Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 1. Dezember 2016, Teil 11
Filmheft
Gaza (Weltexpresso) - Im vorhergehenden Interview mit dem Regisseur erzählt dieser, wie viele Videos er von Kindern aus der Region erhielt - rund hundert, die er sich alle ansah und über Skype mit den Kindern sprach, ihnen Fragen stellte etc., so daß sich wie von alleine die jetztigen Darsteller als die richtigen herausstellten. Die Redaktion
INTERVIEW MIT DEN KINDERDARSTELLERN
QAIS ATTALAH (Mohammed Assaf), ABDALKARIM ABUBARAKA (Omar) & AHMAD QASSIM (Ahmad)
Warum wolltet ihr in EIN LIED FU?R NOUR mitspielen?
Qais: Weil jeder ein Ziel verfolgt – und dies war meins. Anfangs war mir gar nicht klar, dass ich fu?r einen richtigen Kinofilm vorspreche. Ich dachte, es geht um einen kurzen Videoclip. Aber dann habe ich mich natu?rlich umso mehr gefreut, und ich will unbedingt weitermachen.
Abdalkarim: Ich habe ganz viel geu?bt, bevor die Dreharbeiten losgingen. Wenn ich dem Regisseur eine Szene vorspielte, habe ich mir echt Mu?he gegeben, Omar zu sein und die Szene gut hinzubekommen.
Ahmad: Ich war mit meinem Vater und meinem Cousin unterwegs, als eine Freundin auf uns zukam. Sie stellte viele Fragen, was wir so vorhaben und so. Wir haben uns nichts weiter dabei gedacht, aber dann kam wenig spa?ter dieser Anruf. Das Ganze war eher ein Bewerbungsgespra?ch, und da erza?hlten sie mir dann von dem Film. Dann haben wir noch geskypt, und schließlich kam Hany (Abu Assad) uns besuchen.
Wie habt ihr euch denn vorbereitet?
Abdalkarim: Die Dame, die sich um uns ku?mmerte – Koordinatorin nennt man das –, gab uns ein paar Szenen aus dem Drehbuch, die wir einu?ben und dann beim Skype-Gespra?ch dem Regisseur zeigen sollten. Ich habe gleich angefangen, den Text auswendig zu lernen und mit meinen Freunden aus der Nachbarschaft geprobt. Jeder bekam eine Rolle zugeteilt, sodass ich mich auf meinen Part konzentrieren konnte.
Und du, Qais?
Qais: Ich spiele ja Mohammed Assaf, und manchmal wollte ich gern etwas mehr machen. Aber unser Regisseur hat mich immer gebremst, wenn es no?tig war. Wenn ich – also Mohammed – im Film zum Beispiel mit jemandem Streit habe und mich aufrege, hat Hany (Abu-Assad) mich wieder runtergeholt: „Nein, jetzt beruhig' dich mal wieder.“ Mohammed war na?mlich gar nicht so tough, seine Schwester war viel cooler.
Kanntet ihr euch eigentlich vorher?
Qais: Nein, u?berhaupt nicht. Wir kommen alle aus verschiedenen Gegenden.
Wie alt wart ihr 2015, als EIN LIED FU?R NOUR gedreht wurde? Und hat sich durch euren ersten Film irgendetwas vera?ndert?
Qais: Also, ich war zwo?lf, bin ganz normal zur Schule gegangen und habe mich danach mit Freunden zum Spielen getroffen. Ich hatte u?berhaupt keine Lust auf Schule und musste mich echt zwingen, fu?r die Pru?fungen zu bu?ffeln. Aber seit dem Film mag ich die Schule total – weil ich eine Weile nicht hin musste!
Abdalkarim: Ich war zwo?lfeinhalb. Und ich bin eigentlich immer gern zur Schule gegangen, obwohl ich ganz scho?n weit weg wohnte. Aber es fuhr zum Glu?ck ein Schulbus. Ich habe ein ganz normales Leben gefu?hrt – lernen, mit Freunden verabreden. Ich war eben in der Schule oder zu Hause. Und ich war ein guter Schu?ler. Ich habe fleißig gelernt und bin nie zu spa?t gekommen.
Ahmad: Ich war auch zwo?lf, und mein Leben hat sich durch EIN LIED FU?R NOUR kein bisschen vera?ndert. Es war vorher ganz normal, und das ist es auch jetzt noch. Ich gehe weiter zur Schule und bekomme ein bisschen Nachhilfe.
Und kanntet ihr Mohammed Assafs Musik vorher?
Ahmad: Ich hatte vor dem Film noch keinen seiner Songs geho?rt. Aber meine Geschwister kannten ihn, die finden ihn ganz toll. Da war ich dann noch aufgeregter.
Qais: Ich ja. Ich kannte Mohammed sogar schon vor „Arab Idol“, er hat na?mlich auf einer unserer Partys in Gaza gesungen. Und ich finde seine Songs so gut, dass ich sie alle auf mein Handy geladen habe.
Abdalkarim: Ich wusste u?berhaupt nichts u?ber Mohammed Assaf. Aber nachdem ich in dem Film mitgespielt hatte, war er plo?tzlich u?berall!
Habt ihr ein Lieblingslied von Mohammed?
Abdalkarim: „Palestine“.
Ahmad: „Assaf 360“.
Qais: „Kol Youm Ben' eesho?“. Und zwar die Version, die er mit Ahmed Gamal und Farah Youssef singt. Das sind die anderen beiden „Arab Idol“-Finalisten, die drei sind super zusammen.
Was war beim Dreh das Tollste?
Ahmad: Als ich Schlagzeug spielen durfte!
Kommentar: Wir finden den Film und das Darumherum wichtig genug, um dies in vier Artikeln wiederzugeben. Aber dann, nach dem abgedruckten Interview mit den drei männlichen jugendlichen Darstellern, fragt man sich auf einmal: "Was ist eigentich mit NOUR, für die das Lied gesungen wird." Sie taucht im gesamten Presseheft nicht auf und auch ihre Dialysefreundin, die im Film nach dem Filmtod von Nour maßgeblich daran beteiligt ist, daß sich Mohammed überhaupt auf den Weg macht, sein LIED FÜR NOUR zu singen, wird nirgends erwähnt, geschweige denn, daß Fotos vorhanden wären.
Über die Hälfte des Films ist es aber Nour, die den Schwung bringt und die stoffeligen Jungens aufmischt, damit ihre gemeinsame Band auch erfolgreich wird. Warum war sie also beim Interview nicht dabei? Wir wissen es nicht, wollen es aber hier bedauern. Allerdings war sie bei der Vorstellung des Films beim Münchner Filmfest dabei, wo unser Foto entstand, daß wir dem Gespräch mit den drei Jungen voranstellen, um damit zu protestieren, daß sie nicht befragt wurde.
Es kommt noch eine Sache hinzu. Hiba Alltalah ist auch in Wahrheit die Schwester des Jungen, der den Mohammed verkörpert und Quais Attalah heißt.
Foto: (c) Hiba Attalah, Münchner Filmfest
Info: Abdruck aus dem Filmheft