Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. April 2015, Donnerstag: 20 Uhr in den EKINOS Frankfurt mit Gespräch, Teil 7

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die korrekten Aussagen in den Akten, geben wir nicht deshalb weiter, weil sie die Filmhandlung konterkarierten. Wir halten es für völlig unerheblich, ob Elser von dem einen oder anderen befragt und auch, wie weit Folter eine Rolle spielte.

 

Es geht einfach darum, daß seine Einzeltäterschaft durch dieses Huberprotokoll aus dem Jahr 1939 schon damals bestätigt wurde, demnach sogar Hitler eine Einzeltäterschaft für möglich hielt. Was man durch die Internetrecherche auch entdeckt, sind die Ausführungen eines gewissen Günter Peis. Journalist und Historiker, der am 27. 12. 1959 – das waren nur 20 Jahre nach dem Attentat - eine groß aufgemachte 8-seitige Serie in BILD AM SONNTAG abschloß, die er am 8.11. begonnen hatte und weitgehend die Intention hat, zu dem die heutigen Forschung inzwischen gelangt ist. Das muß man festhalten, wenn man heute sagt, es sei eben damals in der noch jungen Bundesrepublik kein Klima für Aufklärung gewesen. Denn es kommt schlimmer. Es war mindestens einer da, der die Wahrheit herausbekommen hatte und sie in einem Massenblatt publizieren konnte.

 

So früh eine Ehrenrettung für Georg Elser, noch dazu im populären Blatt der Bildzeitung und dennoch so lange ein Verschweigen des Georg Elser? Das macht einen zusätzlich nachdenklich. Sicher hat sich der Hirschbiegelfilm auch auf diese Artikelserie bezogen. Denn sie macht klar, daß einer wie Elser ohne Lobby einfach in das politische Loch gefallen war, das ihm der Vorwurf, er sei ein Spion Englands und Verräter Deutschlands einerseits und andererseits die Unterstellung, er sei ein verkappter Nazi und das Bürgerbräuattentat sei eine Selbstinszenierung der Nazis wie auch der Reichsstagsbrand, eingebracht hatte.

 

Im Film wird nicht deutlich genug herausgestellt, wie genial der Plan Elsers, die Bombe am 8. November zu zünden, wirklich war. Anders als kurzfristig terminierte öffentliche Auftritt von Hitler, die eher unter Verschluß gehalten wurden, war der Auftritt im Bürgerbräukeller lange vorher bekannt, schließlich war es die Jahresfeier des gescheiterten NSDAP-Putsches von 1923, weshalb ja auch Elser die Zeit hatte, die Sprengung vorzubereiten. Und was auch zu kurz kommt, das ist, daß nicht nur Hitler getötet worden wäre, sondern daß auch Himmler, Heß, Bormann und Goebbels dabei waren, die wohl mit Hitler diese 13 Minuten zu früh aufbrachen und so – was Elser zutiefst fertigmachte und verstörte - acht Unschuldige getötet wurden.

 

Die Intention des Films, das zeigten die Reaktionen der Zuschauer und das Gespräch mit Thomas Altmeyer, gehen auf. Diesem Georg Elser wird, wenn nicht ein Denkmal, so aber doch eine würdige Ehrenrettung zuteil, die ihn als widerständigen Deutschen,noch dazu schwäbelnden grundanständigen Tischler, der Wein, Weib und Gesang liebt, zeigt und damit eben auch, daß trotz Gleichschaltung und Nazi-Propaganda das Volk etwas wußte und nicht nur ahnte und verdrängte. Wenn nun die Wirklichkeit anders war, als im Film dargestellt, halten wir das – solange die Linie stimmt - für vertretbar. In einem Dokumentarfilm müssen die Fakten stimmen, in einem Spiel werden sie zu einem Puzzle, das verändert werden darf.

 

 

Wenn wir davon sprechen, solange die Linie stimmt, gilt das nicht nur dem Gedenken von Georg Elser. Genauso wichtig ist uns und dies wollen wir mit den vielen Artikeln zu diesem Film ausdrücken, daß in GEORG ELSER – ER HÄTTE DIE WELT VERÄNDERT im Grunde den Mitläufern im Deutschland der Nazis der Prozeß gemacht wird. . Das Umsichgreifen dieser 'Bewegung', wie sich die Nazis positiv nannten, läßt sich im kleinen Königsbronn kleinkariert und überzeugend nachvollziehen. Das ist nicht schablonenhaft, sondern elementarisiert und an kleinen Beispielen sinnlich nachvollziehbar, wobei das von Lore, die als Judenhure auf dem Markplatz am Pranger steht, eben auch deutlich macht, was seelenlose Mitläufer bedeuten.

 

Wenn ein kleiner Tischler aus dem Volk schon Ende 1938 erkannte, was Hitler und ein Hitlerdeutschland an Blutvergießen für die Welt bedeutet und handelte und im November 1939 deshalb ein Attentat verübte, wo waren all die anderen Deutschen?

 

 

P.S. Wir mögen diesen Film, auch wenn wir das Liebesgeschehen mit Elsa für betulich und in der Länge unangemessen halten. Das mal vorausgeschickt. Trotzdem hätte Regisseur Olaf Bierbichler zumindest im Abspann auf seinen Vorgänger, das Regiedebüt von Klaus Maria Brandauer in GEORG ELSER – EINER AUS DEUTSCHLAND verweisen müssen, in dem Brandauer auch den Elser gibt. Der in Englisch produzierte Film folgt dem Roman, Georg Elser, einer aus Deutschland von Stephen Sheppard, der auch für das Drehbuch verantwortlich war.

 

Wir wundern uns, daß bei der sonstigen Aufmerksamkeit des Kinos im Deutschen Filmmuseum, es unterlassen wurde, den Start des Hirschbiegel-Elsers am 70. Todestag von Elser und anderer Widerstandskämpfer mit einer Aufführung des alten Brandauerfilms von 1989 zu begleiten. Aber auch in den nächsten Wochen und Monaten ist dieser 26 Jahre alte Film als Pendant spannend. Deshalb die heiße Bitte an das Deutsche Filminstitut, die Sicht des Brandauerfilms möglich zu machen.

 

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/4633-elser

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