Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. November 2015, Teil 2

 

Margarete Frühling

 

München (Weltexpresso) - Anne Gueguen (Ariane Ascaride) ist Lehrerin am Problem-Gymnasium Léon Blum; es steht in der Pariser Multi-Kulti Vorstadt Créteil. Sie wird Klassenlehrerin in der 11. Klasse, deren Schüler für sich selbst keine Chance sehen, das Abitur zu erreichen. Sie stören, haben keine Lust zu lernen und tragen ihre Streitereien in der Klasse aus.

 

Madame Anne versucht, die durch scheinbar unüberbrückbare Differenzen gespaltene Klasse zu motivieren und den Schülern Selbstvertrauen zu vermitteln. Gleichzeitig legt sie Wert darauf, dass die von ihr aufgestellten Regeln eingehalten werden, dazu gehört der Verzicht von rassistischen Äußerungen.

 

Nach einigen größeren Vorfällen teilt sie der Klasse mit, dass sie die Klasse bei einem renommierten, nationalen Schülerwettbewerb, dem "Nationalen Wettbewerb zum Widerstand und zur Deportation", mit dem Thema "Kinder und Jugendliche im System der Konzentrationslager der Nazis" angemeldet hat.

 

Die Arbeit am Projekt wird nach der normalen Schulzeit stattfinden. Beim ersten Treffen von Madame Anne und der Bibliothekarin Yvette (Geneviéve Mnich) sind nur zwei Schüler pünktlich, die fleißige Julie (Naomi Amargar) und der stille Théo (Adrien Hurdubae). Die meisten Jugendlichen stoßen aber später doch noch dazu.

 

Nach anfänglichem Ärger und Rückschlägen fangen die Schüler an, sich für das Thema zu interessieren, da sie merken, dass das Thema auch Frankreich und besonders auch Jugendliche ihres Alters betrifft.

 

Malik (Ahmed Dramé), der sich besonders für Filme interessiert, bringt erste gute Ideen ein. Mélanie (Noémie Merlant) sieht im Fernsehen einen Bericht über Simone Veil und stellt fest, dass ihr Yvette ein Buch über die jüdische Politikerin gegeben hat. Ein Besuch in einem Museum zum Faschismus macht die Schüler nicht nur betroffen, sondern bringt sie auch näher zusammen. Aber erst das Gespräch mit Léon Zyguel, der als 15jähriger nach Auschwitz verschleppt wurde und der aus seinem Leben im Lager erzählt und ihnen den Schwur der Überlebenden von Buchenwald vorliest, bringt eine Wendung. Die Schüler erkennen, dass es auch für sie wichtig und erfolgreich ist, gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten.

 

Das Ergebnis des Wettbewerbes wird gedruckt und eingereicht. Dann erhält die Klasse einen Brief mit einer Einladung...

 

 

Der Film beruht auf den Erlebnissen von Ahmed Dramé, der der Regisseurin Marie-Castille Mention-Schaar einen ersten Entwurf seines Drehbuchs geschickt hatte. Sie haben es dann zusammen bearbeitet. Daneben hat Dramé auch die Rolle des Malik übernommen.

 

Seine besondere authentische Wirkung erzielt das Drama nicht nur durch die sparsam eingesetzte Musik oder die Handkamera, sondern auch durch die wunderbaren jungen Darsteller und die zurückhaltend spielende Ariane Ascaride als Anne Gueguen.

 

Kleine aber mitreißende Szenen verdeutlichen auch die familiären Hindergründe der Schüler, wenn z.B. Mélanie hinter ihrer betrunkenen Mutter aufräumt, Jamila wegen ihrer Kleidung von Eiferern angemacht wird, Malik ohne Kommentar die täglichen rassistischen Schmierereien im Hausflur beseitigt oder er den täglichen Rassismus im Bus beobachtet.

 

Das Highlight des Filmes ist sicher die Szenen, in denen der Holocaust-Überlebende Léon Zyguel (der sich im Film selbst spielt) den Schülern seine Lebensgeschichte erzählt. Die Tränen der jugendlichen Darsteller wirken in diesem Moment echt und nicht gespielt.

 

"Die Schüler der Madame Anne" ist ein hervorragend gespieltes Drama und kann als äußerst bewegender Film - vor allem vor dem augenblicklichen Hintergrund über die Flüchtlingsproblematik in Deutschland - uneingeschränkt empfohlen werden.

 

Info:

Die Schüler der Madame Anne (Frankreich 2014)

Originaltitel: Les Héritiers

Genre: Drama

Filmlänge: 105 Min.

Regie: Marie-Castille Mention-Schaar

Drehbuch: Marie-Castille Mention-Schaar, Ahmed Dramé

Darsteller: Ariane Ascaride, Ahmed Dramé, Noémie Merlant, Geneviéve Mnich, Stéphane Bak u.a.

Verleih: Neue Visionen Filmverleih

FSK: ab 6 Jahren

Kinostart: 05.11.2015

 

Foto: Malik (Ahmed Dramé) und seine engagierte Klassenlehrerin Anne Gueguen (Ariane Ascaride) werden zu einem unschlagbaren Team. © Neue Visionen Filmverleih