Serie: DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER, ab 1. Oktober in deutschen Kinos, Teil 6

 

Kirsten Liese

 

Berlin (Weltexpresso) – Den Schauspieler Burkhardt Klaußner muß man nicht vorstellen. Er kann seinen Beruf. Hier versucht er, sich Fritz Bauer anzuverwandeln. Wie er das tut, erzählt er hier. Woanders steht, wie diejenigen, die den echten Fritz Bauer noch kannten, seine so überzeugende Gestaltung finden. Die Redaktion

 

Herr Klaußner, Ihr Kollege Gert Voss gab den hessischen Generalstaatsanwalt in Giulio Ricciarellis Film „Im Labyrinth des Schweigens“. Es war seine letzte Kinorolle. Worin lag für Sie die Herausforderung, Bauer jetzt auch noch einmal zu verkörpern?

 

BK: Gert Voss spielt im „Labyrinth des Schweigens“ Fritz Bauer in einer Nebenrolle. Er macht das vorzüglich und auf seine ganz eigene Art, indem er sich der historischen Figur gar nicht übergibt, sondern seine Rolle kraft seiner eigenen Autorität gestaltet. Das ist aber kein Film über Fritz Bauer, sondern eine rein fiktive Geschichte über einen jungen Journalisten und seine Versuche, Licht ins Dunkel zu bringen. Für mich ist Bauer einer der wenigen wirklichen Helden des westdeutschen Nachkriegsdeutschlands, aber leider vergessen. Das muss sich ändern.

 

 

Wann haben Sie den Namen Fritz Bauer zum ersten Mal gehört?

 

BK: Das muss im Jahr 1969 gewesen sein, als ich anfing an der Freien Universität in Berlin Germanistik und Theaterwissenschaft zu studieren. Als ich dann ein Jahr später auf die Schauspielschule ging, da war Fritz Bauer durchaus präsent, auch als Vorbild.

 

 

Im Gegensatz zu Voss haben Sie sich Ihrer Rolle äußerlich sehr stark anverwandelt. Das ist ja bei historischen Figuren nicht immer einfach. So wurde z.B. Bruno Ganz trotz seiner fulminanten schauspielerischen Leitung als Hitler von einigen Journalisten scharf kritisiert, weil er ihn angeblich zu „menschlich“ dargestellt habe.

 

BK: Natürlich kann man sich in seiner Darstellung von einer historischen Figur distanzieren, dann ist sie eigentlich nur noch Folie oder Vorwand. Aber man kann auch zu weit gehen.  Hitler zu spielen,  ist ein schier unmögliches Unterfangen, bei dem selbst der großartigste Schauspieler Bruno Ganz an Grenzen kommen musste. Aber es gibt noch einen Mittelweg. Ich glaube, wenn man es schafft – und das ist die Herausforderung – einen Menschen in seinen Eigenheiten zu bewahren und dennoch die Freiheit dem Zuschauer zu lassen darin, eine ganze Generation zu erfassen, dann kommt man relativ weit. Bei Fritz Bauer sind seine Eigenheiten besonders markant. Noch bevor ich die Rolle zugesprochen bekam, die ich dann allerdings unbedingt spielen wollte, habe ich mir das Filmmaterial angeschaut und war verblüfft, wie sich in Bauers Eigenschaften als Feuerkopf, Einsamer, Intellektueller und Raucher sein Wollen und Tun abbildet.

 

 

Es ist keineswegs erwiesen, dass Fritz Bauer homosexuell war. In Kraumes Film wird allerdings angedeutet, er sei es gewesen. Warum hält man sich nicht klar an die Fakten?

 

BK: Dass Bauer wegen Kontakten zu männlichen Prostituierten während seiner Zeit in Dänemark registriert war, steht fest. Wir erfahren hier von einem Menschen, der – das kann man deutlich sagen – den Antrieb zu seinen aufklärerischen Taten auch mit Triebverzicht und Einsamkeit bezahlt hat.

Für uns steht Homosexualität aber auch symbolisch für eine Zeit, in der bestimmte Dinge unter hoher Strafandrohung tabuisiert waren, von denen wir heute wie selbstverständlich ausgehen. Sie ist gewissermaßen der Schlüssel zum Kenntlichmachen einer geschlossenen und mit Tabus behafteten Gesellschaft.

Es gibt eine Fraktion von Experten, die sich darüber empört, befremdlicherweise. Homosexualität ist heute ja wohl kein Makel mehr und sicher keine Rufschädigung. 

 

 

Wie erklären Sie sich die wilden Debatten und Anfeindungen über solche Kontroversen, die sich bis in die Feuilletons vieler Zeitungen ihre Kreise gezogen haben?

 

 

BK: Das hat uns zum Staunen gebracht. Aber offensichtlich polarisiert Fritz Bauer noch immer auf manchmal nicht nachvollziehbare Weise.  Einige dieser Personen und Institutionen sind sehr stark von sich überzeugt und halten alle anderen für minderbemittelt, man kommt nicht so ganz dahinter, was das soll. Also da spielen Eitelkeiten offensichtlich doch eine größere Rolle als inhaltliche Kontroversen, das ist schwer zu durchschauen.

 

 

Welche Bedeutung hat für Sie diese Partie innerhalb Ihrer Filmografie?

 

BK: Ich  empfinde es als großes Glück, Bauer spielen zu dürfen. Er ist ein deutscher Held, den es zu entdecken gilt; die helle Seite der Medaille, deren dunkle wohl der Pfarrer im „Weißen Band“ darstellt.

Beinah eine Galerie deutscher Männer, die ich da in den letzten Jahren gespielt habe. 

Es können ruhig noch ein paar Helden mehr sein.