Serie: NACKT UNTER WÖLFEN. Zum Wiederaufleben des Romans durch die ARD-Ausstrahlung am 1. April 2015 , Teil 9

 

Elke Eich

 

Berlin (Weltexpresso) – Peter Schneider wird durch die Szene, in der er als politischer KZ-Gefangener André Höfel in “Nackt unter Wölfen“ brutalst gefoltert wird, auf immer in Erinnerung bleiben. Mit dem Apitz-Stoff war der Leipziger Schauspieler und Musiker schon in Kindheit und Jugend vertraut... 

 

Die Anfrage für dich und Florian Stetter kam gleichzeitig, und Ihr kanntet Euch ja schon vom Dreh für “Geliebte Schwestern“, in dem Du Schillers besten Freund gespielt hast. Überhaupt kannten sich viele aus dem Team - Regisseur und Drehbuchautor eingeschlossen.

Die haben Florian und mich zusammen, sozusagen als Paar angefragt.
Und was die Arbeit insgesamt betrifft, kann ich nur sagen dass das eine ganz tolle Ensembleleistung ist, und zwar von allen Beteiligten.

Philipp Kadelbach als Zirkusdirektor hat natürlich einen Riesenanteil an diesem Film, aber auch Stefan Kolditz. Auch die Ufa, die uns mit Informationen versorgt hat. Wir konnten mit Zeitzeugen reden. Wir hatten auch sehr viel Zeit, um uns vorzubereiten. Wir wussten relativ früh von der Realisierung des Projektes, d.h. ca. drei Monate vor Drehbeginn. Und dass man so viel Zeit hat, um sich auf ein Projekt vorzubereiten, wird ja heutzutage immer seltener und ist etwas ganz Tolles.



Und wie hat sich diese Ebene “West-Ost“ in der Besetzung ausgewirkt?

Ja, das ist lustig, aber das war, glaube ich, echt Zufall! Was Florian und mich betrifft, haben die, glaube ich, nach einem Paar geguckt, das passt. Und dass er jetzt aus Regensburg in Westdeutschland und ich aus Ostdeutschland komme, spielt keine besondere Rolle (lacht).

Mit deiner DDR Sozialisation – beim Mauerfall warst du 14 – hattest du ja selbst noch mit dem Roman von Bruno Apitz in der Schule zu tun.


Ich habe „Nackt unter Wölfen“ von Apitz noch als Teil des Kanons der Pflichtliteratur in der Schule gelesen. Und ich war vor der Jugendweihe, das war aber schon 1990 im Frühjahr, im KZ Buchenwald, sozusagen als Vorbereitung für diese Jugendweihe.


Welche Funktion hatte die Lektüre von “Nackt unter Wölfen“ in der DDR, was die Sozialisation bzw. die Identifikation betrifft?


Das weiß ich gar nicht, was es von Oben für eine Funktion hatte. Ich weiß nur noch, dass der Roman von Apitz mich unheimlich berührt hat, eines der wenigen Bücher dieser Pflichtliteratur. Und ich habe “Nackt unter Wölfen“ überhaupt nicht aus Pflicht gelesen, sondern weil es mich interessiert hat und das für mich einfach ein ganz toller Roman aus dieser Zeit war.

Bei „Timur und sein Trupp“ ist mir das auch noch so gegangen, ein Buch über einen russischen Jungen, der überall hilft.

 

 

Wie fandest Du dann die überarbeitete und redigierte Fassung von “Nackt unter Wölfen“, die 2012 raus kam?


Tatsächlich habe ich die Neuausgabe aus 2012 völlig unabhängig von dem Filmprojekt aus eigenem Antrieb gelesen. Ich fand es nochmal interessant, präsentiert zu bekommen, wie der Roman eigentlich von dem Apitz geschrieben wurde: also, was so die Kürzungen waren, was zensiert und was lektoriert wurde. Es gab da Sachen, die von ihm oder von dem Lektor gestrichen wurden, die das Ganze ambivalenter aussehen lassen, als es im Ursprungsroman der Fall war.

 


Wahrscheinlich war es in der ursprünglichen Fassung idealisiert und ideologisiert.

Sicherlich war es auch idealisiert, aber auch eindeutiger für die Sache. Diese unlösbaren Konflikte, in denen die Kapos waren, wurden nicht so thematisiert... Ich habe auch gelesen, dass Apitz das teilweise gemacht hat - er war ja selber sehr lange in Buchenwald – weil die Leute, die nach Ende des Krieges in hohe politische Positionen gekommen waren, ihn gebeten haben, bestimmte Sachen wegzulassen, die nicht so in das Bild gepasst haben. Und natürlich wurde auch durch das Lektorat im Verlag vieles gestrichen.

 


Beim Thema geht einem ja spontan der Film “Das Leben ist schön“ durch den Kopf. Dann habe ich noch an Jurek Beckers Buch und die Verfilmung “Jakob der Lügner“ gedacht. Ein Kind im KZ bzw. im Ghetto, dem dann erzählt wird: „Es ist ein Spiel!“, damit es nicht in Panik verfällt. Dann steht das Thema des Schutzes eines unschuldigen Kindes im Vordergrund.


Es ist von Bruno Apitz natürlich eine ganz clevere dramaturgische Konstruktion gewesen, das über ein Kind zu erzählen. Denn dem Apitz war bewusst, dass es ganz viele Kinder in dem Lager gab. Natürlich sehr wenige so junge Kinder.


Interessant, dass es in Buchenwald so viele Kinder gab und keine Frauen.

Das war dort so. Es gab in Buchenwald direkt glaube ich keine Frauen, nur in den Außenlagern. Und dann gab es ja Ravensbrück als reines Frauenlager.



Dramaturgisch betrachtet hat das Kind ja eine symbolische bzw. katalysatorische Bedeutung.

Vor allem in der Eindeutigkeit. Ich finde ja, dass diese Geschichte an der Rettung eines Kindes festgemacht wird, bringt so eine Eindeutigkeit rein. In der Realität wurden ja sehr viele Kinder gerettet. Die wurden teilweise auch heimlich unterrichtet in Buchenwald, und es wurde versucht, ihnen irgendwie Bildung zu vermitteln. Und das Kind steht eben für die Hoffnung, für die Zukunft und für das Maß an Menschlichkeit jedes Einzelnen.

 

Deine Figur, der André Höfel, ist ja anfangs bereit, das kleine jüdische Kind zu opfern, gemeinsam mit dem Mann, der es in einem Koffer ins KZ geschmuggelt hat.


Es ist ja das große Thema fast aller Figuren oder aller Kapos in Buchenwald gewesen, dass die Perversion darin bestanden hat, dass die SS das Lager unter Selbstverwaltung gestellt hat. D.h. Häftlinge haben die komplette Verwaltung des Lagers gemacht.


Und am Anfang hat man das mit Berufsverbrechern probiert, also nicht mit den politischen Häftlingen, sondern mit denen, die das grüne Dreieck hatten. Aber das ist dann total in die Hose gegangen, und da haben sie gesagt: „Wir nehmen die Kommunisten, die können organisieren und die können führen.“

Dann wurde das Lager quasi unter kommunistische Selbstverwaltung gestellt. Die Chance, die die Kommunisten da gesehen haben, war zum einen, dass sie dadurch diesen illegalen Widerstand organisieren konnten innerhalb des Lagers und natürlich auch Menschen in bestimmten Situationen helfen oder sie eben auch verstecken konnten.


Wobei es da natürlich auch ein großes Feld für Willkür gab…

Der Konflikt, in dem die, glaube ich, alle gestanden haben, war, dass sie zum einen natürlich dazu beigetragen haben, dieses perverse System weiterzuführen und sozusagen dann durch diese Arbeit und durch die Verwaltung, die sie gemacht haben, eben auch helfen wollten. Die Kommunisten waren ja auch die Einzigen, die in den echten Widerstand gegen die Nationalsozialisten gegangen sind in dieser Zeit.

Es gab ja so gut wie keine politische Kraft mehr in Deutschland, die sozusagen wirklich aktiv und mit Gewalt gegen den Faschismus vorgegangen ist.

Und das ist der Konflikt, in dem alle Figuren stecken: Zum einen verwalten sie das mit und haben dadurch Privilegien, wurden besser ernährt, konnten sich freier bewegen, hatten ihre Mitarbeiter und dienen aber eigentlich diesem faschistischen bzw. industriellen Vernichtungssystem bzw. tragen das mit. Und zum anderen hatten sie dadurch die Chance, Menschen zu helfen und zu retten.


Was ist deiner Meinung nach die relevante Botschaft des Films, auch gerade für jüngere Generationen? Bzw. auch für die, die meinen, man sollte endlich mal einen Schlussstrich ziehen und die Vergangenheit ruhen lassen.


Mich schockiert es, dass Menschen so etwa sagen.
Ich weiß nicht, ob es in dem Film eine einzige Botschaft gibt. Aber die Botschaft von uns Machern bzw. die Hoffnung, die wir haben, ist, dass man aus der Geschichte lernt. Und die Basis dafür ist, dass man die Geschichte auf keinen Fall ruhen lassen oder vergessen darf. Und wenn dazu der Film etwas beitragen kann, fände ich das total toll.


Was lernt man denn über das Menschsein oder die Fallen des Menschseins? Sehr stark im Vordergrund stehen doch auch Themen wie: Wie sind die Kommunisten! Es ist die große Sache! Es ist die rettende Ideologie! – Was ist da mit dem Urmenschlichen?
Es gibt ja auch im Film den jungen Mann (allerdings nicht in der politischen Abteilung der Kommunisten), der seinen kranken Vater retten will und in der Hoffnung auf Medikamente für ihn den Nazis den Verbleib des Kindes verrät. Und vielleicht sagt auch der Hans Pippig sich: „Das könnte auch mein Kind sein, das jetzt auch in einem ähnlichen Alter wäre.“ und ist deshalb so gerührt und motiviert.

Es ist halt nichts einfach in dieser Welt. Und es gibt keine einfachen Lösungen. Man kann nicht sagen: „Die und die!“ bzw. „“wegen diesem und jenem, wegen dieser Volksgruppe oder der Religionsgemeinschaft haben wir ein Problem.“
Das ist alles vielseitiger. Und letztendlich ist das auch bei den Protagonisten im Film so. Man kann nicht sagen: Das waren die Guten, weil sie Menschen gerettet haben. Man kann nicht sagen, das waren die schlechten, weil sie das System eigentlich mitgetragen und verwaltet haben. Es geht hier um das Urthema der Menschen, auch der kleinsten menschlichen Gemeinschaft. Selbst in einer Beziehung ist es nicht so einfach, zu sagen „So und so ist die Lösung für unser Problem!“ Es ist halt immer ein Auseinandersetzen und ein Versuch, Mensch und menschlich zu bleiben. Das ist vielleicht eine zentrale Botschaft.



Seit wann war eigentlich völlig klar, dass Du Schauspieler werden willst?


Relativ spät. Also, ich habe immer gespielt – in der Schule und in einer Laienspielgruppe des Landestheaters, und war dort dann auch bei Produktionen dabei. Und nach dem Abitur habe ich erst mal klassische Musik, also klassische Klarinette studiert. Und da habe ich aber schnell gemerkt, dass für mich der Lebensweg als Orchestermusiker oder als Musikpädagoge oder vielleicht sogar als Lehrer am Gymnasium nicht infrage kommt.


Währenddessen habe ich auch immer Bühnenmusiken gemacht und auch weiter gespielt. Dann habe ich gedacht, ich spreche mal vor an ein paar Schauspielschulen (Ich hatte mir drei staatliche Hochschulen ausgesucht) und dann hat es in Leipzig geklappt. Später habe ich innerhalb der Hochschule gewechselt und mit dem Schauspiel-Studium begonnen. Aber ich habe immer noch die Musik als zweite große Liebe in mir!

 

 

Du trittst ja auch immer noch als Musiker auf.

Ja, aber jetzt nicht mehr so oft. Was ich noch viel mache sind Bühnenmusiken und Filmmusiken für Dokumentationen usw., was ich zur Zeit immer weniger schaffe. Aber ich habe jetzt nie bewusst mit dem einen aufgehört und mit dem anderen weitergemacht. Sondern für mich selbst habe ich das immer so als ein künstlerisches Gesamtpaket gesehen.


Was ermöglicht Dir der Beruf des Schauspielers?

Es ermöglicht mir, politisch zu sein. Ich bin dann doch auch noch Schauspieler geworden, weil ich gemerkt habe, dass man mit der Musik doch sehr schwer Inhalte vermitteln kann. Und ich wollte halt immer politisch aktiv sein und auch handeln, habe aber gemerkt, dass das innerhalb des Systems unfassbar schwierig war. Bzw. habe ich auch gemerkt, dass ich das da nicht kann, in Form von z.B. Politiker werden oder in einer Firma in eine Position zu gehen, wo man vielleicht tatsächlich auch politisch agieren kann.

Ich finde die Kunst oder die Schauspielerei, das Theater, der Film sind eine sehr, sehr gute Möglichkeit, irgendwie seinen Teil dazu beizutragen, dass sich Dinge ändern. Dass Dinge nicht vergessen und Geschichten erzählt werden, dass Menschen sich verlieben und nachdenken, dass Menschen berührt werden und Reflexionsfähigkeit behalten. Dafür ist der Gesamtbetrieb Film und Theater ein ganz tolles Medium, finde ich.


Welche Entwicklung siehst Du in der Fernsehlandschaft bzw. bei den Themen, die im Fernsehen behandelt werden? Im Zusammenhang mit “Nackt unter Wölfen“ fiel ja seitens Nico Hoffmann und auch von Programmdirektor Volker Herres der Begriff „Radikalität“. Und es war die Rede von der bewussten Suche nach Trauer und Trauerarbeit.
Bewegt sich da einiges?

Ich hoffe! Das ist ja auch eine Riesenchance. Und ich sehe da ja auch immer die gesamte Kulturlandschaft, also sprich neben der Filmbranche auch die Theater.. Da ist eine Riesenchance in Deutschland gegeben, durch eine politisch neutrale aber auch wirtschaftlich unabhängige Finanzierung politisch pluralistisch und eben auch radikal sein zu dürfen.

Die Unabhängigkeit ist da, es ist nur die Frage, ob und wie das genutzt wird. Es ist so, dass jedes Landes- oder Stadttheater fast durchfinanziert ist. Die stecken in einer wirtschaftlichen Unabhängigkeit und letztendlich die Öffentlich-Rechtlichen auch. Es ist gut, dass das so ist. Und das muss man nutzen.


Das klingt nach erstaunlich wenig Druck und nach idealen Zuständen. Ist das “durchfinanzierte Theater“ tatsächlich noch Realität?


Also, wenn ein Intendant anfängt, mit den Stadträten und der Politik über Sparmaßnahmen zu kollaborieren und sich nach den Zuschauerzahlen ausrichtet, was sein Theaterprogramm betrifft, dann schafft er sich irgendwann selber ab. Weil dann irgendwann jeder Politiker sagt: „Das können wir auch auslagern, und das kann jemand wie “Stella Music“ oder irgend so eine private Firma auch machen. Dann brauchen wir das nicht mehr mit zu finanzieren.“

Diese Art der Finanzierung ist ja deshalb irgendwann mal entstanden, damit die Kunst immer unabhängig von Wirtschaft und Politik visionär und frei arbeiten kann und darf. Das ist, wenn es genutzt wird, ein unglaublich luxuriöser und erhaltenswerter Zustand.

Dieses Projekt “Nackt unter Wölfen“ ist ein gutes Resultat im Sinne dieser Unabhängigkeit. Und dass solche Filme gemacht werden können ist in rein wirtschaftlich orientierten Systemen in dieser Form nicht so ohne weiteres möglich.



Du drehst sehr viel. Kommt da Deine Theaterleidenschaft nicht zu kurz?


Ich hatte gerade in Leipzig mit “Frühlingserwachen“ Premiere und möchte zukünftig auch schauen, wie ich das Theater weiter unterbekomme.
(Anmerkung: Die Aussage bezieht sich auf 2015!)


Hast Du eigentlich Lieblingsrollen oder solche, die eine besondere Herausforderung für Dich wären?


Wenn es mich interessiert, spiele ich alle Rollen gerne! – Vielleicht bin ich da auch nicht so ein typischer Schauspieler, denn für mich sind alle Rollen, die ich spiele, eine Riesenherausforderung, sonst würde ich sie gar nicht erst übernehmen! Es gibt so gut wie keine Projekte, an die ich mit einer Mitnahmementalität heran gehe. Dazu ist mir mein Beruf zu wertvoll.

 

 

Um auf “Nackt unter Wölfen“ zurück zu kommen: Worin lag für Dich denn bei der Rolle des André Höfel der besondere Reiz?

Wir saßen ja im Kino in der gleichen Reihe, und ich habe sehr geweint. Und dann dachte ich noch, wie es Dir wohl dabei geht, diese Grausamkeiten auf der Leinwand zu “erleben“. Gerade auch wegen Deiner Rolle, in der Du so bestialisch gefoltert wurdest.

Bei diesem Film ist es so, was nicht immer der Fall ist, dass ich eine relativ große Distanz zu der Rolle aufbauen kann beim Zugucken. Wahrscheinlich, weil es irgendwie so ein extremes Fremdverhalten ist.

Ich sehe mich ja grundsätzlich überhaupt nicht gerne in Filmen und ich kann mich auch ganz schwer angucken bzw. auch ganz schwer Filme einschätzen, in denen ich spiele. Das ist für mich wirklich ganz schwierig. Sich selbst anzugucken ist für mich etwas Unnatürliches!! Und das war schon immer so.


Worauf führst Du diese Hemmung, Dir selbst zuzuschauen, zurück?


Am Theater gibt es so was ja auch nicht. Am Theater kannst du dir ja nie selbst zugucken. Da ist ein Moment, der entsteht. Der entsteht für den Zuschauer, für einen selbst und es gibt ein direktes Feedback, ein Interagieren. Vielleicht ist es deshalb, weil es beim Theater nicht so ist, so, dass ich es beim Film irgendwie auch nicht mag.

Es ist auch nicht eitel, denn ich gucke ja auch Filme mit mir an - so wie jetzt bei “Nackt unter Wölfen“. Es interessiert mich auch, das mit so einem Abstand noch mal zu sehen, vor allem auch in einem öffentlichen Rahmen: Ihr ward bei dem Screening ja für mich das erste Publikum.



Wie hat das Gefühl von Ohnmacht und extremem Ausgeliefertsein in Dir gearbeitet? Die Vorstellung, derart gefoltert zu werden und nichts tun zu können? Und stehst Du zu dem Aspekt, standhaft zu bleiben und nicht zu verraten, was die Folterer erfahren wollen?

Wie man selbst wirklich in solch einer extremen Situation handeln oder reagieren würde, weiß man einfach nicht.

Es wird nie zu begreifen sein, dieses System, auch die Rolle des Volks in dieser Zeit, der Macher in dieser Zeit, der Ausführenden, der Regierenden ... Also, für mich ist es ganz, ganz schwer überhaupt zu verstehen, wie es dazu kommen konnte.


Und wenn Du Dir nun die Strömungen in der heutigen Zeit anschaust...?

Ja natürlich! Da habe ich auch gedacht: „So geht das vielleicht los!“
Deshalb darf man Geschichte auch nicht vergessen, weil man aus Geschichte lernen sollte. Nicht nur die Menschen, die da auf die Straße gehen, sondern auch die Menschen, die Politik machen.

Eine Regierung, die sich damit abfindet und nichts gegen ein geringe Wahlbeteiligung oder eine Politikverdrossenheit unternimmt, ist eigentlich eine Regierung, die das Risiko eingeht, dass so etwas wieder entsteht. Das ist etwas, das ich ganz stark empfinde: Bei einer Wahlbeteiligung um die 50 Prozent muss man als Verantwortlicher in der Politik reagieren, und das wird seit Jahren versäumt.

Es wird nicht politisch, sondern im Sinne einer Wirtschaft gearbeitet. Das Resultat ist, dass die Menschen auf die Straße gehen und sich ihre Sündenböcke suchen. Und wenn dann einer kommt und sagt: „Das ist der Sündenbock! Das sind die Bösen!“, wird denen hinterher gerannt. Und für alle anderen, die immer noch versuchen, sozusagen in anstrengender Art und Weise sich da eine Meinung zu bilden und das für sich selbst zu klären und zu differenzieren, für die wird das Leben immer anstrengender, weil man irgendwie das Gefühl hat, so alleine gelassen worden zu sein...


Würdest Du eigentlich sagen, dass Du ein sehr mitfühlender Mensch bist? Den Eindruck machst Du jedenfalls.

Bestimmt bin ich das. Oder jedenfalls ein sehr beobachtender Mensch. Das ist ja auch berufsimmanent für mich, dass, wenn man sich in andere Menschen hinein versetzt, um zu spielen, man sicher auch empathiefähig sein muss.

 

Foto: aus dem Film (c) MDR

 

 


INFO:
 
Das Buch
 
Bruno Apitz, Nackt unter Wölfen, erweiterte Neuausgabe auf der Grundlage der Erstausgabe des Mitteldeutschen Verlags Halle (Saale) von 1958, hrsg. von Susanne Hantke und Angela Drescher, Aufbau Verlag 2012
 
 
 
Der Fernsehfilm
 
Originaltitel Nackt unter Wölfen
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 2015
Länge 105 Minuten
Altersfreigabe FSK 12
 
 
Stab


Regie Philipp Kadelbach
Drehbuch Stefan Kolditz
Produktion Nico Hofmann
Benjamin Benedict
Sebastian Werniger
Musik Michael Kadelbach
Kamera Kolja Brandt
Schnitt Bernd Schlegel
 
 
Besetzung
 
Florian Stetter: Hans Pippig
Peter Schneider: André Höfel
Sylvester Groth: Helmut Krämer
Sabin Tambrea: Hermann Reineboth
Robert Gallinowski: Robert Kluttig
Rainer Bock: Alois Schwahl
Rafael Stachowiak: Marian Kropinski
Thorsten Merten: Bochow
Torsten Michaelis: August Rose
Robert Mika: Zacharias Jankowski
Matthias Bundschuh: Gotthold Zweiling
Ulrich Brandhoff: Heinrich Schüpp
Torsten Ranft: Mandrill
Andreas Lust: Förste
Marko Mandi?: Leonid Bogorski
Janusz Cichocki: Zidkowski
Max Hegewald: Roman
Leonard Carow: Johann Müller
Robert Hunger-Bühler: Pippigs Vater
Vojta Vomácka: Kleiner Junge

    Matthias Bundschuh: Gotthold Zweiling
    Ulrich Brandhoff: Heinrich Schüpp
    Torsten Ranft: Mandrill
    Andreas Lust: Förste
    Marko Mandi?: Leonid Bogorski
    Janusz Cichocki: Zidkowski
    Max Hegewald: Roman
    Leonard Carow: Johann Müller
    Robert Hunger-Bühler: Pippigs Vater
    Vojta Vomácka: Kleiner Junge