Aus Anlaß des Anlaufens von HEIDI, dem neuen Film: Film, Buch (Johanna Spyri) und TV-Serie auf DVD, Teil 3

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wir hatten schon bei der Filmkritik vom 10. September, als der neue Film HEIDI anlief, viel zum Film berichtet. Das soll ein Interview mit dem Regisseur abschließen, worauf ein Vergleich der Bücher kommt, in denen das Original der Johanna Spyri mehr oder minder bearbeitet ist. Die Fernsehserie, die auf DVD vorhanden ist, darf nicht fehlen. Die Redaktion

 

 

Folge 1. Die Reise zum Großvater

 

Es heißt am Anfang 'frei nach Johanna Spyri ' und was das 'frei' heißt, wird an ganz verschiedenen Stellen deutlich. Mal finden wir das gelungen, mal fragwürdig. Der Roman fängt mit der Ankunft von Dete und Heidi im Dörfli an, wo es hoch hinauf zum Großvater geht. In der Zeichenserie jedoch wird mit dem Kofferpacken im bisherigen Zuhause von Heidi und ihrer Tante Dete begonnen, weil so die Ausgangssituation, die neue Stelle für Dete in Frankfurt, was das Bleiben von Heidi bei seinem Großvater erzwingt, im Dialog zwischen Dete und Heidi vermittelt wird und nicht als Erzählen durch den Autor stattfindet wie im Buch. Das ist nicht ungeschickt und nach und nach merkt man, daß dies Prinzip des Dialogisierens der größte Unterschied zur originalen HEIDI, dem Buch ist.

 

Wer das Buch gut kennt – und Kinder lesen sehr viel genauer als Erwachsene – ahnt sofort, warum beim Packen Heidis Katze sich im Koffer versteckt. Erstens tun das Katzen gerne, zweitens soll es die Vertrautheit von Heidi zum Tier und umgekehrt zeigen und den Wunsch der Katze mitzureisen, aber es wirkt auch wie ein Vorgriff auf Frankfurt, wo Heidi ja die kleinen Kätzchen vom Markt in den Sesemannschen Hausstand zum Entsetzen von Fräulein Rottenmeier einschleusen wird. Jetzt sind wir aber der Zeit weit voraus. Wir sind ja noch beim für die Serie erfundenen Wegfahren.

 

Am Bahnhof fällt Heidis Puppe zu Boden. Sie merkt es erst im Zug, als es schon losgeht. Das alles ist Erfindung, aber eine sinnvolle, denn an der Puppe und wie Heidi sie wiederbekommen kann, wird nun im Dialog zwischen dem netten Schaffner einerseits und Heidi und Tante andererseits Heidis Lebenssituation deutlich: Waise, die zum Opa in die Einöde muß. Der nette Schaffner fällt aus Nettigkeit von einer Peinlichkeit in die andere. Wenn er der Kleinen zum Trost von der Mutter, dann vom Vater erzählt und jedesmal hört: tot. Darüber lachen Kinder sich kringelig, weil die Kombination netter Erwachsener, der aus Unwissenheit zum seelisches Trampeltier mutiert, für sie unwiderstehlich ist. Für Erwachsene auch.

 

Der Zug hält im Dörfli – natürlich fährt im Roman bis dahin nur ein Bus! - und Heidi wird gleich von den örtlichen Kindern, von denen eins mit ihrer arroganten Mutter mitfuhr, gehänselt. Dem entläuft Heidi, die – und das ist eine entscheidende Stelle für alle weiteren Folgen – zum ersten Mal auf einer so grünen, so weiten Wiese steht, die Berge in Sichtnähe und das Firmament lichtblau und sonnig. Sie dreht sich vor Wonne in der Sonne wie ein Kreisel .und tanzt und jubiliert. Auch in den weiteren Folgen kommt es immer wieder zu solchen Glücksgefühlen für das Kind, die die Zuschauer richtig gut nachempfinden können. Es ist das Freiheits- und das Lustgefühl des Kindes an der Natur, das letzten Endes das inhaltliche Motiv der ganzen Heidi-Geschichten sind. Wenn einen nur nicht die immer dann auftretende Begleitmusik von „Heidi, Deine Welt ...“ so stören täte.

 

Heidi und Dete steigen also hinaus und finden den Großvater holzhackend vor seiner Hütte. Der Disput mit dem erst einmal unwirschen Almöhi, endet schnell mit dem Rauswurf von Dete und der Akzeptanz von Heidi als Gast. Während im Buch es gerade die Schweigsamkeit des Alten ist, die ihn störrisch und kantig macht, muß er in der Serie sehr viel reden. Zwar ist er nur am Anfang unwirsch, aber sobald er die Dorfleute sieht oder eben diese Dete, rastet er verbal aus.

 

Zu Kindern ist er anders. Zu Heidi nach kurzer Zeit liebevoll und den Geißenpeter, den behandelt er - wie einen General, er nennt ihn ja auch Geißengeneral. Das kommt in den Geschichten gut rüber, daß dieser Peter von den Seinen, nämlich den Kindern verlacht wird, während ihn der Almöhi schätzt. Das überträgt sich auch auf Heidi, die erst mal Respekt vor ihm hat, dann aber merkt, wie sie ihn leichtfüßig gängeln kann. Das nimmt ihr aber niemand übel, denn seit das Heidi den Berg hinaufgestürmt ist, den Schmetterling ganz von nahen sehen wollend, gilt ihr Interesse und ihre Zuneigung den Tieren, ach was, der gesamten Natur, einschließlich der schneebedeckten Berge – und der guten Luft dort.

 

Fortsetzung folgt.

 

Info:

TV-Serie HEIDI I und ff, Studio 100, 2015