Hessischer Film- und Kinopreis am 21. Oktober in der Alten Oper, Teil 7

Notker Blechner

Frankfurt (Weltexpresso) - Umjubelter Star beim Hessischen Filmpreis war Klaus-Maria Brandauer. Da stand selbst Heino Ferch im Hintergrund. Der 53-Jährige gab sich sichtlich gelöst und hielt es am längsten auf der Gala aus. Und dann war da noch ein Jungregisseur, der Klartext redete…


Simon Pilarski nutzte die Bühne für Kritik am deutschen Film. Im veralteten Konstrukt von Sendern, Filmförderung und Kinoverleihern gebe es zu wenig Vielfalt. Viele Stoffe würden abgelehnt, weil sie von den Entscheidern als Genrefilm abgetan werden würden. Pilarski: Deutschland muss wieder mehr Filme für die Zuschauer machen. Das ehemalige Land der Dichterund Denker steht filmmäßig international mehr als nur kläglich da."



Preisträger fordert deutsche Filmquote in Kinos

Der Jungregisseur forderte eine Reform der deutschen Filmlandschaft. Das Budget der Fördergelder sollte gerechter auf die verschiedenen Genres verteilt werden. Zudem wäre eine Mindestquote von deutschen Filmen in Kinos - nach dem Vorbild Frankreichs - sinnvoll.

Auch ohne Quote setzte sich Pilarskis Film "Nächstenliebe" durch. Die Geschichte über den sexuellen Missbrauch eines kleinen Jungen durch einen Dorfpfarrer im 19. Jahrhundert wurde als bester Nachwuchsfilm prämiert.



Brandauer: "Ich hasse Politiker!"

So kritisch wie der mutige Jungregisseur traten die anderen Preisträger nicht auf. Selbst Oscar-Preisträger Klaus-Maria Brandauer zeigte sich relativ zahm und fast staatstragend. Der 73-jährige Österreicher hielt ein flammendes Plädoyer für das europäische Projekt. "Europa ist nicht das Problem, sondern die Lösung", sagte er.

Ob die Zivilgesellschaft zur Lösung beitragen könnte, ließ er offen. Von der Politik jedenfalls scheint Brandauer nicht viel zu erwarten. Denn zum Schluss seiner Rede musste der Schauspieler und Regisseur doch noch etwas loswerden: "Ich hasse Politik, ich hasse Politiker", schmetterte er dem Publikum entgegen - wie in seinem Erfolgsfilm "Oberst Redl". Das fanden einige anwesende Politiker gar nicht lustig.



Heino Ferch besorgt um Europa

Brandauer sei halt ein authentischer Mensch, meinte hernach Schauspieler Heino Ferch, der einst als Statist mit Brandauer im "Jedermann" gespielt hatte. "Das ist sein Statement." Der 53-Jährige hatte unlängst die politische Situation in Europa als "Alptraum" bezeichnet. Die Anschläge in Brüssel und Paris hätten ihn fassungslos gemacht. Als er in den 80er Jahren zum Schauspielstudium nach Salzburg kam, wurden die Grenzen allmählich geöffnet, und Europa begann, eins zu werden. "Heute ist das Bedürfnis nach Sicherheit so groß, dass viele Freiheiten wieder aufgegeben werden."

Eigentlich war Ferch der große Gewinner an diesem Abend. Er räumte gleich zwei Preise ab. Für seine Darstellung in "Allmen und die Libellen" wurde er als bester Schauspieler ausgezeichnet. Und der Streifen "Fritz Lang", in dem er den gleichnamigen Star-Regisseur spielt, wurde zum "besten Spielfilm" gekürt. Ferch freute sich über das "vorzeitige Weihnachtsgeschenk". Einen eleganten Lebemann zu spielen, der Sachen macht, die man nicht tut, und trotzdem noch die Kurve kriegt, das hätte ihm viel Spaß gemacht, sagte er zu seiner Rolle in "Almen und die Libellen".



Das Problem mit dem Monokel

Bei seiner Darstellung des legendären Regisseurs Fritz Lang habe er anfangs etwas zu kämpfen gehabt mit dem Monokel. Es sei schwer gewesen, sich an das Ding im Gesicht zu gewöhnen, und dabei nicht komische Grimassen zu ziehen, räumte er ein. Immer wieder musste mit einem Kleber nachgeholfen werden, damit das Monokel hielt.

Über seine künftigen Rollen gab sich der 53-jährige gebürtige Bremerhavener wortkarg. Vor kurzem habe er zusammen mit Anja Kling "Angst" gedreht, ein Psychothriller über Stalking. In der Verfilmung von Dirk Kurbjuweits Roman spielen die beiden ein Paar, das Opfer eines Stalkers wird. Der Streifen soll im nächsten Jahr im ZDF ausgestrahlt werden.



Traumrolle? Nur nicht Hitler!

Über künftige Projekte hüllte sich Ferch in Schweigen. Ob es eine Traumrolle für ihn noch gebe, wollte Weltexpresso wissen. Ja, aber die wolle er nicht verraten, sagte Ferch.

Hitler jedenfalls wolle er nie spielen, verriet er. Einen Börsenhändler oder einen Anlagebetrüger schon eher. Rollen in Filmen über Geld würden ihm liegen, gestand er.



Wedel träumt von Film mit Brandauer

Nach der Preisverleihung saß Heino Ferch noch lange mit seiner Frau und mit PR-Guru Jürgen Leipziger am Tisch in der Bar der Alten Oper. "Der Heino ist ein langjähriger Freund von mir", erzählte Leipziger - und verschwand in die kalte Frankfurter Nacht.

Derweil lehnte sich Regisseur Dieter Wedel an die Theke und schwärmte von Klaus-Maria Brandauer. "Das wäre ein Traum, mit Brandauer zu drehen", sagte er. Und lächelte verschmitzt. Vielleicht geht der Traum ja doch noch irgendwann in Erfüllung.

 

Foto: (c)Ulla Micheline


Info:
Hessischer Filmpreis
http://www.hessenfilm.de/hessischer-film-und-kinopreis/preistraeger.html