Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 16. Juli 2015, Teil 2

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das kann man sich so richtig gut vorstellen, wie einem ernsthaften und formorientierten Regisseur wie Dietrich Brüggemann das Drehen einer solche Nazi-Persiflage Spaß gemacht hat. Den Spaß tragen wir lange mit, lachen aus vollem Hals, ohne daß etwas stecken bleibt – nur, am Schluß ist das irgendwie alles zu wenig.

 

Wirklich gelungen der Anfang, der einen einen jungen Saubermann vorstellt, der das Richtige zur rechten Zeit in den richtigen Medien sagt. Noch dazu hatte er vorher das alles aufgeschrieben, was angesichts seines Daseins als Afrodeutscher ein Bestseller wurde, weshalb er nun in Deutschland als Intergrationswunderwaffe herumreist und überall auftritt. Das ist wirklich komisch, wie einer die Sehnsucht der Deutschen, doch jetzt keinen braunen Dreck mehr am Stecken zu haben, derart zufriedenstellen kann. Allerdings stellt sich auch schnell heraus, wie einer zur Sprechpuppe wird.

 

Besagter Erfolgsautor Sebastian Klein ist nämlich zu einer Lesung nach Prittwitz, in den des Rechtslastigen eh verdächtigten Osten Deutschlands gefahren und wird dort dementsprechend empfangen. Die Neonazis sind dort überall und überall haben sie Schlagstöcke, die sie auch gebrauchen. Während wir im Kinosessel noch wild angesichts der ausgeübten Gewalt werden wollen, hat Sebastian längst seinen Frieden mit seinen Widersachern gemacht. Der Schlag hat nämlich eine Gehirnfunktion erwischt, die ihn dem eigenen Willen und seiner Überzeugungen entzieht, buchstäblich willenlos macht und ihn zum Nachplapperer degradiert. Ob es das gibt, in der Wirklichkeit, ist völlig nebensächlich, denn es geht weniger um Sebastian, der ja nun krank ist, als um alle anderen Deutschen.

 

Benno Führmann mimt den Anführer des rechtsradikalen Mobs und er wirkt als Sven wie seine anderen Proleten so glaubwürdig, daß man sich auch hier vorstellen kann, welchen Spaß die Herren Schauspieler hatten, mal so die Sau rauszulassen. Mit der Dame ist das anders. Sie nämlich meint es ernst. Doreen – dargestellt von Anna Brüggemann, die in allen Brüggemannfilmen dabei ist - ist eine wirkliche Rechte und eine wirkliche Radikale. Da sie aber attraktiv ist, wuseln nun diese angeblichen Männer alle um sie herum, sie wird aber nur denjenigen erhören, der Taten sprechen läßt.

 

Doch, wir kennen diese Grundkonstellation und auch diejenige, dernach der Verfassungsschutz das staatliche Organ ist, vor dem der Bundesdeutsche eigentlich zu schützen wäre. Zum einen aus totaler Unfähigkeit, zum anderen wegen eigener rechtsradikaler Verstrickungen. Wenn man weiß, wie bruchlos der Nazi-Geheimdienst (darunter die SS) , von den Amerikanern in die Organisation Gehlen, der hatte die NaziAbteilung Fremde Heer Ost geleitet, überführt wurde, woraus dann der Bundesnachrichtendienst wurde, braucht man zur Glaubwürdigkeit nicht einmal Phantasie, die Wirklichkeit reicht.

 

So was käme einem sicher nicht so flott von den Fingern, wenn nicht dieser unsägliche NSU-Prozeß das Grundproblem so lächerlich gemacht hätte. Das Grundproblem ist nämlich, daß alle, aber auch alle staatlichen Organe hierzulande mindestens zehn Morde in Deutschland auf das Konto von internen Abrechnungen von Ausländern gebucht hatten, was sich dann als gezielte Mordaktionen der doch angeblichen so harmlosen rechten Szene herausstellte. Das eignet sich derzeit nicht unbedingt für Komödien, obwohl das Gerichtsverfahren eine Farce ist.

 

So sehr wir also erst einmal mitlachen, fehlt uns ab irgendwann – um genau zu bestimmen,wo das einsetzt, müßte man den Film noch einmal anschauen. Das ist die Krux der Besprechungen von Filmen – fehlt uns also ab irgendwann dann doch der Ernst des Geschehens. Dazwischen amüsieren wir uns, wenn Sebastian wie ein Papagei auch in den rhetorisch ritualisierten Fernsehrunden die rechten Sprüche von sich gibt, was seine schwangere Freundin Nina zur Weißglut bringt, weshalb sie auf einmal verhaftet wird und natürlich als Linksradikale vor einem -natürlich - rechten Richter erscheinen muß.

 

Das ist dann alles vorhersehbar und darum nicht mehr witzig. Man freut sich zwar, Andreas Dresen und auch Deitrich Kuhlbrodt in Szenen zu erkennen, aber das macht den Kohl auch nicht mehr fett. Einfach verkocht das Ganze. Die Würze fehlt. Dennoch kann man sich den Film in Deutschland gut anschauen. Daß er aber gleich auf einem Festival wie dem Karlsbader den deutschen Film vertritt, finden wir abwegig. Brüggemann bleibt ein guter Regisseur, dessen letztjährigen KREUZWEG wir immer als eine der schärfsten Analysen unserer Zeit in einer bestimmten Gesellschaft anerkennen, weshalb er auch mal einen gut gemeinten Film leicht daneben machen darf. Dann aber bitte wieder etwas zum Nachdenken und zum Mitfühlen.