Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. Januar 2016, Teil 5

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Erst einmal überrascht dieser Film vom deutschen Regisseur Christian Zübert - „Hin und weg“, „Lammbock“, Tatort: „Nie wieder frei“ - mit einem Beginn in Griechenland, wo niemand weiß, wohin die Reise geht. Nach Deutschland für die Griechin, doch als ihr Verlobter nachkommen will, da reist sie überraschend zurück, nach Athen. Dazwischen liegt ein Krimi.

 

In den wird der Zuschauer hineingenommen, denn einerseits verfolgt er linear die Erzählung, wie Elena, die junge Griechin (Chara Mata Giannatou) mit dem perfekten Deutsch und einem Germanistikstudium, wie diese Elena nach Frankfurt kommt. Frankfurt? Ja, endlich nicht ins filmisch überstrapazierte Berlin. Wir erleben ihre Ankunft, die Aufnahme bei einer Landsmännin (natürlich Landsfrau, aber wie drückt man das aus?), die ihr den Job besorgt, in derselben Bar wie sie hinter der Theke zu stehen. Denn nach Deutschland ist die junge Frau gekommen, weil die berufliche Perspektive zu Hause null war und sie nicht nur herumhängen will. Eine Bar ist besser als nichts.

 

Nur wird daraus nichts, denn nach dem notwendigen Gesundheitszeugnis darf sie dort nicht mehr arbeiten. Sie ist schwanger. Harte Bräuche. Sind die so? Auf jeden Fall sucht sie Arbeit, denn sie will schnell 400 Euro sparen, damit das Kind nicht auf die Welt kommt. Denn so, schwanger und allein in Frankfurt hat sie sich das neue Leben nicht vorgestellt. Was liegt näher als auf eine Anzeige einzugehen, wo für ein Kleinkind eine pädagogische Betreuerin gesucht wird.

 

Bis dahin sind wir willig mitgegangen, denn man weiß ja nicht, wohin das alles führen soll – und dann hat man gleich genug davon. Denn sie kommt in eine Wohnung, wo ein junges Ehepaar mit eineinhalbjährigemKind wie aus der Öko-Retorte scheint, einschließlich ihrer modernen Wohnungseinrichtung in einer zweistöckigen Wohnung. Der so nette Ehemann (Benjamin Sadler) und die zickige Ehefrau und Mutter (Jördis Triebel) lehren einen das Fürchten, wie es in einer netten modernen Ehe mit einem grünen Lifestyl der besseren Kreise zugeht, und das Kind Lotte, das ist einfach ein Kind, das lacht, wenn es ihm gut geht und weint, wenn es ihm schlecht geht. Wozu eben das Vernachlässigen auch gehört. Längst aber hat Lotte gelernt, wie sie zu ihrem Recht gegenüber den Eltern kommt, was ihr Vater irgendwie nie lernen wird. Und zwischen allen Ansprüchen die Mutter Tessa.

 

Gerade als wir empfinden, daß die Geschichte auserzählt ist, passiert etwas, was zur Überraschung des Zuschauers aber schnell sein Ende findet: Elena – auf dem Weg zur Gynäkologin, denn längst hat sie sich für das Kind entschieden und macht Vorsorge - kauft etwas zu essen für die quengelige Lotte, die sie im Kinderwagen zurückläßt und die daraus verschwunden ist, als sie aus der Bäckerei kommt. Ende.

 

Und nun kommt etwas, was dem Film erst die Würze gibt. Es erscheint eine Zwischenüberschrift und nun wird parallel dieselbe Geschichte erzählt, die eben nur die gleich ist, wenn nun aus der Perspektive von Tessa ihr Leben als junge Mutter und in den Beruf Zurückkehrende geschildert wird. Ohne mit dem Holzhammer draufzuhauen, dreht Regisseur Zübert einfach nach und nach unsere Einschätzung von dieser Zicke Tessa um. Das ist geradezu elegant, ja teuflisch gemacht, wenn ein und dieselbe Szene auf einmal eine Vorgeschichte oder einen Nachschlag erhält, wo die Beteiligten anders ausschauen als in der ersten Version, die eindeutig die Geschichte der Elena ist.

 

Und der Ehemann? Der bleibt auf der Strecke, auch unseres Interesses, denn er ist der Situation am wenigsten gewachsen und wünscht sich wie ehedem, seine Ehefrau als brave Mutter zu Hause. Die aber – auf einen Schlag kinderlos – zeigt, was in ihr steckt. Das Kindermädchen Elena ist nämlich auch verschwunden, weshalb die Vermutung naheliegt, daß sie mit dem entführten Kind nach Griechenland floh. Nichts wie hinterher, sagt sich Tessa und zeigt sich als handelnde starke Frau. Nicht unbedingt sehr überlegt, aber sehr mit sich im Einklang. Was dann in Athen alles passiert und wie sich das Ganze auflöst, wollen wir hier nicht verraten.

 

Wir wollen nur weitersagen, daß sich den Film anzuschauen lohnt!