Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 20. August 2015, Teil 5

 

Sibylla von Suden

 

Hamburg (Weltexpresso) – Karen Duve, 1961 in Hamburg geboren, lebt in der Märkischen Schweiz. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Romane Regenroman (1999), Dies ist kein Liebeslied (2005) und Die entführte Prinzessin (2005) waren Bestseller und wurden in 14 Sprachen übersetzt.

 

2011 erschien ihr Selbstversuch Anständig essen, in dem sie – ähnlich Jonathan Safran Foers Tiere essen – die Frage aufwarf „Wie viel gönne ich mir auf Kosten anderer?“ und damit eine breite Diskussion über unser Konsumverhalten auslöste.

 

Ihr 2008 veröffentlichter Bestseller Taxi kommt 2015 als erstes ihrer Werke als Kinofilm auf die große Leinwand. Das Drehbuch zum gleichnamigen Roman hat Karen Duve selbst geschrieben. Das Presseheft zum Film TAXI ist nicht nur umfangreich, sondern auch besonders informativ. Deshalb veröffentlichen wir die dort gestellten Fragen an Karen Duve.

 

 

FRAGEN AN KAREN DUVE

 

TAXI – NACH DEM ROMAN VON KAREN DUVE ist die allererste Verfilmung eines Ihrer Werke. Sie haben das Drehbuch selbst geschrieben. Wie kam es dazu?

 

Daß ich das Drehbuch selber schreiben könnte, war ein Vorschlag von Kerstin Ahlrichs. Alle Freunde haben mich gewarnt: Drehbuchschreiben sei eine fürchterlich langwierige Arbeit und dann geben auch noch diverse Leute ihren Senf dazu. So ist es auch – mit allen Überarbeitungen saß ich über einen Zeitraum von sechs Jahren daran. Ich fand es aber nur fair, es selber zu machen. Wenn man alle Entscheidungen, Streichungen und Veränderungen mit durchgemacht hat, dann weiß man auch, warum etwas verändert wurde und braucht dann später nicht beleidigt zu sein. Das ist ja schon ein Klischee: Der Schriftsteller, der sich von der Verfilmung seines Romans distanziert. Und das wollte ich möglichst nicht bedienen,

 

 

Was war Ihnen besonders wichtig, bei der Adaption des Romans auf die Leinwand?

 

Die Atmosphäre der Zeit sollte stimmen und das Lebensgefühl der Taxifahrer – die Melancholie um drei Uhr morgens, der Kampf mit den Fahrgästen, das dumme Gequatsche am Posten. Auch die Charaktere hätten keine allzu großen Veränderungen vertragen. Das sind nun einmal bestimmte Typen gewesen, diese Taxifahrer, die kann man nicht einfach austauschen. Ansonsten war ich nicht so pingelig. An der Geschichte habe ich selber kräftig herum geändert. Jetzt gibt es mehr Liebesszenen.

 

 

Was reizt Sie persönlich an den 80er Jahren?

 

Die 80er Jahre haben meine Jugend geprägt und ich habe sie als ziemlich cool in Erinnerung. Cool und ein wenig herzlos. Ich ärgere mich jedes Mal, wenn die 80er auf Schweißbänder, Rubiks Würfel und Bundfaltenhosen reduziert werden. Oder wenn eine Generation, die Fleischtunnel in den Ohrläppchen trägt, meint, die damaligen Geschmacklosigkeiten belächeln zu dürfen. Außerdem gab es in den 80ern diese bestimmte Sorte studentischer Taxifahrer – oft Philosophiestudenten im 18. Semester – die es heute eben nicht mehr gibt. Die wollte ich der Vergessenheit entreißen.

 

 

Wie viel Autobiographisches steckt in TAXI?

 

Furchtbar viel. Ich selber bin damals Taxifahrerin in Hamburg gewesen. Wenn ich den Film sehe, ist mir jedes Mal ein wenig unheimlich zumute. Rosalie Thomass als mein Alter Ego Alex trägt teilweise meine alten Klamotten, einige Szenen wurden in meiner damaligen Hamburger Wohnung gedreht, und die Bilder, die dort herumstehen, sind die Bilder, die mein damaliger Freund gemalt hat, der wie im Film eine Etage über mir wohnte. Der Film gibt ziemlich genau mein Leben wieder – nur die Fakten stimmen natürlich nicht.

 

 

Jede einzelne Rolle ist wunderbar besetzt. Waren Sie bei der Suche nach dem perfekten Cast involviert?

 

Ich durfte Vorschläge machen und habe das auch getan, aber letztlich lag die Entscheidung natürlich bei der Regisseurin. Eine tolle Besetzung bis in die kleinste Rolle. Als Game of Thrones-Fan konnte ich es anfangs kaum fassen, daß Peter Dinklage jetzt in einem Film mitspielt, zu dem ich das Drehbuch geschrieben habe. Und von Rosalie Thomass dargestellt zu werden ist natürlich wahnsinnig schmeichelhaft.

 

 

Alex ist eine typische Frau der 80er Jahre. Manchen erscheint sie sperrig, was können Sie zu ihrer Hauptfigur sagen.

 

Alex ist eine zornige junge Frau, die allen Grund zu schlechter Laune hat. Der Beruf der Taxifahrerin ist ein Beruf in dem sich die Liebe zum Mitmenschen rasch verschleißt. Ob in ihrer Familie, bei ihren Kollegen, den Fahrgästen oder bei ihren Liebhabern – Alex befindet sich ständig in Situationen, in denen sie sich verteidigen muss. Sexuelle Treue ist nicht gerade ihre Stärke, aber wenn es darauf ankommt, ist sie bedingungslos loyal.

 

Info:

TAXI, der Film

Regie    Kerstin Ahlrichs
Darsteller    Peter Dinklage, Rosalie Thomass, Antoine Monot Jr., Robert Stadlober, Stipe Erceg, Armin R..
Genre    Komödie
FSK    6
Land    Deutschland
Jahr    2014
Verleih    farbfilm verleih
Webseite    http://taxi-film.de/

 

TAXI, der Roman von Karen Duve im Goldmann Verlag, 2015

Goldmann hat den damaligen Spiegel-Bestseller jetzt als Sonderausgabe zum Film neu herausgebracht. Die Erstausgabe war 2003 erschienen und zwar im Eichborn Verlag, der seine Eigenständigkeit leider eingebüßt hat, was man hier wieder einmal bedauernd zur Kenntnis nimmt.