Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 6. April, Teil 1


Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - „Über Kunst reden kann jeder. Aber DU machst Selfies mit Mona und Lisa.“ In Abwandlung dieser aktuellen, ziemlich dusseligen Werbung für ein Deodorant, könnte man zum Film „Tiger Girl“ spöttisch sagen: „Alle reden über Achselschweiß, aber WIR drehen Filme mit Tiger und Vanilla.“


Regisseur Jacob Lass („Love Steaks“) hat seinen neuen Film „Tiger Girl“ auf der Berlinale, man muss es schon so sagen, rausgehauen. Die dürftige Handlung ist schnell erzählt: Maggie (Maria Dragus) möchte gerne Polizistin werden, doch, als das nicht klappt, macht sie eine Ausbildung in einer Sicherheitsfirma.

Warum sie so gerne andere schützen will, bleibt offen. Irgendwann rettet das Mädchen Tiger Girl (Ella Rumpf) sie vor einer aggressiven Meute junger Männer, verhindert aber ebenfalls den Beischlaf mit einem Polizisten, den Maggie seit ihrer nicht bestandenen Polizeiprüfung kennt.


Fortan tun sich die beiden Frauen zusammen und wohnen abwechselnd in einem alten Bus oder auf dem Dachboden eines großen Mietshauses. Maggie wird jetzt vom Tiger Girl „Vanilla the Killer“ genannt und versucht noch eine Zeitlang, ein Security Girl zu werden. Was das Tiger Girl antreibt erfahren wir nicht. Freiheitsdurst? Abenteuerlust? Schlechte Kindheit?

Gemeinsam beklauen, demütigen oder verprügeln die beiden andere Menschen, gerne auch hübsche Jungs. Aus solchen Bosheiten und Gewalttaten besteht der größte Teil des Films. Es wird zwar nicht deutlich, was die beiden Furien eigentlich antreibt, aber in der Uraufführung auf der Berlinale grölten Freunde und Fans der Film-Crew aus Berlin-Neukölln lautstark vor Begeisterung.


Regisseur Lass ist bekannt für seine von Schauspielern hingestammelten Dialoge, zum ersten Mal konnte man sich daran in „Love Steaks“ erfreuen. Sein Personal agiert immer so, als würden echte Schauspieler Laien spielen, die wie Schauspieler agieren. Die banalen Aktionen und läppischen Dialoge sind wirklich weitgehend improvisiert und werden dafür sogar hin und wieder von Kollegen gelobt. Die Ästhetik dieser, wie mit einem Smartphone gedrehten Videos, changiert zwischen „Dschungelcamp“ und Schulhoffilmchen für YouTube.


Lass macht zwar schlechte und ziemlich langweilige Action-Filme, die er aber - gegen Arthaus-Streifen, der deutschen Filmförderung und allen guten Regisseuren - vollmundig als Alternative zum „braven und verkrusteten System“ ausgibt. Sein Ansprüche orientieren sich an denen der jungen deutschen Kino-Wilden wie Roland Klick („Deadlock“) oder Klaus Lemke („Rocker“) in den 1970er Jahren oder den dänischen Dogma-Filmern wie Lars von Trier („Idioten“) oder Thomas Vinterberg („Das Fest“) in den 1990er-Jahren. Nur im Gegensatz zu diesen Filmemachern hat Lass - den lange keine Filmhochschule Regisseur werden lassen wollte - fast nichts zu zeigen und zu sagen. Kein cineastischer Meilenstein.



Foto: Maria Dragus als „Vanilla“ (links) und Ella Rumpf als „Tiger Girl“
 © 2017 Constantin Film Verleih GmbH / Fogma

Info:
„Tiger Girl“ D 2016, 90 Minuten, FSK 16 Jahre
Regie Jacob Lass mit Ella Rumpf, Maria Dragus und anderen