Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. Mai 2012, Teil 1

 

Romana Reich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Aus Griechenland und Rumänien kommen diese Woche hervorragende Filme in unsere Kinos, die zeigen, daß Gesellschaften, die aufgeschreckt sind, auch auf einmal Filmemacher haben, die auf gesellschaftliche Situationen adäquat mit Kino reagieren können. Das zeigt auch die Kraft vom Kino.

 

ATTENBERG

 

Athina Rachel Tsangari will wissen, was der Mensch sei und nimmt uns auf eine filmisch ungewöhnliche Reise mit, die ganz schön aufräumt mit Gewohnheiten und Festlegungen und mit dem Verhältnis von Vätern und Töchtern auch. Immerhin wird Tochter Marina den Wunsch des krebskranken Vaters, sich nach dem Tode nicht von Würmern zerfressen zu lassen, sondern verbrannt zu werden, erfüllen. Da dies in Griechenland nicht erlaubt ist, wird dieser Akt im befreundeten Ausland erfolgen. Der Sarg geht nach Hamburg, zurück kommt die Urne. Um Aggregatzustände geht es auch sonst. Man erfährt viel über Griechenlands nationale Geschichte, für die der dann am Krebs erkrankte Spyros eine tiefe Leidenschaft hatte.

 

 

DIE EHRENMEDAILLE

 

Ein rumänischer Film ist schon einmal ungewöhnlich in unseren Kinos. Ein so guter rumänischer Film erst recht. Es ist das Jahr 1995 in Bukarest. Da sind überall, auch in Rumänien, die Feiern zum 50sten Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs. Unser Held in den Siebzigern Ion Ion erfährt, er solle sich seine Ehrenmedaille abholen, die ihm wegen seines besonderen Einsatzes gegen die Deutschen verliehen wurde. Allein, er weiß nicht ,warum. Und seine Versuche, dies diskret zu eruieren, scheitern. Wir aber erfahren viel über die Gefühle der Rumänen in diesen Umbruchzeiten, über das Durcheinanderwirbeln festgeglaubter Tatsachen und deren Interpretationen.

 

 

DIE VERMISSTEN

 

Jan Speckenbach heizt ein. Dieser deutsche Film erweckt Endzeitgefühle, weil es wie mit den Bremer Stadtmusikanten weitergeht, daß der nächste, der sucht, auch verschwindet. Hier ist Ausgangspunkt, daß Vater Lothar, Sicherheitsexperte für Kernkraftwerke,in normalen Zuständen lebt, was heißt, daß seine Ehe schon lange geschieden ist, als er erfährt, daß seine bei der Mutter lebende Tochter Martha verschwunden ist. Nun nähern wir uns einer anderen deutschen Fabel, dem Rattenfänger von Hameln, denn je mehr der seine Vatergefühle auslebende Lothar sucht, desto mehr Kinder/Jugendliche verschwinden. Eine unheimliche Situation, die der Regisseur mit einfachen Mitteln herstellt. Die Suche in Norddeutschland findet in gesichtslosen, zunehmend auch menschenentleerten Städten statt. Die Kinder und Jugendlichen verweigern den Kontakt zu den Erwachsenen und etwas Bleiernes liegt über dem Leben von allen. Verstörend und der Phantasie jeglichen Raum geben.

 

LOCKOUT

 

Die Film von Luc Besson ist keine der aus dem Boden schießenden französischen Komödien, sondern ein knallharter Thriller, dessen sich ständig steigernde Handlung sich schon aus der Ortssituation erklärt: es geht um ein Hochsicherheitsgefängnis, das sich 50 Kilometer über der Erde befindet, also im Weltraum. Die Tochter des US.Präsidenten hat sich angekündigt und will die humanen Bedingungen überprüfen, unter denen die 500 Insassen in Dauerschlaf gehalten werden, nicht freiwillig, sondern als Strafe. Aber es geht übel aus. Ein Gefangener wacht auf und weckt die anderen auf, die das Raumschiff unter ihre Kontrolle bringen, mit der berühmten Tochter als Geisel. Und nun kommt der Held ins Spiel, der wahrheitswidrig des Mordes angeklagt wird und dem Freiheit versprochen wird, wenn er die junge Dame befreit und rettet. Das folgende Actionsspektakel lebt von der Ironie und Selbstironie.