Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. Juni 2012, Teil 2
Romana Reich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wer diese Tage von Tschernobyl am 26. April 1986 in der Bundesrepublik erlebt hat, weiß, wie unterschiedlich die Menschen darauf reagiert hatten. Wir erlebten hier zum ersten Mal Massenpsychose. Wir kannten Menschen, die wochenlang die Wohnung nicht verlassen hatten, aus Angst vor der Kontamination Schreikrämpfe bekamen, in tiefste Depression fielen etc. Das alles sind persönliche Entscheidungen, wie man mit solchen Umweltkatastrophen umzugeht, die aber oft von Medien vorentschieden werden. Welches das richtige Verhalten ist?
CHERNOBYL DIARIES
Hier auf jeden Fall, in diesem Film, werden die wüsteten Phantasien eines Phobikers wahr. Der reinste Horror, der noch dazu als wirklich verkauft wird. Denn DIARIES, das sind doch Tagebücher. Und Tagebücher sind wie Chroniken verläßliche Wirklichkeitsbeschreibungen. Die lesen wir auch gerne bei Edgar Allan Poe und heutigen Thrillerautoren. Aber anschauen? Da zeigt sich, wie mildtätig unsere Phantasie beim Lesen noch ist. Die Bilder und Ereignisse aus diesem Film, der ein wirkliches Ereignis an einem wirklichen Tatort hyperrealistisch vor Augen bringt und wie die zehn kleinen Negerlein eine Gruppe reduziert, das ist was für Horror-Spezialisten.
WANDERLUST: DER TRIP IHRES LEBENS
In diesem amerikanischen Film geht es eher um Gegenwartsbewältigung, wenn man in New York nicht die angestrebte Karriere macht, findet man sich endlich hoffentlich selbst in der amerikanischen Provinz.
NOCH TAUSEND WORTE
Wäre schön, wenn es mit den 'tausend' getan wäre. Eddie Murphy hat wesentlich mehr, die er als Literaturagent auch braucht. Aber dann setzt ihm Guru Dr. Sinja zu. Er pflanzt einen Baum, dessen Blätter analog den gesprochenen Worten des Helden abfallen, bis zum bitteren Ende: blätterlos muß der Mann sterben. Der Film handelt davon, wie Murphy dem entgehen will und kann.
DIE RÄUBERIN
Ein norddeutschen Drama zu Zeiten des Winters. Die mäßig erfolgreiche Schauspielerin und Mitvierzigerin Tania sucht hoch im Norden Ruhe. Sie will und muß ihr bisheriges Leben reflektieren. Beruflich. Privat. Sie begegnet dem 15jährigen Thore. Eine Liebesgeschichte am Abgrund von Ungleichheit und gelebtem Leben ergibt ein Psychodrama, das Markus Busch inszeniert.
CALLGIRL
Klarer Fall. Hier geht es nicht um Moral, sondern um Dokumentieren des Jetzt. Nüchtern schildert der Film vom Kroaten Damjan Kozole, wie Aleksandra das hinbekommt: in Ljubljana studiert sie zum Stolz ihres Vaters Englisch. Selbst zur Eigentumswohnung hat sie es gebracht. Die bezahlt sie aus den Einnahmen als Prostituierte, ob sie diese versteuert und damit auch den Arbeitsort als Werbeausgaben anrechnen kann, haben wir nicht mitbekommen, denn die Wohnung wird zum Tatort: Ein Freier stirbt am Herzinfarkt. Die Lebenskonstruktion ist in Gefahr.