Kolumne: Berlinale, die Erste
Jackie Schwarz
Berlin (Weltexpresso) - Auf diesem Festival habe ich immer ein bisschen Angst, dass mir Szenen zugemutet werden, in denen Tiere auf abscheuliche Weise gequält oder getötet werden. So etwas will ich nicht sehen, das geht mir zur sehr an die Substanz.
Da ich mich ohnehin schon vegan ernähre, brauche ich auch keine Aufklärung mehr darüber, wie schlimm es in den faschistischen Tötungsfabriken zugeht. Aber das Kino kennt da kein Erbarmen.
In diesem Jahr ist es der ungarische Wettbewerbsbeitrag „On Body and Soul“, er spielt in einem Budapester Schlachthaus. An einen so schrecklichen Ort will ich mich nicht begeben. Und wiewohl ich mir den Film deshalb nicht angesehen habe, nehme ich es mir heraus, die Regisseurin nicht zu mögen, schon allein dafür, dass sie an einem solchen schaurigen Ort auch noch eine Liebesgeschichte ansiedelt. Als ob die Personen, die in einer Tötungsfabrik arbeiten, überhaupt noch solcher Gefühle fähig wären, Dokumentarfilme zeigen sie vielmehr als total abgestumpft.
Im Abspann erfährt der Zuschauer, dass für „Body and Soul“ tatsächlich Tiere gestorben sind. Das ist neu. Bislang war man gewohnt zu lesen, dass dezidiert kein Lebewesen bei den Dreharbeiten leiden musste. Die Ungarin legitimiert das damit, dass die Rinder sowieso im normalen Betrieb gestorben wären.
Man stelle sich vor, ein Regisseur würde Menschen, zum Beispiel Zivilisten oder Soldaten im Krieg für einen Film vor laufender Kamera aufnehmen, während sie erschossen werden. Ein großer moralischer Aufschrei wäre wohl gewiss.
Aber wo es um „Waren“ geht, die Viele ja für unersetzbares Essen erachten, werden solche Bilder in Kauf genommen. Das ist nicht nur entwürdigend, das ist eine Schande!
Weil die menschliche Arroganz, sich als „Krone der Schöpfung“ zu erachten, jeglicher Grundlage entbehrt, bin ich auch so allergisch gegen so dämliche Sätze wie „Man hat mich behandelt wie ein Tier“ oder „Ich bin doch kein Tier“, die sich in so viele Drehbücher verirrt haben und indirekt zum Ausdruck bringen, dass es nicht schlimm ist, wenn einem Tier das passiert, was dem Menschen in diesem Augenblick geschieht.
Tatsächlich haben in den Kritiker-Rankings viele Kollegen „Body and Soul“ gut bewertet. Und wenn man ihre Rezensionen liest, dann hat man das Gefühl, dass diese Leute kein Problem damit hatten, Kühe leiden zu sehen. Mich erschreckt das. Filmkritiker sind offenbar auch grausame Wesen.
Foto: Die Regisseurin des Films (c) berlinale.de