Mit seinem geschliffenen Spionagethriller „Dame König As Spion“ schuf Tomas Alfredson eine packende Neuverfilmung der gleichnamigen Romanvorlage des britischen Autors John le Carré.


Zum DVD-Start des mit Gary Oldman und Colin Firthhochkarätig besetzten Geheimdienstkrimis traf Lida Bach den Regisseur zum Interview. 

Nachdem Dein letzter Film so erfolgreich war, wusstest Du nicht, worauf Du Dich mit „Tinker Tailor Soldier Spy“ einlässt.

Alfredson: Das weiß man nie. Es ist immer schwer, das zweite Album zu machen. Es bedeutete großen Druck für mich, auszuwählen, was ich drehe. Ich meinte, ich würde etwas finden, dass nicht in der selben Kategorie wäre.

 

Wer kam auf die Idee mit der Szene, in der die russische Nationalhymne gesungen wird?

Alfredson: Das steht nicht im Buch. Ich wollte ein Umfeld, indem sich alle treffen konnten, ohne zu arbeiten. Daher fragten wir Le Carre, ob es möglich sei, eine Weihnachtsfeier zu haben. Er sagte, sicher, wir hatten Weihnachtsfeiern und die waren sogar ziemlich wild. Er erzählte, dass sie in einem Jahr die Möbel aus den Fenstern warfen und die Polizei kam, um sie aufzuhalten. Es war ein nützliches Filmelement als Präsentationsstätte, wo sich alle im selben Raum treffen konnten. Ich hatte diese Idee des Lenin-Zentrums und es war außerdem eine kuriose Vorstellung, dass britische Spione russisch konnten.

 

Wie fandest Du zu der prägnanten Farbpalette und dem Look?

Alfredson: Hauptsächlich entspringt er meinen frühesten Erinnerungen. Ich bin ´73 zum ersten mal nach England gereist. London war ein ganz anderer Ort, als es heute ist. Es war sehr kalt und diesig und arm. Man konnte immer noch den Krieg spüren, die Auswirkungen nach den Bombardierungen und die Art des Selbstbewusstseins, dass sie zu zeigen versuchten: als wären sie immer noch ein Großreich, was sie nicht waren, und das Traurige dieses Zustands. Es ist leicht bei Filmen, die in der Vergangenheit spielen, das Glamouröse zu verwenden: die Reklame, Rock ´n Roll, Fernsehen, das Glanzvolle. Aber der graue Alltag sieht so aus.

 

Denkst Du manchmal nostalgisch über diese Hochzeit klassischer Spionage?

Alfredson: Im Kino ist hilfreich einen Charakter mit Doppelidentität zu haben. Man sitzt diesem Journalisten gegenüber, der tatsächlich ein chinesischer Spion ist und nachts kleine Kinder umbringt. Vergleicht man eine Armee im heißen Krieg, mit Leuten, die Seite an Seite gegen einen klar definierten Feind kämpfen, und diese Welt, wo jeder der Feind ist – sogar dein Ehemann oder deine Frau oder dein Freund können dein Feind sein – ist dass auch eine sehr nützliche Aussicht für einen Film. Aber nostalgisch, nein, ich denke nicht. Für mich könnte dieses Stück in jeder Zeit spielen. Es geht um Loyalität und Freundschaft und dergleichen.

 

Was war die größte Herausforderung bei diesem Film?

Alfredson: Dem Buch im Großen und Ganzen gerecht zu werden und es dennoch auf zwei Stunden zu kondensieren.

 

Nach Deinem letzten Film sagtest Du, Du wärst fertig mit der Filmindustrie.

Alfredson: Nein. Ich hatte „Let the Right One in“ gemacht und war niedergeschlagen, dass er fast ein Jahr in der Schublade lag. Niemand glaubte daran. Ich hatte es satt, so lange in dieser Stille zu sitzen und dachte, okay, wenn es euch nicht gefällt, könnt ihr mich mal. Ich hatte das Gefühl, den Film meines Lebens gemacht zu haben und niemand verstand ihn. Aus diesem Zusammenhang heraus dachte ich, ich mache etwas anderes, wenn das nicht genügt. Aber dann gewann er langsam in anderen Ländern als meinem. Er war kein großer Erfolg zu Hause.

 

Warst Du an der Bühnenfassung beteiligt?

Alfredson: Nein. Mein Debüt an der Nationalbühne der königlichen Dramaturgie war das Erste, was ich nach „Let the Right One in“ gemacht habe.

 

Auf der Bühne, auf der auch Ingmar Bergmann inszenierte.

Alfredson: Bergmann ist im Haus sehr präsent und sein Geist spukt auf den Fluren, im guten und im schlechten Sinne. Er hat so viel Fantastisches gemacht und hielt die Theater- und Filmindustrie fest im Griff. Er ist sehr präsent, vielleicht nicht mehr so sehr in unserer Zeit, aber er war sehr gegenwärtig.

 

Spukten Dir auch die Geister der ersten Le-Carré-Adaptation aus den 70ern für das britische Fernsehen im Kopf herum?

Alfredson: Eigentlich nicht. Es ist ein schönes Fernsehstück, das sehr in seiner Zeit verankert ist. Es war sehr lohnend anzusehen, einfach um die Geschichte zu kennen. Ich denke, wenn man eine Neuinterpretation macht – wir haben nicht wirklich ein Remake gedreht, sondern eine Neuninterpretation – ist es ehrlicher, etwas Eigenes zu machen.

 

...Das wieder von Einzelgängern handelt.

Alfredson: Stimmt, das ist ein Leitmotiv. Ob skandinavisch, schwedisch oder persönlich, kann ich nichts sagen.

 

Wird dieses Thema auch Deine zukünftigen Projekte beeinflussen?

Alfredson: Ich weiß nicht. Ich musste es loswerden, um ein unbeschriebenes Blatt vor mir zu haben, im März oder so.

 

Was wird darauf stehen?

Alfredson: Ich weiß nicht. Wir haben ein Sequel diskutiert. Ich denke nicht, dass ich es als nächstes drehen sollte. Ich sollte etwas anderes dazwischen machen. Aber ich würde es liebend gerne machen und denke, dass ein großartiger Film in diesen Büchern steckt. Aber den muss man mit den richtigen Gründen und dem richtigen Zeitgefühl drehen.