenmenschen. Elser verliebt sich leidenschaftlich in Elsa (Katharina Schüttler), die Frau eines Nazis, der sie misshandelt und demütigt.
Die Frau eines Juden wird auf dem Dorfplatz verprügelt. „Da kann man nichts machen“, meint Elsa. „Aber es wird immer schlimmer“, befindet Elser, dessen Motive seines Handelns langsam deutlich werden: Als auch noch viele seiner Freunde verhaftet werden, plant er sein Attentat auf den Führer, das er bewusst ohne Mitwisser durchführt.
Oliver Hirschbiegel („Der Untergang“) hält sich an wichtige Ereignisse der Biografie Elsers, ihm stand ein Historiker als wissenschaftlicher Berater zur Seite. Aber - man muss es betonen - der Film ist ein spannender Spielfilm, in dem es nicht um Authentizität geht, sondern darum, was Elser bewegt und angetrieben haben mag. Das berührt die Zuschauer, lädt zur Identifikation mit dem freiheitsliebenden Elser ein und verdeutlicht vor allem, was ein Einzelner in unmenschlicher Zeit bewirken konnte. Der Widerstandskämpfer folgt nicht heldenhaft einem geheimen Auftrag, sondern ist oft voller Zweifel, gerade weil er allein handelt.
70 Jahre nach der Zerschlagung des Nazi-Regimes ist Elser kaum bekannt in Deutschland. Ein Film Klaus Maria Brandauers von 1989 legte mehr Wert auf das Attentat als auf die Motive Elsers. Hirschbiegel, der sein Werk auf der Berlinale unter dem Titel 13 MINUTEN, unter dem er auch international vermarktet wird, vorstellte, hofft, dass Elser, jetzt endlich wie von Stauffenberg, verdiente Bewunderung und Respekt bekommt.
INFO:
„Elser – Er hätte die Welt verändert“ D 2015, 113 Minuten, Filmstart 9. April
Regie Oliver Hirschbiegel, mit Christian Friedel, Katharina Schüttler, Johann von Bülow, Burghart Klaußner u. a.
FOTO:
Georg Elser (Christian Friedel) tanzt mit Elsa (Katharina Schüttler) den Tango - (c) Lucky Bird Pictures, Bernd Schuller