Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. Mai 2015, Teil 5
Corinne Elsesser
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Ein junger Mann wird zu seiner Arbeit befragt. Er ist Tierpfleger im Londoner Zoo. Eine kleine Gruppe von Zuschauern hat sich zur Tierfütterung der Pinguine eingefunden. Anstatt jedoch über seine Tätigkeit zu sprechen, erklärt er seine Liebe zu diesen Tieren, denn sie kommen von weit her aus dem Eis und erinnern ihn an seine Heimat Sibirien.
Einmal musste er eine Ladung von hundert Pinguinen zu einem Drehort für einen Film an der Beringsee zu transportieren. Bei einem Zwischenstop begegnete er dem jungen Mädchen Winja (Lucie Heinze), die sich ebenfalls auf einer Reise in den hohen Norden befand.
Im Hotelrestaurant traf sie sich mit einem geheimnisvoll wirkenden Mann, dem sie einen Umschlag aushändigte. Gleich darauf verschwand der Fremde. Auf dem nächtlichen Parkplatz wird er dann zur Rede gestellt und brutal zusammengeschlagen. Ein älterer Herr (Alexei Guskow), der das Treffen im Restaurant ebenfalls beobachtet hatte, bemächtigt sich des Umschlags. Am nächsten Morgen bietet er Winja eine Mitfahrgelegenheit nach Norden an. Sie lässt sich darauf ein, weiß allerdings nicht, dass der Mann ein Gewalttäter sein könnte. Da wendet sich die Handlung zu einem Thriller. Er reicht ihr nach einer Weile jenen Umschlag, den sie zuvor ihrem Informanten gegeben hatte. Das verschlägt ihr die Sprache. Es sind Blutflecken daran zu sehen.
Auch der Zoowärter Yegor (Juri Kolokolnikow) setzt seinen Weg nach Norden fort und trifft einen Filmregisseur, in dessen Auftrag er den Transport der Pinguine unternommen hat. Als er seine Ladung vorzeigen will, bestätigt sich, was er bereits vermutete: Alle Pinguine sind im Lastwagen kläglich verendet. Der Transport war umsonst gewesen. Nun beginnt Yegor, den Regisseur zu beschwichtigen und zu überzeugen, dass es eigentlich egal sei, ob man mit lebenden oder toten Pinguinen einen Film drehe. Da wendet sich die Handlung zu einer skurrilen Komödie.
In einem Wintersporthotel schließlich laufen die Handlungsstränge zusammen. Winja hofft, hier ihren Geliebten Andrei (Anton Pampushnyy) wiederzusehen, den sie in Berlin kennengelernt hatte. Sie will ihn überraschen und wartet in der Hotellobby tagelang auf ihn, Als er endlich kommt, ist er in Begleitung seiner Frau und seines kleinen Kindes, von denen er überhaupt nichts erzählt hatte. Auch der alte Herr hat hier eine Verabredung. Er ist Oligarch und selbsternannter Umweltaktivist und trifft hier den Regisseur, den er für ein ambitioniertes Videofilmprojekt engagiert hat. Dieser allerdings muss ihm unterbreiten, dass es mit der Ausstattung nicht wie vorgesehen geklappt hat. Als Yegor seinen Lohn für den missglückten Transport fordert, erhält er stattdessen die Kündigung.
Die Vorbereitungen zu den Dreharbeiten beginnen in der weiten Eislandschaft. Die Ehefrau Andreis nimmt ihr Biathlontraining auf, denn sie ist Hochleistungssportlerin und deswegen hierher gekommen. Während ihr Ehemann auf das Kind aufpassen soll, findet er zurück zu seiner Liebe zu Winja. Da wendet sich die Handlung zu einer anmutig und berührend erzählten Liebesgeschichte. Die beiden Verliebten finden einander und wissen zugleich, dass ihr Glück nur einen Augenblick währen kann.
Das große Zeichen, das der Oligarch gegen den schändlichen Umgang mit dem Planeten am Beispiel der Pinguine setzen will, erweist sich als ebenso ausweglos, wie die Liebe Winjas zu Andrei, wie die unermüdlichen Versuche Yegors, doch noch für die weite Reise und den Transport entlohnt zu werden. Unerwartet bietet der Oligarch Winja eine Mitarbeit an seinen Videofilm an, womit das Ganze erneut eine überraschende Wendung erfährt.
Die in einer unwirtlichen Eislandschaft angesiedelte Geschichte wird unterlegt mit großartigen Aufnahmen der vereisten sibirischen Winterwelt (Kamera: Benedict Neuenfels). In seinem dritten Spielfilm erzählt Stefan Krohmer ("Sie haben Knut", "Sommer '04") von Menschen, die eigentlich nichts verbindet und deren Spuren sich im Eis verlieren. Die Unerreichbarkeit hoch gesteckter Ziele, das ewige Scheitern. Das aufwendige Videofilmprojekt als zentrale Handlung entwickelt sich zu einer heldenhaften Aktion, die wenig bewirkt. Wie am Ende der Tierpfleger Yegor im Londoner Zoo über seine Arbeit spricht und im Grunde erneut in einer Einbahnstraße gelandet ist.
Info:
Mädchen im Eis (Originaltitel: ПИНГВИН НАШЕГО ВРЕМЕНИ), Deutsch-russische Koproduktion, 2014)
Genre: Drama
Darsteller: Juri Kolokolnikow, Lucie Heinze, Alexei Guskow, Anton Pampushnyy u.a.
Regie: Stefan Krohmer
Buch: X-Verleih / Warner Brothers
Verleih: Koch Media / Studiocanal
Länge: 90 Minuten