Von Lida Bach
„Wir brauchen eine positive Geschichte aus dem Nahen Osten! Los Leute, macht euch ran, ihr habt eine Stunde.“ Die radikale Forderung skrupelloser PR-Strategen gibt den Auftakt zu Lachsfischen im Jemen. Das Ausmaß der Skrupellosigkeit hinter der hanebüchenen Absurdität illustriert des britischen Premierministers Pressesprecher Maxwell. Weil Erfolgsautor Paul Torday sich einen Hauch Realitätssinn bewahrt, ist Maxwell in der gleichnamigen Buchvorlage ein Mann. Weil Simon Beaufoy wie schon in seinem Drehbuch zu „Slumdog Millionaire“ möglichst viel Glaubhaftigkeit über Bord wirft, heißt Maxwell in Lasse Hallströms herzerwärmender -und hirnerweichender Kinomär Patricia und ist Kristin Scott-Thomas.
Knallharte Geschäftsmänner haben in Filmen meist etwas Bedrohliches, aber knallharte Geschäftsfrauen sind irgendwie auf alberne Weise witzig. Wie Cruelle DeVille in „101 Dalmatiner“ oder Meryl Streep in „Der Teufel trägt Prada“ oder Vivian Wagner in „Iron Sky“. Sie alle sind wie Maxwell nur Nebenprotagonisten und wie sie ist Maxwell interessanter als der Hauptprotagonist. Jener Hauptprotagonist ist die Liebe. Liebe über gesellschaftliche Schranken hinweg, über berufliche, beziehungstechnische, psychologische, religiöse und nationale Schranken hinweg und auf die erzählerische Ebene bezogen auch über die von dramaturgischer Plausibilität und Motorik: grenzenlose Liebe. Die Flut an Romantisierung und Melodramatik, die den Zuschauer hereinbricht wie ein innerhalb der Hoffnungslitanei als dea ex machina fungierender Sturzbach, verunsichert selbst Albert Jones (Ewan McGregor), der sie mit der Organisatorin Harriet (Emily Blunt) erlebt. „Etwas zu viel?“, fragt der Fischereiwissenschaftler.
„Nicht, wenn das ein Horrorfilm werden soll.“, beruhigt ihn sein Abteilungsleiter, der annähernd so schmierig ist wie die verstiegene dramaturgische Prämisse. Letzte entrüstet in ihrer infantilen Absurdität nicht nur Maxwell, die ihre Berater anfährt: „Lachsfischen im Jemen? Was besseres fällt euch Oxford-Clowns nicht ein?“ Schlimmer noch: etwas besseres fällt Lasse Hallström nicht ein. Der Regisseur verbrämt dievon der Ausgangskonstellation an bis zur letzten Szene vorhersehbare Kinomär mit dem optimistischen Hoffnungsschimmer, der irgendwann zwischen „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ und „Das Leuchten der Stille“ seine Standardausleuchtung geworden ist. Deren Ziel ist die Verblendung des Publikums mit gewichtigem Blödsinn, der von einem exotischen Stereotyp verklausuliert weise klingen soll. Amr Waked verklärt in der Rolle des jemenitischen Scheichs Muhammad ibn Zaidi bani Tihama den selbstherrlichen Geldgeber als visionären Märchensultan, dessen Individualität die eines die Logikbrüche verbindenden Scharniers ist.
„Für einen Angler sind die einzigen Tugenden Geduld, Toleranz und große Demut.“, sagt der Lachs-Liebhaber, der Millionen englischer Pfund in eine ähnlich beachtliche Menge Fische investiert. Statt ihrem Ende in Zuchtbecken entgegen zu dümpeln, sollen sie zum hoheitlichen Angelvergnügen aus Riesentanks in den Jemen geflutete werden. Das Prinzip erinnert an eine gigantische Klospülung, nur in der drögen Liebeskomödie die Scheinheiligkeit zum Himmel stinkt. Gigantomanie und Egozentrik des titelgebenden Unterfangens werde zur missionarischen Friedensphilosophie verbogen, während ökologische und weltpolitische Aspekte bespötteltes Beiwerk werden. „Sie sind sprachlos über meine große Naivität, Dr. Jones?“, fragt Muhammad in einer der unabsichtlich ironischen Szenen den Fischereiexperten. Der agiert so stumpf und verklemmt wie Harriet kindisch, was Muhammad weitsichtig kommentiert: „Dann haben Sie beide also mehr gemeinsam, als man annehmen würde?“
So viel, wie es der profane Humor aufdrängt, für den sich Jones entschuldigt: „Das war der Versuch eine Witz zu machen.“ Leider scheitert er mit dem Publikumsfang im Kino-Mainstream. Das kommerzielle Kalkül hinter dem das satirische Potential abtötendem Gutmenschentum benennt ironischerweise gerade PR-Fachfrau Maxwell: „Das ist genau, was wir jetzt brauchen: eine britisch-jemenitische Geschichte, bei der mal nicht irgendwas explodiert.“
Oneline: Überdurchschnittliche Darsteller fischen in seichter Inszenierung im Trüben.