Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. Januar 2016, Teil 7

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Hätten mehr Leute gewußt, wie kurzweilig dieser Dokumentarfilm über die Möglichkeiten war, mit Hilfe Dritter einen Partner fürs Leben oder doch zumindest einen Lebensabschnittsgefährten zu finden, das Orfeo wäre gerammelt voll gewesen. Dabei kennen wir schon mindestens sechs Frauen und drei Männer, die auf eben dieser Suche sind.

 

Hier wären sie fündig geworden. Nein, nicht im Zuschauerraum mit wirklichen Menschen, aber doch in einer fulminanten Information, was es so alles an Verkuppelungsveranstaltungen gibt in Europa, denn das Ganze nahm tatsächlich europäische Dimensionen an. Was bei solchen Premieren – die richtige fand am Mittwoch in Essen statt, wovon auch unser Foto stammt – was also bei solchen Premieren immer das Nette ist, bleibt, daß man Fragen stellen kann. Und in einer lebhaften Diskussion mit Lia Jaspers kam ganz am Schluß auch die Bestätigung von der Regisseurin, daß durch das Hin- und Herziehen ihrer Protagonisten quer durch Europa auf einmal in zehn Ländern (!) gedreht werden mußte. Da freuen sich die Produzenten.

 

Auch wenn die eigentlichen Dreharbeiten eineinhalb Jahre umfaßten, sechs Wochen das gedrehte Material gesichtet wurde – übrigens rechnet man nicht mehr in Stunden, sondern in Festplatten, war zu hören – und 4-5 Monate geschnitten wurde, setzt Lia Jaspers die Gesamtarbeitszeit für MATCH ME! bei dreieinhalb Jahren an.

 

Natürlich interessiert erst einmal bei einem solchen Film, der echte Menschen in lebenswahren Situationen zeigt, wie die Filmemacherin dazu gekommen ist. Sie hatte sehr viel mehr Personen, aber hatte sich aus unterschiedlichen Gründen für diese drei entschieden, wobei insbesondere die deutsche Johanna lang Zeit ungewiß blieb, denn ihre ersten Versuche einer Partnerwahl gelangen nicht – und so konnte man dem entnehmen, die Regisseurin wollte doch geglückte Eheanbahnungsversuche zeigen, auch wenn die Wirklichkeit meist das Gegenteil erweist.

 

An Irland beeindruckte die Landschaft, aber die dortige Matchmakerei in Massen hat längst nicht die Vitalität und Individualität wie diese finnische Gesellschaft, die Menschen zu Liebenden machen will und hat auch nicht die überirdische Abgehobenheit des ebenfalls massenhaft besuchten Yoga-Festivals, wo tatsächlich Sarah sich diesen Jonas aus Litauen per Vibrationsausschlag zuweisen läßt. Sarah, die so offen scheint und auf Meditation wert legt, entpuppt sich am Schluß als viel lebendiger, als man sie im Film erlebt hat. Ein gutes Zeichen für einen Dokumentarfilm, der Menschen sich entwickeln läßt. Denn, das kam auch in den Fragen der Zuschauer zum Ausdruck, in diesem Film passiert etwas mit dem filmischen Personal, weshalb eben auch der Zuschauer mitgeht, mitmenschelt und sich sozusagen wie ein Trauzeuge fragt, ob er seinen Segen zu dieser Verbindung geben soll. Eine regelrechte Ehe – und darum sprechen wir so lange über Sarah und Jonas – gehen nur diese beiden ein und die eigentliche Hochzeit in Litauen ist eine so ländlich frei wie gezielt ideologisch auf gute Laune gemacht.

 

Tatsächlich hatte Lia Japsers schon länger die Idee, einen Film über Yoga zu machen, was in diesem Film über die Versuche von Menschen aus einem zwei zu machen, was vielleicht drei oder vier werden sollen, dann seinen Ausfluß in diesen Vibrationen fand, die die Heilsführer beim Yoga-Festival bei den einzelnen Personen verspüren und zur Grundlage gezielter Partnerschaft machen.

 

Man fragt sich bei manchen Szenen, insbesondere der letzten zwischen Sarah und Jonas, ob die Worte von den 'Schauspielern', die sich ja selber spielen, kam, oder einem Drehbuch folgten, so gut passen sie einfach in das Konzept eines solchen Films, der Zweisamkeit herstellen will, aber nicht platt damit für ewig im siebten Himmel landen will. Man fragt sich, aber es kann gar nicht anders sein, als daß dies die wirklichen Äußerungen derer sind, die hier öffentlich über sich und ihre Gefühle und eben Eheanbahnungen sprechen.

 

Was aber tatsächlich im Film anders zustande gekommen ist, als normale Dreharbeiten denken lassen, sind Filmsequenzen, die ästhetisch abweichend wirken und einen entweder an Traumsequenzen oder eben Hintergründe denken lassen. Beispielsweise, wenn Johanna Silvester feiert und mit ihrem Tobi so manchen Versuch wagt. Ja, sagte die Regisseurin, das sind Handkameras, die sie zur Verfügung stellte, wenn sich in einer der Beziehungen etwas tat, was dokumentiert werden sollte, denn man konnte nicht immer davon ausgehen, daß während der normalen Dreharbeiten die Liebesgefühle die Protagonisten zum Ausbruch kommen und erfaßt werden können, wie es zum Beispiel in Barockopern mit ihren musikalischen Verzierungen der Fall ist.

 

Doch, der Film hat was und die Diskussion mit Lia Japsers hatte das auch. Man darf auf ihre nächsten Arbeiten gespannt sein.

 

Foto: Die Regisseurin bei der Premiere ihres Films am 20. Januar 2016