Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 29. Oktober 2015, Teil 2

 

Romana Reich

 

Berlin (Weltexpresso) – Für einen Debütfilm ist das ausgelutschte Thema erstaunlich originell ausgefallen. Wie viele Filme kennt man, wo das familiäre Ferienhaus garantieren soll, daß endlich nach anstrengenden Berufsmonaten die Ferien das häusliche Glück bringen werden – und dann das Gegenteil passiert. Hier nun mit besonderen Varianten.

 

Tom Sommerlatte schrieb sich als Regisseur das Drehbuch selbst und es geht fast ohne Peinlichkeiten ab, die im Sujet doch naheliegen. Denn letzten Endes sind das Klischees, das vom harten Arbeiten zu Hause und dem Entspannen in der Fremde. Und erst ein Familienferienhaus im Ausland. Das potenziert dann noch mal die Erwartungen, dabei weiß jeder, der nicht über Millionen gebietet und seinen Ferienpalast von den Angestellten vorbereiten und reinigen läßt, daß ein eigenes Heim zu besitzen, das in der Regel leer steht, bei der Inbesitznahme bedeutet, daß erst einmal viel Arbeit droht, was sich beim Abreisen wiederholt.

 

In diesem Film soll es aber genau um die Zeit zwischen Ankommen und Abfahren gehen, wenn wir zuerst einmal Matthias (Sebastian Fräsdorf) kennenlernen, der mit seiner französischen Freundin Camille (Alice Pehlivanyan) und deren Sohn im Haus seiner Eltern an der französischen Atlantikküste in den Tag hineinlebt, das nötige Rasenschneiden genauso aufschiebt, wie Aufräum- und Ausbesserungsarbeiten, schließlich kommt sein normenstrenger Bruder erst eine Woche drauf. So war der Plan und während wir noch überlegen, wieso die leicht zickige, aber eben auch vital selbstbewußte Camille sich mit diesem Matthias zusammengetan hat, wird diese Frage zur Überlebensfrage.

 

Denn auf einmal steht eine Woche zu früh Bruder David (Godehard Giese) mit seiner taffen Lena (Karin Hanczewski) vor der Tür. Das wäre nicht so schlimm, das Haus ist groß genug, aber die erste Amtshandlung des erfolgreichen Bankers ist es, daß der fremde Junge verschwinden müsse, denn er ist in Davids ureigenem Zimmer einquartiert. Als trotz der Proteste des Jungen und seiner Mutter abzeichnet, daß der Junge verschwinden muß und zu seinem Vater gebracht werden soll, ist für den Zuschauer klar, daß beide Brüder es verschissen haben: Matthias, weil er so etwas zuläßt, David, weil er so etwas fordert.

 

Doch das Drehbuch gibt beiden noch eine Chance und die beiden Frauen auch. Nur übers Kreuz. Denn auf einmal ist es David, der in den Ferien einen drauf machen will, was dem Naturell der Camille entspricht und beide gehen eigene, gemeinsame Wege. Warum es den David aus dem häuslichen Glück zieht, wird schnell klar. Diese Ferien sind dazu da, daß endlich der Ehefraueneisprung genutzt werden kann, um den ersehnten Stammhalter produzieren zu können. Den enervierenden Reden der beiden ist anzumerken, daß dies schon eine Weile probiert wird, was Lena zu einer aufdringlichen Ehefrau macht, die einen Beischlaf als fällige Dienstleistung des Ehemanns ansieht, während er lieber nach Lust handeln möchte.

 

Alles klar? Die Personenkonstellation auf jeden Fall hat es in sich und wir – gewappnet durch etliche dümmlicheren Sommerkomödien – können dieser Variante einen gewissen Charme nicht abstreiten. Was nämlich nach und nach passiert, das ist, daß hinter den Schablonen der ungleichen Brüder , dem Sieger- und dem Verlierertyp und den ungleichen Frauen, die eine kapriziös und die andere besonders verantwortungsvoll und versorgend, doch die Menschen hervortreten, die sich den Situationen stellen und in der Lage sind, die überschaubare Situation gewinnbringend zu verändern.

 

Wenn wir das so dahinschreiben, soll das ausdrücken, daß dieser Film auf dem richtigen Weg ist, diese Figuren lebendig werden zu lassen, aber noch nicht wirklich lebendige Wesen möglich macht. Denn irgendwie bleiben die beiden Frauen stecken, während sich die Männer entwickeln dürfen.

 

Aber, wenn man sich vorstellt, wie grauenvoll das dort in dem Familienhaus in Frankreich hätte werden können, als Film versteht sich, dann darf man das als deutsche Sommerkomödie akzeptieren.

 

Der Film war für die Eröffnung der Sektion PERSPEKTIVE DEUTSCHES KINO bei der diesjährigen Berlinale ausgewählt. Schon mal was für einen Debütanten. Warten wir auf weitere Filme von Tom Sommerlatte.