10 Jahre Jubiläum des naxos.Kinos Frankfurt mit MAUS UND KATZ und Mario Adorf,    Teil 1

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die 10 Jahresfeier noch interessanter und ereignisreicher, als wir erwarteten. Sogar der Hauptdarsteller des Jubiläumsfilms, der verehrte Mario Adorf, war leibhaftig in die Naxoshalle gekommen, um zum einen dem naxos.Kino zum anspruchsvollen Programm zu gratulieren und das Durchhalten der ehrenamtlichen Arbeit für die nächsten 20-30 Jahre zu wünschen, zum anderen plauderte er mit dem Publikum, das ihm am Munde hing und ihn dann herzlich verabschiedete.

 

Der aus München gekommene Meister hatte nämlich Hunger, den er zusammen mit Drehbuchautor Peter Zingler und Regisseur Hajo Gries stillen wollte, währenddessen Moderator Andrej Bockelmann – aus seinen hr-Zeiten in guter Erinnerung, das zeigte der Beifall – die eigentliche Hauptperson Wolf Lindner zum bisherigen Erfolg, den schönsten Geschichten und der Zukunft befragte. Und genau diese Mischung macht den Charme des naxos.Kinos aus: daß da ein großer Filmstar ganz nonchalant von seinem Hunger sprechen kann, aber doch auch hochprofessionell seine Einschätzung vom geschauten Film vermittelt , der ihm beachtlich erschien – dem Publikum auch! - und den er nach dem Drehen 1993 und Zeigen in der ARD 1994 völlig aus den Augen verloren hatte. Er wußte zuvor noch nicht einmal so richtig den Inhalt und freute sich sichtlich, daß er sich beim Anschauen nicht nur wiedererinnerte, sondern auch beglückt davon sprach, wie wichtig dieser Film sei und wie toll die Kollegen gespielt haben.

 

Denn eine der Nettigkeiten beim Zuschauen war auch, daß man Schauspieler erlebte, die deutlich jünger (und dünner) aussehen als man sie heute, wo sie bekannt geworden sind, kennt. Beispiele sind Ulrich Tukur und auch Ulrike Kriener, die ein tolles Gespann abgaben neben dem doppelten Duo, einmal dem als Bürgermeister Heinz Lückert tierisch präsent wirkenden Mario Adorf mit seiner alkoholseligen Ehefrau Brigitte Janner – verheiratet mit dem Regissuer - und dann als Gegner des zwar knallharter, aber doch auch in Kleinfamilie gesitteten Bordellkönigs, den Dieter Mann ab.

 

Der Abend galt aber ab 18 Uhr erst einmal dem Jubiläum, zu dem extra Frankfurts Kulturdezernent Felix Semmelroth gekommen war. Schon da waren die Tische im vorderen Bereich der Naxoshalle gefüllt, was angesichts des eh warmen Novemberabends das sonstige Kältegefühl nicht aufkommen ließ, das immerhin dafür verantwortlich ist, daß das naxos.Kino vom 18. November bis in den März nächsten Jahres hinein schließt. Was schade ist, denn das Kino selbst, das in die Halle eingebaut ist, ist durchaus warm; die bereitliegenden Decken taten ein übriges.

 

Immer wieder Wolf Lindner. Der hatte nicht nur das Mikrophon in der Hand und begleitete erst einmal durch den Abend, sondern der war auch der, der immer wieder Beifall erhielt und einfach am besten Bescheid wußte, wenn noch Fragen zu den letzten 10 Jahren auftraten, die keiner beantwortet hatte. Während der ersten Minuten hatten wir uns erst einmal die Filmplakate angeschaut, die an den Wänden hingen und von den Filmen der letzten 10 Jahre erzählen, wobei, das muß man immer wieder betonen, es um Dokumentarfilme geht. Von Brinkmanns Zorn, Unsere Ozeane, Under Cover unter Nazis, der Mondverschwörung bis zum Film FRITZ BAUER – TOD AUF RATEN von Ilona Ziok, der, so konnte man lesen, hier seine hessische Uraufführung erfuhr, und der der Anlaß ist, daß der so verdienstvolle, gleichwohl in der jungen Bundesrepublik bekämpfte Hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (u.a. Initiator der Auschwitzprozesse) wieder bekannt wird, was sich in bisher zwei Spielfilmen äußert, dem ein Fernsehfilm demnächst folgt.

 

 Wenn man davon ausgeht, daß an rund 40 Abenden eines Jahres die gezeigten Filme, die zusätzlich auszeichnet, daß in rund 80 Prozent der Fälle die Regisseure für das anschließende Filmgespräch anwesend waren, gezeigt werden und das mit den zehn Jahren multipliziert, wird eine der entscheidenden Fragen, wie es zu den rund 450 Filme kam, also, welche Filme gezeigt wurden, wie deren Auswahl zustandekommt und wer dafür verantwortlich ist. Das wurde am Abend gleich mehrfach beantwortet, was kein Problem war, denn die Gespräche zwischendrinnen im Publikum - „Ach, daß ich Dich wieder mal sehe. Mindestens 6 Jahre her...“ - ließen Wiederholungen sogar sinnvoll erscheinen. Es standen nämlich lauter kompetente Redner zur Verfügung und doch endete immer wieder alles bei Wolf Lindner, der eben doch spiritus rector oder auch Vater des Ganzen ist.

 

Der gegenwärtige Vorsitzende des Vereins, der sinnvollerweise gegründet worden ist, um solch publikumsträchtiges Vorhaben ordentlich ablaufen zu lassen, gab genauso darüber Auskunft, wie - dann noch einmal befragt von Willy Praml - im Detail Wolf Lindner. Überhaupt war uns dies Zwiegespräch zwischen Praml und Lindner der wichtigste Teil, obwohl der Ausdruck Zwie..ein weites Feld ist, bestritt es doch hauptsächlich Willy Praml. Aber wie! Er er erzählte uns bisher Unbekanntes über die 1871 gegründete Firma Naxos, die wirklich nach der griechischen Insel benannt ist – deren Eigentümer, wie viele Unternehmensgründer, ein jüdischer Frankfurter war und ein passionierter Hobbyarchäologe dazu, der auf Naxos ausgrub!! – aber mit Schmirgelpapier reüssierte. Praml sprach auch davon, daß der letzte Nachkomme der Familie im KZ Theresienstadt war. Darum kümmern wir uns noch. Denn das alles war so interessant, konnte aber angesichts des 10 Jahre Jubiläums jetzt nicht vertiefen werden. Willy Praml versprach uns allen, dies ausführlich im nächsten Jahr weiterzuspinnen, wenn nämlich das Willy Praml Theater in der Naxoshalle 25 Jahre alt wird.

 

Dann wird auch eine Rolle spielen, was hier nur kurz erwähnt wird, in welchem Kontext sich das Willy Praml Theater und er selbst als dessen Leiter versteht. Willy Praml war 1972 nach Hessen gekommen, weil die damalige Lehrlingsbewegung als Weiterschreibung der Studentenbewegung zur Errichtung der Jugendbildungsstätte Dietzenbach geführt hatte, wo Willy Praml als Theaterpädagoge Bildungsarbeit mit unterprivilegierten Schichten machen konnte. Daß er die damalige Politik Hessens, die zum Slogan HESSEN VORN geführt hatte, so lebendig werden ließ, wurde zur Vorfreude auf das nächste Jahr, wo das alles beim Jubiläum des Theaters ausführlicher zur Wirkung kommt. Fortsetzung folgt.

 

P.S.: Nur mal am Rande ist dann doch erwähnenswert, daß mit Andrej Bockelmann ein Sohn eines Frankfurter Oberbürgermeisters, nämlich von Werner Bockelmann, 1957 bis 1964 als sozialdemokratischer OB tätig, heute moderiert. Den hatten wir zu fragen vergessen, ob er denn in der Amtszeit seines Vaters ähnlich Vorgänge, nämlich Bestechung und Kumpanei registriert hatte. Wir vermuten: nein. Oder?

 

Eine andere Sache, die wir nur am Rande mitbekamen, gilt dem Kinokulturpreis, der im Rahmen des Hessischen Filmpreises jährlich vergeben wird, und der durch die finanzielle Ausstattung für hessische Kinos enorm wichtig ist. Wieso nach den erfolgreichen Jahren 2009 bis 11 - 2012 verschwanden die eingereichten Unterlagen - dann zum letzten Mal 2013 der Preis an das naxos.Kino ging, aber 2014 und 2015 trotz des gleich guten Kinoangebots kein Preis folgte, wollen wir bei der Jury des Preises nachfragen. Fortsetzung folgt also.