Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. März 2017, Teil 2

 

Hanswerner Kruse


Berlin (Weltexpresso) - Ein Film so poetisch wie sein Titel. In der französischen Provence war es, in den 1950er Jahren, für Frauen bestimmt kein Zuckerschlecken, sexuelle Begierde zu spüren und von der großen Liebe zu träumen. Auch die verliebte junge Träumerin Gabrielle (Marion Coillard) bekommt die Verachtung ihres Dorfes zu spüren, als sie vom Dorflehrer öffentlich brüsk zurückgewiesen wird.

Aber hat er sie denn nicht durch das Ausleihen von Liebesromanen geradezu ermuntert, sich ihm zu nähern und hinzugeben? Gabrielles wütende Mutter droht, sie lasse die Tochter in die Irrenanstalt einweisen, wenn sie nicht den baskischen Flüchtling José (Alex Brendemühl) heiraten würde: „Du bist nicht verrückt, aber Du lebst in Deiner eigenen Welt!“


Die Mutter verspricht dem, zunächst zögernden Basken Geld und Unterstützung bei seiner Verwirklichung beruflicher Pläne. Widerstrebend willigt schließlich auch Gabrielle in den Handel ein, nicht ohne José klar zu machen, dass sie niemals mit ihm Sex haben werde. Doch als der Mann wieder einmal zu den Huren gehen will, macht seine Frau sich erotisch zurecht, fordert ihn auf, Geld auf den Küchentisch zu legen und gibt sich ihm hin.


Aufgrund ihrer Dauerschmerzen in der Niere, geht Gabrielle widerwillig in ein Sanatorium in der Schweiz. Dort fällt sie durch ihr exzentrisches Auftreten auf, verliebt sich aber unsterblich in den  depressiven und totkranken Offizier André (Louis Garrel), der im Indochina-Krieg verwundet wurde. Kann sie mit dem geheimnisvollen Opiumesser endlich die so lang ersehnte heiße Liebe ausleben und ihre Begierde stillen? „Dein Körper ist in mich eingedrungen, ich bin ein Teil von ihm“, schreibt sie später.


Der bereits beim Festival in Cannes gefeierte Film erzählt mit großer Einfühlung Gabrielles Geschichte und führt die Zuschauer mehr als einmal in die Irre. Nichts entwickelt sich so, wie man es erwartet, lange weiß man nicht, was ist wirklich und was sind Gabrielles Phantasmagorien? Erzählt wird die Geschichte eher assoziativ mit Rückblenden statt chronologisch in warmen Farben. Die Bilder entführen uns Zuschauer in die Provence, sie sind wundervoll beleuchtet mit viel Helligkeit im Gegenlicht, aber auch viel Schatten. Der Streifen ist völlig kitschfrei und wie etwa die Hurenszene gelegentlich angenehm grotesk.


Was ist der Regisseurin Nicole Garcia da für ein wunderbarer Liebesfilm gelungen, der die Oscar-Preisträgerin Marion Coillard mal als wütende, mal als sanftmütige, dann exzentrische, verzweifelte oder glückliche Frau im Mond in Szene setzt. Ein berührender Streifen, poetisch wie sein deutscher Titel - der aber nichts mit Fritz Langs Science-Fiction-Stummfilm von 1928/29  zu tun hat (der wirklich auf dem Mond spielte).

Foto: © Studiocanal

Info:

„Die Frau im Mond“, F 2017, ach dem gleichnamigen Roman von Milena Agus. Regie Nicole Garcia mit Marion Coillard, Louis Garrel, Alex Brendemühl u. a.
116 Minuten, FSK ab 12 Jahre