Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 22. Dezember 2016, Teil 4

Filmheft

Paris (Weltexpresso) - In Deutschland kennt man sein Gesicht besser als seinen Namen. In Frankreich kennt ihn jedes Kind. Seinen Namen machte er sich erst einmal, nachdem er nach erfolgreichem Literaturstudium sich gegen seine Eltern für eine Schauspielausbildung entschieden hatte, in der Comédie-Francaise. Aber der Film und die Regisseure Truffaut, Lelouch, Ribette, Rohmer, Chabrol, Resnais und andere reizten ihn mehr. Die Redaktion


Wie sind Sie zu der Rolle gekommen?


Das Projekt wurde mir zuallererst vom Produzenten Richard Pezet angeboten, sehr früh, das Drehbuch war noch gar nicht geschrieben. Es lag ihm sehr am Herzen. Danach haben sich sein Sohn Antoine Pezet und Jérôme Corcos weiter darum gekümmert. Ich muss sagen, ich war froh, als es konkret wurde.


Was hat Sie an dem Drehbuch überzeugt?


Es war seit langer Zeit die erste Gelegenheit, wieder in dem Genre zu arbeiten, das mich von Anfang an begeistert hat: die Komödie. Ich liebe die großen Abweichungen und war empfänglich für dieses Teleskop der Generationen. Es ist immer schmeichelhaft, von jungen Regisseuren gefragt zu sein, die ganz im hier und jetzt stehen. Umso mehr, als es um ein Thema geht, das die Menschen bewegt: das Leben in der Wohngemeinschaft. Außerdem hatte ich große Lust, mit Bérengère Krief und Arnaud Ducret und Julia Piaton zu arbeiten. Sie haben sich als großartige Kollegen entpuppt. Durch alle Generationen hinweg hat uns die Freude am Spiel und an der Komödie verbunden. Aus diesem gegenseitigen Verständnis hat sich vieles entwickelt.

 


Wie würden Sie Ihren Hubert beschreiben? Als alten Griesgram, der seine Gefühle in den Ruhestand geschickt hat?


Ich sehe einen untröstlichen Witwer, der von der ersten Szene an mit einer Welt konfrontiert wird, die er nicht kennt und sich nicht vorstellen kann, die ihm aber erlaubt, seine Lebensfreude wiederzufinden. Die eskalierenden Situationen, die den Witwer zunächst überfordern, werden ihn wieder aufleben lassen!

 


Wodurch ändert er sich?


Mir scheint, je überraschender die Ereignisse sind, desto mehr können sie einen aufrütteln. Man hat den Eindruck, dass Hubert aufgehört hat zu leben. Keiner kann ihn so gut wachrütteln wie Manuela, die das krasse Gegenteil von ihm ist. Je mehr sie mit diesem Anderssein konfrontiert werden, desto mehr öffnen sich beide für neue, aufregende Erfahrungen. Und mit jeder Erfahrung wächst ihre Verbundenheit. Unerwartete Ereignisse, eigene Unsicherheit und die Tatsache, dass er sich den anderen und der Welt öffnet, ermöglichen Hubert, aus seinen Gewohnheiten auszubrechen.

 


Hubert entdeckt schließlich die Vorzüge der Wohngemeinschaft und erfährt von der Wohnungsnot in Paris...


Das ist ein Problem, das ihm bisher überhaupt nicht bewusst war. Die Menschen, denen er jetzt begegnet, reißen ihn aus seinem Schlummer. Es hat mir gefallen, die depressiven und schweigsamen Seiten der Figur zu spielen, wissend, dass ich zehn Minuten später im Film tanzen und herumwirbeln werde – als ein und dieselbe Person!

 


Ist Manuela in gewisser Weise die Tochter, die er nie hatte?


In gewisser Hinsicht. Zum Glück lassen Menschen zu, dass Gefühle, die ihnen gut tun, die Oberhand gewinnen. Manuela und Hubert lassen zu, dass sie sich berühren. Diesen Mann berührt, dass dieses Mädchen, das einzieht, seine Tochter sein könnte. So entdeckt Hubert mit kindlichem Enthusiasmus die Freuden der Vaterschaft.

 


Warum wählt er Marion und PG unter allen Kandidaten als Mitbewohner aus?


PG gibt ihm ein Gefühl von Sicherheit, weil er offenbar weniger exzentrisch ist als die anderen. Aber sein steter Charakter wird noch einige Überraschungen bereithalten. Und bei Marion beruhigt ihn, dass sie aus der Provinz nach Paris kommt. Aber auch sie hat Überraschungen im Gepäck...

 

ErzählenErzählen Sie von Ihren jungen Kollegen...


Es war wirklich ein Vergnügen, sie kennenzulernen. Ich habe Bérengère bei Auftritten im Varieté gesehen und ihre Spontaneität und ihren Humor bewundert. Die Chemie stimmte sofort, als sie zum ersten Mal die Wohnung betrat. Ich fand sie zugänglich, positiv, lächelnd, einfallsreich, spontan – kurz: sehr begabt.
Arnaud verfügt über eine überbordende Fantasie, ein außergewöhnliches Talent zur Improvisation. Er hört nie auf: Er spielt eine Szene weiter, auch wenn die Kamera ausgeschaltet ist. Er hat das große Talent, etwas zu Situationen beizutragen. Auch Julia ist sehr angemessen, sensibel, fähig, mit großer Leichtigkeit vom Lachen zu Tränen zu wechseln.

 


Das hat mich an die Wohnung aus TANGUY – DER NESTHOCKER (Tanguy) erinnert. Das Set war in einem Bürohaus aufgebaut. Es wäre quasi unmöglich gewesen, eine solche Wohnung mit ihren ineinander übergehenden Zimmern zu finden. Die Wohnung strömte für mich Lebendigkeit und Wärme aus, auch
wenn sie hinter verschlossenen Gardinen versteckt ist.

 


Wie fanden Sie die Arbeit mit François Desagnat?


Er ist ein aufmerksamer Regisseur, offen für das, was man ihm anbietet, gleichzeitig sehr präzise in seiner Vorgehensweise und seinen Entscheidungen. Er hatte die Klugheit, die Szenen entstehen zu lassen, wie wir sie sahen. Wir vertrauten uns gegenseitig, ein Vertrauen, das nie enttäuscht wurde. Man spürte, dass seine Konzentration nie nachließ. Ich bewundere seine Klarheit und seinen wachen Blick. Für ihn steht die Qualität der Arbeit an erster Stelle. Er hat mich bei der Szene im Gefängnis überrascht: Jeder in einer kleinen Zelle, wir unterhalten uns von Zelle zu Zelle, was die Allegorie noch deutlicher macht. Durch ihn haben wir alle während der Dreharbeiten wunderbare WG-Momente erlebt!

 

Foto: André Dussollier im Film (c) Alamodefilm

Info: Abdruck aus dem Filmheft von Alamodefilm