Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 8. März 2012, Teil 2
Romana Reich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Tatsächlich ist in den folgenden Filmen die sexuelle Orientierung der Figuren ausschlaggebend für den Film und seinen Verlauf. Im Falle von Kairo 678 allerdings geht es sexuelle Belästigungen. Aber SCHILF spielt in anderen Welten.
KAIRO 678
Ein ernsthafter, verständlich verlaufender Film, der am Beispiel dreier Frauen von dem allgemeinen Problem handelt, weshalb sich in Ägypten die sexuelle Belästigung Frauen gegenüber so häufig ereignet. Trotz des religiösen Verbots und bei Entdeckung der Übergriffe immer abgestritten und zum Wahnbild von Frauen gestempelt. Die öffentlich sanktionierte Doppelmoral ist es, die Frauen offiziell ehrt, aber im Alltag versehrt, gegen die dieser Film zu Felde zieht.
Dies tut er nicht mit lauter Stimme, sondern mit filmischen Mitteln. Die Kamera bleibt dicht bei den Personen, hier drei Fallbeispielen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten, und zeigt die männerdominierte Gesellschaft in ihrer Abstrusität. Der Film zeigt, daß, was mit der Arabellion begann, auch hinsichtlich des Mann-Frauen-Verhältnisses weitergehen muß. Ein beeindruckendes Debüt von Mohamed Diab.
SCHILF -ALLES; WAS DENKBAR IST, EXISTIERT
Da sind zwei Physiker: Mark Waschke und Stipe Ercegi, die Regisseurin Claudia Lehmann die Wissenschaftler spielen läßt, deren Fach aber sie spielend beherrscht, denn sie ist nicht nur Physikerin, sondern insbesondere in Theoretischer Elementarteilchenphysik kundig, den darin wurde sie promoviert. Richtig gute Voraussetzung, daß es zur Sache geht.
Schilf ist der rätselhafte alte Mann, der auftritt, nachdem aus den intellektuellen Scharmützeln über die Welt und was sie im Innersten zusammenhält, eine echte Entführung des Sohnes vorliegt, die auf dem Hintergrund der Gleichzeitigkeit von Sein und Nichtsein und der Tatsache, daß die Zeit mehrdimensional ist und erst recht, daß der Wirklichkeit und sei sie noch so sehr abgebildet, nie ganz zu trauen ist, zu einer unauflösbaren Rätselgeschichte wird. Auf jeden Fall soll der Vater einen Mord begehen, will er seinen Sohn wiedersehen.
Eigentlich sinnig erdacht, aber auch der Drehort am real existierenden CERN hilft nicht, die Geschichte von innen her glaubwürdig zu machen. Allein die Auseinandersetzung zwischen Mark Waschke und seiner Ehefrau Bernadette Heerwagen bleiben fesselnd und wahrscheinlich. Man sollte die Literaturvorlage, nämlich Juli Zehs Roman lesen.
MOMMY IS COMING
Dylan liebt Claudia und die liebt zurück. Dylan ist eine Frau und die Regisseurin gilt als Kultfigur des lesbischen Kinos. Das Ganze spielt in Berlin und die Liebe lebt sich dort überall aus. Nun kommt Dylans Mama zu Besuch, die von nichts weiß. Zudem spielt Dylan die männliche Note aus, Liebe als sexuelle Handlung zu vollziehen, weniger als Gefühl zu empfinden, Claudia dagegen fährt voll auf romantik und eben Liebe ab. Es geht also rund.
BEAUTY
Ein Schicksalsfilm aus Südafrika, der die männliche Variante der Homosexualität zeigt. Der Film erzeugte Aufsehen in Cannes, was vor allem an der Filmsprache Afrikaans lag und der Offenheit, mit der die gesellschaftlich verpönte sexuelle Orientierung gezeigt wird.
SENS KINSIM
Türkische Komödie, in der zwei tapfere Detektive, Ismail ist eigentlich Verkehrspolizist, Suzan helfen wollen, deren vermißte Stieftochter zu finden. Suzan ist wohlhabend und Witwe und nichts bleibt, wie es war und keiner als der, der er erscheint. Schwieriges Geschäft für die beiden, die gerne am Leben bleiben wollen, was ihnen jemand ausblasen will.
VERSICHERUNGSVERTRETER
Klaus Stern macht Dokumentarfilme: Jetzt geht es um Mehmet Göker, der heute 32 ist und mit 25 Jahren schon Millionär war. Schlicht dadurch, daß er private Krankenversicherungen an den Mann und die Frau brachte. Was so leicht ging und viel Geld brachte, will er ausweiten. Denn eine Million ist zu wenig, die weiteren Millionen müssen folgen. Wenn die Gier erst offenliegt, muß sie befriedigt werden. Realistisch wird Gökers Größenwahn geschildert, der in die Insolvenz führt. Und dann: alles von vorne.