Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 23. März, Teil 7

Kirsten Liese

Berlin (Weltexpresso) - Was bringt eine intelligente Oberschülerin dazu, auf einen radikalen Moslem hereinzufallen, zum Islam zu konvertieren, sich zu verschleiern, ihre Mutter als „Ungläubige“ zu verteufeln und sich Dschihadisten anzuschließen?

Ein Schuldiger aus ihrem Umfeld lässt sich nicht so leicht finden. Die alleinerziehende Mutter hat Mélanie in allem unterstützt wie sie nur konnte. Das macht die Sache besonders schlimm.


Tatsächlich radikalisieren sich nicht nur Männer, sondern zunehmend auch junge Frauen. Sie lassen sich vorzugsweise im Internet rekrutieren und kommen zum Großteil aus der Oberschicht, hat die Regisseurin Mention-Schaar herausgefunden.


Ihr schockierendes, in Marseille angesiedeltes, profund recherchiertes Drama zeigt wertneutral den aus Protest, Sehnsüchten und idealistischen Verirrungen resultierenden labilen Gemütszustand, der Teenager anfällig macht für die Versuchungen von Fundamentalisten.


Eine Expertin, die im wirklichen Leben Opfer der IS-Menschenfänger begleitet, spielt sich selbst: Dounia Bouzar erklärt, was Mädchen verleitet, ein Leben mit Minirock und Lippenstift gegen Unfreiheit und einen Niqab einzutauschen und steht ihnen beratend zur Seite.


Einfache Rezepte gibt es nicht. Oft muss erst etwas Schlimmes passieren, bevor eine Umkehr möglich ist. Reisepässe und Handys werden den Mädchen im Kalifat abgenommen, erwartet sie doch nicht das Paradies, sondern ein Leben als Sexsklavinnen.


Sonia hat noch einmal Glück gehabt. Eine Spezialeinheit nimmt sie fest, bevor sie einen geplanten Anschlag verüben kann. Die ahnungslosen Eltern trifft das wie ein Schlag, aber sie nehmen sie es auf sich, sie zu bewachen, damit sie der Untersuchungshaft entgehen kann. Die großartige Sandrine Bonnaire spielt die grübelnde Mutter, die verstehen will, was in ihrem Kind vorgeht, während der ungehaltene Vater den Koran verbietet.


Geschickt verwebt die Regisseurin ihre gegenläufigen Fallstudien. Während Sonia mit Hilfe der muslimischen Seelsorgerin schrittweise in ihr altes Leben zurückkehrt, verändert sich Mélanie zusehends unter dem Eindruck der Propagandavideos  ihres Facebook-Freundes.  Überall Zeichen einer Verschwörung witternd, versucht sie ihre Freundinnen zu bekehren bis sie sich gänzlich von ihnen abwendet und ihrem Missionar unterwirft.


Im Hinblick auf die mehrfachen Terroranschläge in Frankreich erscheint die Sozialstudie umso dringlicher, auch wenn sie wenig Antworten gibt, viele Fragen aufwirft und mit beängstigenden Wahrheiten konfrontiert.