Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 23. April 2015, Teil 5
Konrad Daniel
Köln (Weltexpresso) – Das ist nun einer der Filme, die man noch weniger 'objektiv' beurteilen kann als andere, denn wie man diesen Film sieht, empfindet, wertet, hängt absolut davon ab, wie man zu Helge Schneider steht, was er einem bedeutet, wenn ein Film ihn zur Lebensbeichte motiviert.
Von daher wären wir völlig einverstanden mit denen, die sagen, sie haben null Interesse und die fünf Prozent Interesse, die vorhanden waren, haben sich im Laufe der 89 Minuten, die einem wie mehrere Stunden vorkommen, dann auch noch verflüchtigt. Für Aficionados a Helge Schneider hingegen, machen die paar Minuten Film erst Lust auf mehr. So unterschiedlich sind die Welten und so unterschiedlich in der Wahrnehmung die Welt des Helge Schneider. Von daher ist alles klar und seine Liebhaber gehen sowieso in den Film über ihn, unabhängig, was da so Schreiberlinge zusammenbrutzeln. Jetzt geht es nur noch darum, den immer noch vielen, denen Helge Schneider wenig bedeutet, nahezubringen, was sie vielleicht dann doch versäumen, wenn sie sich diesen Film, der die Ursuppe des Schneider, Helge, auch aufrührt, nicht anschauen.
Das Tollste vorneweg. Trotz 89 Minuten Helge Schneider, wo er bis aufs Hemd und die Unterhose ausgezogen wird, weiß man nicht, wer der Typ überhaupt ist, der einem mit der größten Freiheit in die Augen schaut und langsam und gemächlich etwas über sich, seine Jugend in Deutschland, besser: im Ruhrpott erzählt, Anekdoten und Einsichten und sonstwas. Es kann aber auch ganz anders gewesen sein, mahnt uns unsere Vorsicht solchen offenen Typen gegenüber, die sich als Helge Schneider outen. Vielleicht ein Double, vielleicht alles gar nicht wahr, aber doch gut erfunden.
Gerade die Historie an der Geschichte macht uns mißtrauisch. Andrea Roggon hat den Film gemacht, von der wir dann auch gleich glauben, sie sei ein Pseudonym für Helge Schneider selbst, der im Lauf des Films eine allmächtige Figur wird. Und zwar nicht durch Auftrumpfen, sondern im Gegenteil, vom Kleinreden und überall auf der Welt zugleich Sein. Wie schafft der das bloß. Da war er gerade in Mülheim – und ist schon in Amerika, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, ach was, in Texas, wo es auch nicht anders ist als im Brachland der verkümmernden Bergbauindustrie im Nordrheinwestfälischen, die einzigartige Ruhrgebietskultur.
Sie wollen wissen, was im Film vorkommt? Na, Helge Schneider auf jeden Fall und zwar in Aufmachungen, wo schon viel Mut dazugehört, sich heute so mit roten Haaren und grünem Anzug zu zeigen, wie es mal schick war, als auch Helge Schneider schick sein wollte. Diese tiefgründige Ironie sich selbst gegenüber, die als Interesselosigkeit dem eigenen Selbst gegenüber in langsamer Sprechweise erscheint, ist doch eigentlich gar nicht witzig, sagen wir uns, aber kaum bewegt er sich auf seinen Storchenbeinen durch den Salat der menschlichen Sippschaft – oder auch allein am Strand – schon lachen wir. Das ist ein einigermaßen automatisches Lachen, wie wir uns eingestehen müssen, wir können also nicht dafür, sagen wir uns, wenn wir das eigentlich ein bißchen dümmlich finden – aber eben lachen. Sind da aber einer Meinung mit Schneiders Helge, der seine Witze auch ein bißchen weggetreten findet.
Und dann gibt es den hochprofessionellen Helge Schneider, der mit allem Musik macht, was sich dazu anbietet. Ja, Instrumente auch: die Gitarre ist ein alter Hut, Klavierspieler ist er auch und hat deshalb sicher Glück bei den Frauen, aber er trompetet auch, spielt Saxophon, das Akkordeon versteht sich von selbst und solche Kleinigkeiten wie Schlagzeug und Xylophon muß man gar nicht erst aufzählen, schließlich sind ja Bass und das menschliche Instrument der Stimme schon viel genug. Das alles erfahren wir in Rückblenden, die sich aus einer Art Interview, die man auch Lebensbeichte des Künstlers gegenüber der Regisseurin nennen könnte, ergeben, indem immer dann, wenn das Stichwort fällt, das Frühere eine Rolle spielt.
Wie gesagt: Kann alles auch ganz anders gewesen sein. Denn Helge Schneider ist mehr als sein Film, auch mehr als Herr und Hund beim Spazierengehen, aber was er dem einzelnen ist, da gibt Helge Schneider nichts vor. Er läßt uns mitlachen an dem Unsinn, der für ihn die Welt erträglich sinnvoll macht.
Foto:
Hier und dort sei Helge Schneider, sagt der Filmtitel. Hier ist er eindeutig in der Badewanne