Krimi nach dem gleichnamigen Roman von Jan Seghers im ZDF am 12. Oktober, Teil 2: Gespräch mit Autor und Regisseur Lancelot von Naso
Elisabeth Römer und Ellen Wirth
Hamburg (Weltexpresso) – Als ob der Regisseur vom allzu schönen Mädchen unsere flapsigen Sprüche gehört hätte. Wir reden zwar weniger vom Bügelfernsehen, sondern eher vom Hörbuchbügeln, aber es ist dasselbe gemeint, nämlich das die gehörte oder gesehene Kost auch dann wohlschmeckend ist, wenn man gleichzeitig noch etwas anderes: etwas Nützliches macht.
Dem stellt sich der Drehbuchschreiber und Regisseur Lancelot von Naso, mit dem Ellen Wirth das folgende Gespräch führte
Wie haben Sie die Schauspielerin für die Titelrolle "Marthaler - Ein allzu schönes Mädchen" gefunden?
Für die Rolle der Manon haben wir wirklich ziemlich lange gesucht: Zusammen mit den Castern der beiden Filme, Ursula Danger und Uwe Bünker, haben wir uns Fotos und Demobänder von fast 2000 Schauspielerinnen angesehen. Alle zwischen 16 und 28 Jahren. Der Filmtitel ist da ja schon keine kleine Hypothek und die Rolle ist auch nicht einfach zu spielen. Mir war es wichtig jemanden zu finden, den man vielleicht noch nicht so kennt. Letztlich haben wir eine junge Belgierin, Ella June Henrard, gefunden. Ein Glücksfall, wie ich finde.
"Ein allzu schönes Mädchen" ist der dritte Fall für Kommissar Marthaler. Die beiden Vorgänger-Filme sind sehr erfolgreich gelaufen. Welche Aspekte machen die Marthaler-Filme aus Ihrer Sicht so besonders?
Zum einen sind die Vorlagen von Jan Seghers einfach interessante und spannende Bücher. Und dann haben wir, so simpel das klingt, versucht, Filme zu machen, die wir selbst gerne anschauen würden. Mit einem spannenden Ensemble, wobei mir besonders wichtig war, dass das alles wirklich gute Schauspieler sind. Wir haben viel Wert auf die Atmosphäre und die Drehorte gelegt.
Es gibt immer wieder Thriller-Elemente. Und auch das Tempo ist relativ hoch. Es ist jetzt nicht unbedingt Bügelfernsehen, man muss schon dran bleiben. Die Filme legen wie die Romane viele falsche Fährten. Und es ist bis zum Schluss spannend. Wenn das dann beim Zuschauer auch so funktioniert, ist es natürlich umso besser.
Was unterscheidet Ihren Kommissar Marthaler von anderen TV-Kommissaren?
Ich glaube die Figur des Marthaler macht aus, dass er die Fälle wirklich ernst nimmt, sie berühren ihn. Man sieht in Matthias Koeberlins Gesicht förmlich die Spuren, die die Fälle hinterlassen. Er nimmt jeden Fall persönlich.
Die Filme sind sehr aus der Sicht dieser Figur erzählt. Das ist in der Drehbucharbeit manchmal nicht ganz einfach, weil wir als Zuschauer immer nur das wissen, was Marthaler weiß, und sehen, was er sieht. Das merkt man vielleicht erst auf den zweiten Blick, aber dadurch unterscheidet sich der Film dramaturgisch von vielen anderen Krimiformaten. Wir gehen wirklich mit dem Kommissar durch dick und dünn. Wobei wir das mit der Perspektive nicht immer ganz durchhalten, manchmal müssen wir ein bisschen mogeln.
Sie inszenieren ihre Filme nicht nur, Sie schreiben auch jeweils die Drehbücher zusammen mit Kai-Uwe Hasenheit. Wo sehen Sie die Vorzüge an dieser Zusammenarbeit?
Mit Kai zu schreiben ist super. Wir schreiben immer abwechselnd. Immer wenn ich nicht mehr weiter weiß, schicke ich ihm einfach das Buch und sag: "Du bist dran." Dann muss er die Suppe auslöffeln, die ich uns eingebrockt habe. Nein, ernsthaft, wenn es funktioniert, hat es viele Vorteile, zu zweit zu schreiben. Man hat einfach schon sehr früh ein Korrektiv. Und Kai und ich ergänzen uns wirklich gut.
Auch für die Regiearbeit hat es Vorteile, wenn man selbst mitschreibt. Gerade bei Krimis geht es sehr viel um die Atmosphäre, und damit auch um die Drehorte. Man kann sich viel ausdenken, aber vieles findet man so nicht, oder es wäre zu teuer, es herzustellen. Und so versuchen wir das Buch schon von Anfang an auf spannende Orte zu schreiben, die trotzdem möglichst atmosphärisch und spektakulär sind – wie zum Beispiel das Einkaufszentrum "My Zeil". Davon habe ich durch Zufall mal ein Foto gesehen, gerade bei Nacht ist es architektonisch wirklich besonders. Im Roman war das ein anderer Ort, aber als Mitautor der Drehbücher kann man das dann einfach mal umschreiben. Gerade bei den beiden neuen Filmen hat es mir geholfen, dass ich schon zweimal in Frankfurt gedreht habe.
Sie haben "Ein allzu schönes Mädchen" und direkt im Anschluss "Engel des Todes" gedreht. Welche Vorteile bietet diese Zusammenlegung der Produktionen?
Na ja, produktionstechnisch ergeben sich Synergien. Generell ist es eine Herausforderung, solche Filme in einem TV-Film Rahmen zu realisieren. Wir hatten alleine bei "Ein allzu schönes Mädchen" über 40 Darsteller und wahrscheinlich über 60 Motive. Wenn man zwei Filme gleichzeitig dreht, kann man Drehorte doppelt verwenden, wie z.B. das Polizeirevier. Oder zumindest Drehorte finden, die nahe beieinanderliegen. So spart man Geld, aber auch Zeit, die man dann für die Inszenierung hat. Auf der anderen Seite war es auch nicht nur einfach.
Es gab in dem festen Marthaler-Schauspielerensemble so gut wie keine Veränderungen. Erleichtert der Umstand, dass man sich schon von vorangegangenen Produktionen kennt, die Zusammenarbeit?
Man muss sagen, dass es einfach ein großes Glück ist mit solchen Schauspielern wie Matthias Koeberlin oder auch Julia Jentsch, Tim Seyfi, Jürgen Tonkel, Claudio Caiolo, Peter Lerchbaumer, Anke Sevenich, Ellenie Salvo Gonzáles und Mirjam Weichselbraun zu arbeiten. Dieser "wilde Haufen" macht für mich die Marthaler-Filme letztlich zu einem großen Teil aus. Aber gerade bei dem Film "Ein allzu schönes Mädchen" bin ich wirklich stolz auf das ganze Ensemble.
Stab und Besetzung
Montag, 12. Oktober 2015
Der Fernsehfilm der Woche
Kommissar Marthaler – Ein allzu schönes Mädchen
Krimi nach dem gleichnamigen Roman von Jan Seghers
Buch Kai-Uwe Hasenheit, Lancelot von Naso
Regie Lancelot von Naso
Kamera Lars Liebold
Schnitt Kilian von Keyserlingk
Musik Oliver Thiede
Produzentin Susanne Freyer
Produktion Akzente Film- und Fernsehproduktion GmbH
Redaktion Anja Helmling-Grob
Die Rollen und ihre Darsteller
Robert Marthaler Matthias Koeberlin
Kirsten Höpfner Julia Jentsch
Kai Döring Jürgen Tonkel
Carlo Sabato Claudio Caiolo
Manfred Petersen Tim Seyfi
Manon Schumann Ella June Henrard
Hans Hermann Peter Lerchbaumer
Elvira Anke Sevenich
Marcus Gessner Martin Semmelrogge
und andere