Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. Januar 2017, Teil 1

Kirsten Liese

Berlin (Weltexpresso) - Grob-körnige, poetische Schwarzweißbilder, lange, ruhige Einstellungen sowie exakt nachgebildete Designs und Mode aus den sechziger Jahren: Der Finne Juho Kuosmanen versteht sich auf eine Ästhetik, wie sie einst die französische Nouvelle Vague bestimmte.

Das erscheint für einen Erstling bemerkenswert und mag vielleicht erklären, dass dieser 2016 in die Reihe „Un Certain Regard“ nach Cannes gelangen konnte.


Der Vergleich mit einem Altmeister wie Aki Kaurismäki scheint indes überhöht, auch wenn man dem 25-Jährigen konzediert, dass hier und da ein lakonischer Humor aufblitzt.  Denn die Geschichte, eine wahre Episode aus dem Leben des 1936 geborenen finnischen Boxers Olli Mäki, der 1962 bei seinem bislang größten Kampf versagte, erscheint belanglos.


Nun muss freilich nicht jeder Boxerfilm den Sieg eines Underdogs gegen einen Giganten feiern wie beispielsweise „Rocky“ mit einem Silvester Stallone als Muskelprotz.  Und tatsächlich wollte wohl Kuosmanen von einem eher untypischen, bescheidenen Athleten erzählen, der keineswegs am Boden zerstört ist, als er das entscheidende Match schon in der zweiten Runde verliert, vielmehr diesen Tag im Namen seiner Liebe sogar zum glücklichsten seines Lebens deklariert. Nur leider hat die Story außer dieser vorbildlichen Attitüde eines souveränen Verlierers wenig zu bieten.


Allein die lapidare Nachricht, dass Olli (Jarkko Lahti) vom Leicht- ins Federgewicht wechselt, sorgt in dem verschlafenen, kleinen finnischen Dorf Kokkula schon für Aufsehen. Vier Kilo muss Olli  abnehmen, um bei den Weltmeisterschaften gegen den bislang unbesiegten Schwarzen Davey Moore antreten zu dürfen. In seinem Manager Elis Ask (Eero Milonoff) findet er einen ehrgeizigen Trainer. Dass just zu diesem ungünstigen Zeitpunkt die Liebe ins Spiel kommt, sieht der erfahrene Meister allerdings nicht gern. Mit Argusaugen beobachtet er, wie die hübsche Raija (Oona Airola) seinen Schützling überall hin begleitet und ihm mit ihrer Fröhlichkeit ein Lächeln auf das Gesicht zaubert. Aber so wie die junge Frau noch rechtzeitig abreist, um Olli nicht weiter abzulenken und dieser diszipliniert sein Training fortsetzt, erwachsen aus der frischen Beziehung ebenso wenig Komplikationen wie aus dem Umstand, dass  Olli mit seinem schüchternen Wesen Pressekonferenzen und Fotoshootings widerstreben.


All diese Details machen noch keinen Film, und leider versäumt es der Regisseur nach den Motiven und Hintergründen für die skizzierten Ambivalenzen zu fragen, die das Interesse an seinem Protagonisten hätten wecken können. Was treibt eine so verletzbare, sensible Natur überhaupt zu einem Kampfsport an?
Eigentlich wollte Kuosmanen auch etwas über sich selbst erzählen, von dem Erwartungsdruck, dem er sich als Filmemacher nicht gewachsen fühlte. Einen entsprechend  anregenden Überbau aber bleibt er seinem Film schuldig. So bleibt nur der von Olli vorgetragene etwas simple Trost, dass sich eine Niederlage gegen einen starken Gegner leichter verkraften lässt als gegen einen schwachen.



Info:
Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki (Finnland, Deutschland 2016)
Originaltitel: Hymyilevä mies
Genre: Biopic, Komödie
Filmlänge: 92 Min.
Regie: Juho Kuosmanen
Drehbuch: Mikko Myllylahti, Juho Kuosmanen
Darsteller: Jarkko Lahti, Oona Airola, Eero Milonoff u.a.
Verleih: Camino Filmverleih
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 05.01.2017