Interview mit Michael Hofmann, Autor und Regisseur der ARD Produktion SEIT DU DA BIST, Teil 1/2
Elke Eich
Berlin (Weltexpresso) - Es war die Liebe zu einer französischen Kunststudentin, die den jungen Michael Hofmann (Jahrgang 1961) in den Achtziger-Jahren nach Paris brachte, wo er als Gaststudent einige Kurzfilme drehte. Seine, „große Affinität für das französische Kino“ ist geblieben und insbesondere dessen Genre der Comédie Dramatique (abgekürzt CD) haben es ihm nachhaltig angetan. Filme mit kleinen, fast alltäglichen Geschichten, die aber große Wirkungen erzielen. Filme, die im Kleinen die Größe und die Vielfalt des Lebens zeigen.
Michael Hofmann, der seit langem mit Familie in Berlin lebt, hat eine größere und eine kleine Tochter. Er ist geprägt von Regisseuren wie Truffaut und Chabrol und ist ein ausgesprochener Schauspieler-Regisseur geworden, der auch Drehbücher schreibt. In Filmen, seinen eigenen und denen der Kollegen, liebt er den „feinen Blick auf die Geschichten und die Menschen“ . „Seit Du da bist“, der noch eine Woche lang in der Mediathek der ARD abrufbar ist, ist solch ein Film. Er wäre in anderen Ländern, z.B. in Frankreich, durchaus auch ein Kinofilm geworden, doch leider sei in Deutschland keine Kultur gewachsen, um solche Filme ins Kino zu bringen, bedauert der Regisseur des preisgekrönten Films „Sophiiiie“. Mit dem ehemaligen Werbefilmer, der für „Seit Du da bist“ eine Riege exquisiter Schauspieler zum Blühen brachte, über das, was ihn am Filmen und an der Zusammenarbeit mit guten Schauspielern reizt. Und wir sprachen auch über seine heimatlichen Wurzeln. Sie liegen in Kelkheim, wohin der in Frankfurt Geborene im Alter von 5 Jahren mit der Familie zog: ein Ort, mit dem er durchweg glückliche Momente und große Freiheit verbindet.
Wofür genau steht dieses französische Genre der Comédie Dramatique, Herr Hofmann?
Ein bekanntes Beispiel aus jüngerer Zeit ist ja „Monsieur Claude und seine Töchter“.
Und „La Peau Douce“ von Truffaut habe ich vor kurzem erst wiedergesehen. Eigentlich keine besondere Geschichte: Ein Mann lernt eine Stewardess kennen und verliebt sich, aber sie trennt sich schnell wieder von ihm und am Schluss erschießt ihn seine Frau. Aber die Art wie das gezeigt wird, mit diesen Momenten und diesen Blicken, ist das Besondere! Das sind natürlich auch immer tolle Schauspieler, die das machen.
Darunter fallen dann auch grandiose Filme wie „Trop belle pour moi“ und vor allem auch „Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluß“.
Genau, der ist von Étienne Chatiliez, der ja ein Werbefilmer war. In der Comédie Dramatique geht es ja immer um Geschichten, die alltäglich sind, aber auch wieder nicht. Weil sie einen Hook und Edge haben. Sie sind auch unterhaltsam, aber dann auch wieder nicht. So wie das Leben auch. Es gibt immer diesen ganz feinen Blick auf die Geschichten und die Menschen.
Auf jeden Fall ist die Comédie Dramatique abzugrenzen von den reinen Komödien, die aus Frankreich kommen. Die Art von Humor finde ich fürchterlich und bourlesk...
Da gebe ich ihnen recht. Ich würde sagen, englischer, bzw. angelsächsischer Humor ist mit seiner Selbstironie am exportfähigsten.
Auch die Österreicher machen ja tolle Komödien, von denen wir hier in Deutschland nur träumen können! - Was macht nun in diesem Sinne des Alltäglichen in der Comédie Dramatique den Reiz Ihres Films aus?
Es ist die Geschichte von einem jungen Mann, der ein fest gefügtes Weltbild hat und durch einen Zufall in eine andere Welt eintaucht. Und er merkt, dass die doch nicht so ist, wie er sie sich immer vorgestellt hat. In dem Film ist alles in der Realität verwurzelt, ohne die Leute zu langweilen.
Ich finde, man merkt deutlich, dass Sie die Menschen lieben!
Auf jeden Fall! Ich mag den Blick auf Menschen sehr gerne. Und ich finde erst mal per se alle Menschen interessant. Besonders die, die sich selbst nicht so interessant finden. Also nicht die großen Selbstdarsteller, sondern die „Normalen“ und die Stillen. Diejenigen, die ihr Leben im Stillen leben, so wie die Geigenlehrerin Clara im Film, die neben ihrem charismatischen Mann zurückgetreten ist und sich um die Kinder gekümmert hat.
Martina Gedeck wirkt sehr angenehm weich, nahezu bezaubernd charmant und authentisch in ihrer Rolle der Geigenlehrerin Clara. Ich konnte sehr gut nachvollziehen, dass sich dieser 15 Jahre jüngere Mann in sie verliebt hat.
Martina ist im Leben ein super angenehmer Mensch, der gerne lacht. Das habe ich versucht, heraus zu kitzeln. Martina war als Besetzung von Anfang an klar. Und sie hat das Projekt auch unterstützt. Die Besetzung der männlichen Hauptrolle war aber anfangs noch nicht klar.
Manuel Rubey ist ein toller Schauspieler und als Mensch wohl auch sehr angenehm. Wie kamen Sie auf ihn für die Rolle des erfolglosen Künstlers Jarek, der sich in die Geigenlehrerin der Tochter seiner Ex verliebt?
Wir haben uns getroffen und sofort gewusst, dass wir das zusammen machen wollen. Und wir waren uns sehr nah. Beim Dreh hat der eine auch auch gespürt, was der andere möchte. Es war also eine sehr erfüllende Zusammenarbeit. Die Rolle ist ja auch nicht ganz weit von ihm entfernt, auch wenn er natürlich als Schauspieler und Art Kabarettist in Österreich sehr bekannt ist.
Rubey ist ja auch noch Musiker. Und immer wieder wird er fälschlicherweise als Musiker gesehen, der dann Schauspieler wurde.
Seinen Durchbruch hatte er ja mit der Rolle des Sängers und Musikers Falco in „Verdammt, wir leben!“. Eine Rolle, für die ursprünglich übrigens Robert Stadlober (Anmerkung: der auch Musik macht!) vorgesehen war. Er hatte aber abgelehnt.
Was bei aller Hochachtung für Stadlober ja nur gut für den Falco-Film war! Besser als Rubey hätte niemand den Falco verkörpern können! Aber, um auf Ihren Film zurück zu kommen: Sie haben sich den österreichischen Starschauspieler und Kabarettisten Robert Palfrader als Galerie betreibendes Alphatier und Patriarch ausgesucht. Was hat Ihn für diese Rolle qualifiziert?
Bertschi musste besetzt sein mit jemandem, dem man abnimmt, dass er das Leben auch schmeißt. Aber auch mit jemandem, den man auch mag, jemandem mit Witz - vor allem auch jemandem, der kein Depp ist... Alleine schon, um die Figur der Clara nicht zu beschädigen.
Am Set war Palfrader wohl sicherlich sehr präsent. Er gilt doch als ziemliche Rampensau.
Palfrader ist einer, der das ganze Team unterhält! Früher war er ja übrigens auch der Lockvogel bei „Verstehen Sie Spaß“. Und weil er im Leben gerne auch die Rampensau gibt, wollte er auch immer seinen Text verändern. Dann habe ich ihm gesagt, dass er gerne alles ändern kann, wenn er es schafft, mindestens genauso gut in derselbe Länge zu sein. Seine Alternativen waren aber immer drei bis viel Mal so lang. Und so blieb es dann beim vorgegebenen Text.
Das spricht für ein ausgereiftes Drehbuch. Wie lange erstreckten sich denn die Vorbereitungen und die Entwicklung des Stoffs?
Die Arbeit am Drehbuch ging ziemlich lange, inklusive der langer Pausen zwischendurch. Eigentlich wollten wir den Film ja schon früher machen. Aber es gab eine Verzögerung beim BR durch eine Finanzkrise. Das Drehbuch wurde dadurch immer mehr verfeinert. Wenn man ein halbes Jahr vergehen lässt, dann sieht man viel klarer, wo die Schwächen sind, als wenn man nach zwei, drei Monaten drauf guckt. Jedenfalls hatten die Redakteurin Claudia Simionescu und ich dann den Eindruck, dass jedes Komma an diesem Film stimmt. Wir haben ja bei den Dreharbeiten auch nichts mehr geändert, was ja eher selten ist. Aber es ist uns am Set auch nichts Besseres mehr eingefallen. Auch Palfrader nicht.
Sie kennen als Macher das Genre der Kinofilme und arbeiten für das Fernsehen. Wie empfinden Sie den Unterschiede in der Arbeitsweise und in den Arbeitsbedingungen?
Wir hatten nur 21 Drehtage, was selbst für einen Fernsehfilm wenig ist, und für Martina (Anmerkung: Gedeck), die ja an Kino gewöhnt ist, war das ein großer Unterschied. Man muss sich mehr fokussieren, was aber geht, wenn man die richtigen Leute hat. Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht. Wenn das alles passt und die Schauspieler das auch tragen, dann ist die kürzere Drehzeit auch nicht unbedingt ein großer Nachteil. Was aber jetzt nur auf diesen Film zutrifft! Fortsetzung folgt
Foto: Michael Hofmann (c) Mika Redeligx
Info:
„Seit du da bist" mit Martina Gedeck, Manuel Rubey, Katharina Schüttler, Robert Palfrader wurde am Mittwoch, 14. Dezember 2016, um 20:15 Uhr gesendet.
Der Film ist noch bis zum 21. Dezember in der Mediathek zu sehen:
http://www.daserste.de/unterhaltung/film/filmmittwoch-im-ersten/sendung/seit-du-da-bist-104.html
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